Pressemitteilung -

Landgericht Weiden i.d. Oberpfalz: Keine anleger- und objektgerechte Beratung über Schiffsbeteiligung – Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz zu Schadensersatz und Rückabwicklung verurteilt

Mit dem Urteil vom 05.11.2018 (Az. 11 O 186/17) hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Weiden i. d. Oberpfalz die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz eG auf Schadensersatz und damit zur Rückabwicklung der Beteiligung sowie auf Zahlung des entgangenen Gewinns und der Freistellung von wirtschaftlichen Nachteilen verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
„Wir erleben immer wieder, dass Checklisten in Beratungsgesprächen verwendet werden, die für eine Risikoaufklärung ganz und gar nicht ausreichend sind“, sagt Ioannis Gavanidis, Rechtsanwalt in der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, der mehrere Mandanten mit Beteiligungen an der MS Spica Schifffahrtsgesellschaft MbH & Co. KG vertritt.

Details zum Streitgegenstand

Anfang des Jahres 2008 zeichnete die Klägerin Anteile an der MS Spica Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, einem geschlossenen Schiffsfonds, der in ein Containerschiff investierte. Die Klägerin war mit dem Wunsch an Ihre Bank herangetreten, eine sichere und zum langfristigen Vermögensaufbau geeignete Kapitalanlage zu erwerben. Dieses Anlageziel teilte sie der Anlageberaterin der Bank mit. Erfahrungen mit Schiffsbeteiligungen hatte die Klägerin nicht. Sie verfügte nur über ein geringes Vermögen und Einkommen. Trotz all dieser Voraussetzungen empfahl die Beraterin der beklagten Bank ein völlig ungeeignetes und dem Profil der Kundin nicht entsprechendes Investment in die MS Spica Schifffahrtsgesellschaft mbH Co. KG. Im Vertrauen auf die Angaben der Beraterin zeichnete die Klägerin die Beteiligung und stockte im Nachhinein sogar auf.

Die Beraterin der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz eG hat der Klägerin die Beteiligung diesem geschlossenen Schiffsfonds als wenig risikobehaftete, renditeträchtige Anlage vorgestellt. Sie hat im Rahmen der Beratung, die zum Erwerb der Beteiligung führte, die Klägerin nicht wahrheitsgemäß über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken aufgeklärt. Der Emissionsprospekt wurde nicht vorher und damit nicht rechtzeitig übergeben. Hinzu kommt, dass die Beraterin die Klägerin nicht auf die Rückvergütungen, die sogenannten „kick-backs“ hingewiesen hat, die die Bank für die Vermittlung der Beteiligung erhalten hat.

Entscheidung und Begründung des Gerichts

Das Landgerichts Weiden i. d. Oberpfalz sprach in seinem Urteil der Klägerin die Primärforderung in voller Höhe zu und hat festgestellt, dass die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz eG ihre Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung verletzt hat, indem ihre Anlageberaterin die Klägerin nicht über den Erhalt von Rückvergütungen, den sogenannten „kick-backs“ aufgeklärt hat und den bei Rückvergütungen vorliegenden schwerwiegenden Interessenkonflikt nicht offenbart hat.

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin mit ihrem Investment einen langfristigen Vermögensaufbau mit Kapitalerhalt erzielen wollte. Nach der Beweisaufnahme, in der die Beraterin und der Ehemann der Klägerin als Zeugen vernommen wurden, ist das Gericht auch zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht bereit war ein höheres Risiko für hohe Gewinnchancen einzugehen. Der Wille, ein höheres Risiko für hohe Gewinnchancen einzugehen, ist jedoch Voraussetzung für die Bereitschaft ein solches Investment mit unternehmerischen Risiken zu tätigen.

Das Landgericht ist weiter davon überzeugt, dass die Beraterin der Bank nicht über die entsprechende Fachkompetenz zur Beratung über eine unternehmerische Beteiligung verfügte. Sie ordnete nach ihrer eigenen Aussage die Klägerin als eine spekulative Anlegerin ein und dokumentierte dies auch entsprechend. Die Anlage erwies sich nach Ansicht des Gerichts als hochriskant, mit drohendem Totalverlust. Nach den Angaben in der Beratungsdokumentation ist ein Totalverlust der Einlage nur bei der Einstufung „hochspekulativ“ vorgesehen. Es stellt sich daher die Frage, warum die Klägerin dann nicht von der Beraterin als „hochspekulativ“ eingestuft wurde. Denn es sprechen bereits die äußeren Umstände gegen einen spekulativen Anlagewunsch der Klägerin: Alle Ersparnisse der Klägerin flossen in die streitgegenständliche Anlage mit dem Ziel eines langfristigen Vermögensaufbaus. Die Klägerin verfügte nur über ein relativ geringes Einkommen und hatte auch kein weiteres Vermögen.
Weiter wurde der Emissionsprospekt nicht vor Zeichnung der Beteiligung und damit nicht rechtzeitig an die Klägerin übergeben. Die Klägerin hatte damit nicht die Möglichkeit, sich vor der Zeichnung mit dem Inhalt des Prospektes vertraut zu machen.
Die verwendete Checkliste wurde nach Überzeugung der Kammer nicht Punkt für Punkt besprochen, sondern der Klägerin von der Beraterin als „reine Formalie“ zur Unterschrift vorgelegt. Ein solches Vorgehen genügt aus der Sicht des Gerichts jedoch nicht, um über die Risiken der Beteiligung umfassend und wahrheitsgemäß aufzuklären.

Fazit: Die Entscheidung des Landgerichts Weiden i. d. Oberpfalz stärkt die Interessen der Kapitalanleger: insbesondere muss eine genaue Aufklärung über Rückvergütungen und dem damit verbundenen schwerwiegenden Interessenkonflikt der Bank erfolgen sowie über das Wesen und die Risiken einer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds aufgeklärt werden. 

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