Herausforderung:UMGANG MIT MENSCHEN
Der permantente Dialog mit Journalist:innen, Kund:innen und dem eigenen Team gehört zum Kern der Arbeit in der Kommunikation. Diese dynamische Interaktion, die ständige Diskussion über Ideen und der Austausch von Meinungen sind spannend, aber auch anstrengend.
Wie kann der Umgang mit Menschen weniger herausfordernd und erschöpfend gestaltet werden?
Sozialkompetenz wird wichtiger
Es wird deutlich, dass deutsche PR- und Kommunikationsfachleute Wert auf gute Beziehungen und Zusammenarbeit legen und darin aufblühen. Die meisten davon können als sozial kompetent beschrieben werden: 41 % bezeichnen sich als extrovertiert, verglichen mit 37 %, die sich als introvertiert einstufen. Sechs von zehn (59 %) sehen sich als Teamplayer, während drei von zehn (31 %) sich eher als Einzelgänger betrachten.
Darüber hinaus sagen mehr als drei Viertel, dass der „Umgang mit Menschen“ einer der interessantesten Aspekte ihrer Arbeit sei. Mit Blick auf die Zukunft glauben viele, dass ihre sozialen Fähigkeiten in den nächsten fünf Jahren an Bedeutung gewinnen und technische Fähigkeiten in den Schatten stellen werden, was den hohen Wert der menschlichen Verbindung in diesem Beruf unterstreicht.
Die Suche nach Authentizität: Stehen wir uns selbst im Weg?
Obwohl PR- und Kommunikations-Profis die sozialen Aspekte ihrer Arbeit schätzen, scheint es immer schwieriger zu werden, echte Beziehungen aufzubauen. Über die Hälfte gibt außerdem zu, dass es zunehmend herausfordernd ist, authentische Beziehungen zu Journalist:innen und Kund:innen zu knüpfen.
Verblüffenderweise schaffen viele trotz des Wunsches nach Authentizität selbst Hürden dafür. Mehr als die Hälfte sagt, dass sie eine „Arbeitspersona“ präsentieren, die sich von ihrem wahren Ich unterscheidet, während nur etwa jede/r Siebte (14 %) angibt, keine solche Persona zu haben. Auch die Art, wie wir kommunizieren, trägt zur Distanz bei. Eine Mehrheit bevorzugt z.B. digitale Interaktionen gegenüber persönlichen Gesprächen und meidet Telefonate.
Die Krankheit namens Smalltalk
Der soziale Aspekt macht den Job nicht nur interessant, sondern vielfach auch belastend. Mehr als die Hälfte gibt an, dass die Interaktion mit anderen einen starken negativen Einfluss auf ihr psychisches Wohlbefinden hat. Und es sind nicht nur die großen Herausforderungen wie Konflikte oder Teamdynamiken, die schon als sehr schwierig empfunden werden. Für viele können selbst Smalltalk oder das Knüpfen von Erstkontakten ebenso einschüchternd und erschöpfend wirken.
DER RAT DER EXPERT:INNENSoziale Situationen weniger einschüchternd und erschöpfend gestalten
Wie in anderen Bereichen zeigt sich auch hier, dass deutsche PR- und Kommunikationsexpert:innen eine Hassliebe zu den sozialen Aspekten ihrer Arbeit pflegen. Beziehungen machen den Job dynamisch und bedeutungsvoll, doch viele empfinden den sozialen Austausch – insbesondere persönliche Begegnungen – als anstrengend und einschüchternd. Wie können wir nun den Druck reduzieren und Interaktionen angenehmer gestalten? Sylvia Baffour, Expertin für emotionale Intelligenz und Networking-Experte Nico Kunkel haben praktische Ratschläge:
“Anstatt Eigenheiten und Reibungen zu fürchten, sollten Sie sich darauf einlassen – genau diese machen echte Beziehungen aus und unterscheiden Sie von einem Roboter.
„Akzeptieren Sie das Chaos menschlicher Interaktionen“
Der Grund, warum soziale Interaktionen oft anstrengend wirken, liegt laut Sylvia Baffour daran, dass wir uns selbst und anderen unrealistisch hohe Standards auferlegen. Wenn die Realität einer Begegnung nicht unseren Idealen entspricht, fühlt sie sich wie ein Scheitern an. Ihre Lösung? Akzeptieren Sie Unbeholfenheiten. Der Umgang mit Menschen birgt für alle Menschen das Risiko der Verletzlichkeit. Besonders ist das jedoch in der Kommunikationsbranche so, wo Beziehungen im Mittelpunkt stehen. Anstatt Eigenheiten und Reibungen zu fürchten, sollten Sie sich darauf einlassen – genau diese machen echte Beziehungen aus und unterscheiden Sie von einem Roboter.
Konzentrieren Sie sich auf den „Nachhall“
Smalltalk hat oft den Ruf, anstrengend zu sein. Sylvia Baffour sagt, das läge daran, dass wir uns zu sehr auf uns selbst konzentrierten.Wenn Ihnen der Smalltalk bei einem Treffen oder einer Veranstaltung am Arbeitsplatz Angst macht, liegt das wahrscheinlich daran, dass Sie in einer „Ich, ich, ich“-Mentalität gefangen sind. Konzentrieren Sie sich auf die andere Person und darauf, einen positiven „Nachhall“ Ihrer Interaktion zu hinterlassen: „Was ist das eine positive Gefühl, das ich bei meinem Gesprächspartner nach unserem Gespräch hinterlassen möchte?“ Dadurch werden Interaktionen zu etwas Kreativem und Anregendem, fast wie ein Schachspiel.
Sehen Sie Konflikte als produktiv an
Während Konflikte oft als etwas angesehen werden, das vermieden werden sollte, betont Sylvia Baffour, dass sie ein natürlicher und wertvoller Teil der Zusammenarbeit sind. Konflikt ist nicht von Natur aus gut oder schlecht – er ist einfach ein Signal dafür, dass Perspektiven unterschiedlich sind. Anstatt ihn zu fürchten, lernen Sie, ihn konstruktiv zu managen. Hier ihr dreistufiger Ansatz zur gesunden Konfliktlösung:
1. Unterschiedliche Perspektiven normalisieren: Denken Sie daran, dass Meinungsverschiedenheiten natürlich sind – und akzeptieren Sie sie. Das hilft, zu verhindern, dass sie zu persönlich werden.
2. Mit Empathie zuhören: Bei Meinungsverschiedenheiten konzentrieren Sie sich darauf, die Motivation und Perspektiven der anderen Person zu verstehen, anstatt zu versuchen, Ihren Standpunkt durchzusetzen oder die andere Person zu überzeugen. Finden Sie gemeinsame Punkte, auf denen Sie aufbauen können.
3. Emotionen im Zaum halten: Konflikte können starke Gefühle auslösen. Denken Sie daran, dass es in Ordnung ist, einen Moment innezuhalten, um die Perspektive zu wechseln, bevor Sie antworten. Halten Sie inne, reflektieren Sie und setzen Sie sich das Ziel, ruhig und professionell zu bleiben.
Networking-Experte Nico Kunkel: „Netzwerken auf deine Weise“
Nico Kunkel unterstützt seit Jahren junge Talente darin, relevante berufliche Verbindungen aufzubauen. Für ihn ist Networking nicht nur ein Karriereschub – es ist auch ein Resilienzverstärker.
Ein vielfältiges Netzwerk aus Kolleg:innen, Mentor:innen und Gleichgesinnten – sowohl innerhalb als auch außerhalb Ihrer Organisation – ist ein unglaublich wertvolles Gut. Sehen Sie es einfach als das Zusammenstellen Ihres eigenen „Mentoren-Gremiums“ und vertrauensvoller Sparringspartner. Ob Sie Ideen austauschen, Bedenken äußern oder Rat suchen: Diese Verbindungen erinnern Sie daran, dass Sie nicht allein sind, und treiben Sie an, sowohl persönlich als auch beruflich zu wachsen.
Und trotz seiner festen Überzeugung, dass Networking wichtig ist, beschreibt sich Nico Kunkel selbst als „eher introvertiert“. Er kann verstehen, dass sich für viele der Gedanke an Networking oder Smalltalk belastend, sogar beängstigend anfühlt. Aber der Punkt ist: Das muss nicht so sein. Kunkel glaubt, dass der Stress von zwei großen Missverständnissen herrührt:
Menschen denken, sie müssten ständig mit Kontakten in Verbindung bleiben oder ihr Netzwerk endlos erweitern. In Wirklichkeit können starke Beziehungen auch mit gelegentlichen Kontaktaufnahmen gedeihen. Manchmal geht es mehr darum, die bestehenden Verbindungen zu vertiefen, als ständig neue zu schaffen.
Sie denken zudem, sie müssten sich „verstellen“, um dazu zu gehören: Der Versuch, die Rolle eines „perfekten Networkers“ zu spielen, ist nicht nur erschöpfend, sondern hindert auch daran, echte Verbindungen zu knüpfen.
Networking neu definiert: Weniger Druck, mehr Authentizität
Um Networking produktiver zu betreiben, schlägt Nico Kunkel vor, die Herangehensweise zu ändern:
• Tun Sie es für sich: Hören Sie auf, Networking als Pflicht zu betrachten, und sehen Sie es als etwas, das Ihnen zugutekommt. Ob es ums Lernen, Zusammenarbeiten oder einfach ums Verbundenfühlen geht – konzentrieren Sie sich auf den Wert, den es Ihrem Leben bringt.
• Sein Sie Sie selbst: Vergessen Sie Ihre vorgefertigte „Networking-Persona“. Gehen Sie Gespräche authentisch an und lassen Sie Ihr wahres Ich durchscheinen. Echte Interaktionen sind unvergesslicher und lohnender als erzwungene.
• Wenn Sie vom Gedanken networken zu müssen überwältigt werden, treten Sie einen Schritt zurück. Lockern Sie die Zügel, werfen Sie die Stereotype über Bord und heißen Sie alte und neue Beziehungen willkommen – auf Ihre Weise.
Wichtige Erkenntnisse
Der Umgang mit Menschen
Soziale Wesen, die Mauern bauen
Während der soziale Aspekt der Arbeit geschätzt wird und der Wunsch nach Authentizität besteht, schaffen viele Fachleute Barrieren für echte Verbindungen. Mehr als die Hälfte verwendet eine „Arbeits-Persona“, bevorzugt digitale Kommunikation gegenüber persönlichen Gesprächen und vermeidet Telefonate.
Der Umgang mit Menschen belastet
Während soziale Aspekte der Arbeit oft als das angesehen werden, was unseren Job interessant macht, haben viele zwischenmenschliche Interaktionen einen negativen Einfluss auf unser Wohlbefinden – angefangen bei der Bewältigung von Konflikten bis hin zu scheinbar einfachen Aufgaben wie Smalltalk und dem Knüpfen von Kontakten.
So gehen Sie damit um
Um den Umgang mit Menschen weniger erschöpfend und einschüchternd zu gestalten, empfehlen die Expert:innen, soziale Unbeholfenheit und Reibungen zu akzeptieren, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen, und sich zu trauen, in Interaktionen authentischer zu sein.