Pressemitteilung -

Wachsende globale Armut: Die Bedeutung der Tiere muss endlich berücksichtigt werden

Berlin, 17. Juli 2020 – In Folge der Coronakrise sind 2020 zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren wieder deutlich mehr Menschen von äußerster Armut betroffen. Diese Bevölkerungsgruppe ist zugleich stark von Nutztieren abhängig. Vor dem Hintergrund dieser fatalen Entwicklung kritisiert die Welttierschutzgesellschaft (WTG e.V.), dass das Tierwohl in der Diskussion zur Einhaltung der UN-Nachhaltigkeitsziele (2030-Agenda) auf dem gestern zu Ende gegangenen Hochrangigen Politischen Forum zur nachhaltigen Entwicklung (HLPF) trotzdem keine Rolle spielte.

Weitere 71 Millionen Menschen, die von weniger als zwei US-Dollar am Tag und somit in extremer Armut leben: Das ist eine der erschreckenden Erkenntnisse aus dem UN-Bericht zum Stand der Nachhaltigkeitsziele, der im Rahmen des HLPF vorgestellt wurde. Dass sich eine solche Entwicklung auch unmittelbar auf die Millionen Nutztiere weltweit auswirkt, zeigen Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO): Denn mehr als die Hälfte der Menschen in extremer Armut kann nur dank ihrer Tiere den Lebensunterhalt bestreiten. „Es ist deshalb absolut unverständlich, dass dem Tierwohl auch im fünften Jahr der 2030-Agenda so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird“, kritisiert Katharina Kohn, Geschäftsführerin der WTG.

Vor allem Südasien und die Staaten südlich der Sahara stehen laut UN-Bericht im Fokus der sich verschärfenden Armut in Folge der Pandemie. Tierschutzprojekte der Welttierschutzgesellschaftin in diesen Regionen lassen die Auswirkungen der Krise auf Tiere und Menschen erkennen:

In Tansania brachen durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Teile der Wirtschaft zusammen. Auch viele Eselhalter*innen, die ihre Tiere z.B. zum Transport ihrer Waren zu den Märkten nutzten, verloren so ihr Einkommen. Eine Versorgung ihrer Tiere war vielen dadurch kaum mehr möglich, so dass ihren Eseln das Schicksal drohte, sich selbst überlassen zu werden. Ein laufender WTG-Einsatz im Nordwesten des Landes wird voraussichtlich 3.000 betroffenen Tieren das Überleben sichern. Tierschutzeinsätze wie dieser helfen den Menschen zudem dabei, dass sie das Wohl ihrer Tiere auch in größter Not berücksichtigen und die Arbeitskraft der Tiere erhalten können.

Ein weiteres Beispiel ist der indische Bundestaat Odisha, wo kleinbäuerliche Tierhaltung einem Großteil der ländlichen Bevölkerung ein Einkommen sichert. Der Lockdown hat auch die Landwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen und einen deutlichen Anstieg notleidender Tiere zur Folge, denen es an Futter und medizinischer Versorgung fehlt. Ein Notfalleinsatz der WTG hilft dabei, das Überleben der Tiere zu sichern und damit auch ihre Besitzer*innen vor zunehmender Armut zu bewahren, die mit dem Verlust der Tiere einherginge. In den Städten des Bundesstaates ist es wiederum vor allem der ausbleibende Tourismus, der für wachsende Armut und Tierleid sorgt: Mehr als 2.000 Pferde und Kamele, die eigentlich im Tourismus eingesetzt werden, können dort nicht mehr tiergerecht versorgt werden – sie leiden unter extremem Futter- und Wassermangel.

Der Zusammenhang von Tierwohl und Armut vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern ist hinreichend belegt. Eine stärkere Gewichtung dieses Themas ist deshalb wichtig und hätte weitreichende positive Folgen für Tiere und Menschen: „Eine Förderung des Tierwohls hätte einen doppelten Effekt: Zum einen würden Maßnahmen zur Stärkung des Tierwohls die Leben von Millionen Tieren verbessern, zum anderen wären die Halterinnen und Halter in Folge besser vor der Armut geschützt“, so WTG-Geschäftsführerin Katharina Kohn.

Dafür erfordert es dringend internationale Zusammenarbeit, wobei die Vereinten Nationen wichtiger Impulsgeber sein sollten: „Der Ausbau des öffentlichen Veterinärwesens, die Förderung bei der Ausbildung tiermedizinischen Personals und eine bessere Wissensvermittlung für Tierhalterinnen und -halter sind wichtige Punkte, die endlich auf die Agenda gehören“, so Kohn. „Wenn über die Nachhaltigkeitsziele diskutiert wird, darf das Thema Tierwohl nicht länger unberücksichtigt bleiben.“

Hintergrund:

Neben Tierschutzprojekten in mehr als 25 der zum Teil ärmsten Länder weltweit engagiert sich die Welttierschutzgesellschaft gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen im Rahmen einer Schwerpunktgruppe für Tierschutzthemen und erarbeitet Positionspapiere und Vorschläge für die Vereinten Nationen. Das Ziel ist, Tierschutz in die Globale Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zu integrieren. Gemeinsam mit der Welttierschutzstiftung setzt sich die WTG außerdem dafür ein, dass Akteure der Entwicklungszusammenarbeit in ihren Projekten das Tierwohl von Nutztieren in kleinbäuerlichen Strukturen stärker beachten.

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Die Welttierschutzgesellschaft (WTG) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin. In Entwicklungs- und Schwellenländern engagieren wir uns für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen von Streuner-, Nutz- und Wildtieren durch Stärkung des Tierschutzes sowie eine verbesserte tiergesundheitliche Versorgung. In unseren Tierschutzprojekten als auch dem Bildungsprogramm TIERÄRZTE WELTWEIT arbeiten wir dafür mit Partnerorganisationen vor Ort zusammen. Darüber hinaus fördern wir das Tierschutzbewusstsein im Land durch die Einbindung der lokalen Bevölkerung. In Deutschland schaffen wir mit öffentlichkeitswirksamen und politischen Tierschutzkampagnen die Voraussetzungen für ein respektvolles und tiergerechtes Miteinander von Mensch und Tier.

Weitere Informationen unter: www.welttierschutz.org

Kontakt

Christoph May

Pressekontakt Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit