Herausforderung:IMPOSTOR-SYNDROM
Selbstzweifel gehören zur Natur des Menschen. Das gilt selbstredend auch für Kommunikationsexpert:innen. Sie befällt sogar häufiger als Profis anderer Branchen der Gedanke: „Bin ich ein Hochstapler?“
Das Imposter-Syndrom – das Gefühl weniger kompetent zu sein, als andere einen wahrnehmen – kann mental stark belasten. Viele PR-Profis sehen es sogar als erhebliche Karriere-Bremse. Dabei gibt es Strategien, mit dieser Herausforderung umzugehen und die mentale Belastung zu minimieren.
Das Gefühl ein Hochstapler zu sein – eine weitverbreitete Realität
Internationale Studien zeigen, dass Beschäftigte in Medien, PR, Marketing und Werbung besonders häufig unter dem Impostor-Syndrom leiden. Die deutsche PR- und Kommunikationsbranche macht hier keine Ausnahme, wie die diesjährige Studie zeigt: Drei von fünf Befragten (60 %) erleben die Symptome des Impostor-Syndroms monatlich oder noch häufiger. Jede/r Dritte gibt an, sie einmal oder mehrmals wöchentlich zu erleben – und jede/r Achte erlebt sie nahezu jeden Tag.
Stressfaktor und Karrierekiller einerseits, Empathieverstärker andererseits
Das Impostor-Syndrom geht über bloße Selbstzweifel hinaus – es kann auch Auslöser für ernsthafte psychische Gesundheitsprobleme und ein bedeutendes Hindernis für die Karriere sein. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass das Impostor-Syndrom einen starken negativen Einfluss auf ihr psychisches Wohlbefinden bei der Arbeit hat. Bei mehr als 20 Prozent hat das Syndrom schon einmal Stress und Angstzustände ausgelöst. Jede/r Zehnte berichtet sogar, dass es dadurch bei ihm/ihr zu Depressionen oder einem Burnout kam. Für fast die Hälfte der Befragten stellt das Syndrom eine der größten Hürden für ihre Karriere dar: Die damit verbundenen Ängste hielten sie davon ab, Ideen zu äußern oder sich bietende Chancen zu ergreifen.
Gleichzeitig scheint das Impostor-Syndrom einen Teil der Befragten auch zu beflügeln: Fast jede/r Fünfte gibt an, dass es die Arbeitsleistung verbessert. Ebenso viele berichten, es steigere ihre Empathie.
Verbreitete Bewältigungsstrategien
So vielfältig die Ausprägungen des Imposter-Syndroms auch sind, eine Strategie zur Bewältigung ist bei Kommunikations-Profis besonders verbreitet: Sie ertragen es einfach, ohne besondere Maßnahmen zu ergreifen (27 Prozent). Fast ebenso viele (25 Prozent) versuchen allerdings, eine positive Denkweise zu bewahren oder zu entwickeln, um der Herausforderung zu begegnen.
DIE PERSPEKTIVE DER NÄCHSTEN GENERATIONDas Gefühl, eigentlich kompetenter sein zu müssen
PR-Studierenden ist das Impostor-Syndrom bereits vertraut. Die Zweifel an der eigenen Kompetenz sind besonders bei Personen mit höheren Abschlüssen oder Berufserfahrung ausgeprägt: Sie stehen unter dem Eindruck, ihr Umfeld erwarte von ihnen größere fachliche Befähigung als sie ihrem Gefühl nach haben. Schon zu Beginn ihrer Karrieren haben daher viele Befragte bereits Strategien entwickelt, um sicherzustellen, dass ihnen das Impostor-Syndrom nicht im Weg steht. Eine Methode: Sich seinen Ängsten zu stellen.
“Das Impostor-Syndrom ist mir gut bekannt, und ich habe dieses Gefühl selbst von Zeit zu Zeit. Mit einem Masterabschluss und etwas Berufserfahrung habe ich oft das Gefühl, dass ich so viel mehr wissen sollte, als ich tatsächlich weiß – obwohl ich objektiv betrachtet sicher bin, dass das nicht stimmt. Ich rate nur auf das zurückzublicken, was man bereits erfolgreich erreicht hat.
DER RAT DER EXPERTIN„Wenn Sie das Impostor-Syndrom selbst nie erleben, sind Sie wahrscheinlich Narzisst.“
Sylvia Baffour, Expertin für emotionale Intelligenz, arbeitet mit Expert:innen aus allen Branchen daran, das Impostor-Syndrom und Selbstzweifel zu bekämpfen. Das Erste, was sie ihren Klient:innen immer sagt: Selbstzweifel sind ein Teil des menschlichen Daseins.
“Sobald Sie nach mehr streben, werden Sie sich wie ein Hochstapler fühlen – es sei denn, Sie sind ein Narzisst. Es kommt darauf an, die richtigen Werkzeuge zu haben, mit denen Sie verhindern, dass ihnen dieses Gefühl schadet.
Baffours Empfehlungen, mit dem Impostor-Syndrom umzugehen:
Sich damit anfreunden: Erinnern Sie sich daran, warum Sie sich so fühlen: Anstatt gegen das Gefühl der Inkompetenz anzukämpfen, ändern Sie einfach Ihre Denkweise. Betrachten Sie die Selbstzweifel wie einen Begleiter. „Natürlich fühle ich mich so – ich überschreite Grenzen, und das ist beängstigend.“
Auf den inneren Monolog achten: Wenn Selbstzweifel aufkommen, gehen Sie einen Schritt zurück und betrachten Sie die Gedanken als negativen Monolog, nicht als Realität. Sagen Sie sich: „Ich habe gerade negativen Gedanken über mich selbst.“ Wenn Sie die Situation dann etwas distanzierter betrachten, werden Sie erkennen, dass Sie eigentlich eine kompetente Person sind, die Erfolg und Anerkennung verdient hat.
Eine Erfolgsmappe erstellen: Sammeln Sie Belege für Ihre Erfolge – etwa positive Rückmeldungen von Kund:innen, erfolgreiche Kampagnen oder ein Kompliment von Ihrem Chef – in einer Datei, in Ihrem Posteingang oder auf Ihrem Desktop. Schauen Sie sich diese Belege an, wenn wieder Selbstzweifel aufkommen.
Ein Netz an Unterstützern aufbauen: Stellen Sie sicher, dass Sie ein paar Kolleg:innen haben, die Sie, Ihre Kompetenzen und Ihre Qualitäten kennen. Diese können Sie an Ihre Fähigkeiten erinnern, wenn Ihre Zweifel überhandnehmen.
Wichtige Erkenntnisse
Das Impostor-Syndrom
Wir fühlen uns alle manchmal wie Hochstapler
Ein Drittel erlebt das Impostor-Syndrom wöchentlich und jede/r Zehnte fast täglich. Das ist Teil unseres Daseins.
Ein zweischneidiges Schwert
Während die Mehrheit angibt, dass das Impostor-Syndrom ihr psychisches Wohlbefinden beeinträchtigt und fast die Hälfte es als Karriere-Bremse sieht, sagt fast jede/r Fünfte, dass es Arbeitsleistung und Empathie sogar verbessert hat.
So gehen Sie damit um
Sylvia Baffour empfiehlt folgende Strategie: Denken Sie darüber nach, warum Sie sich so fühlen, erkennen Sie negative innere Monologe, denken Sie an frühere Erfolge und stützen Sie sich auf ein Netz an Unterstützern.