Herausforderung:UNSICHERHEITEN
Vage Briefings, unklare Erwartungen und unvorhersehbare Resultate: Unsicherheiten prägen den Alltag der PR- und Kommunikationsbranche. Das berichtet mehr als ein Drittel der Befragten. Die häufige Folge: ein Mangel an Kontrolle, der Stress und Angst auslöst. Weil die Ursachen allerdings oft außerhalb des eigenen Einflussbereichs liegen, gibt es Strategien, mit Unsicherheiten konstruktiver umzugehen. Häufig können sie sogar wertvolle Impulse sein.
Viele Unsicherheiten, wenig Kontrolle
Für die meisten PR- und Kommunikations-Profis sind Unsicherheiten und Unklarheiten Alltag: Im Durchschnitt erleben sogar mehr als ein Drittel (36 %) von uns Unsicherheitsfaktoren – wie z. B. unklare Briefings, ein Gefühl von Kontrollverlust und die Unvorhersehbarkeit der Arbeitsergebnisse – monatlich oder wöchentlich.
Unklarheiten „einfach akzeptieren“- Es dominiert offenbar die Auffassung unter den Befragten, dass Unsicherheiten und Unklarheiten besonders in unserer Branche vorkommen und zum Job dazugehören, denn die Mehrheit der Befragten (64 %) ist der Ansicht, dass Unsicherheiten und Unklarheiten in der PR- und Kommunikationsbranche häufiger auftreten als in anderen Branchen. 63 Prozent sind der Meinung, dass wer in der Branche arbeiten will, diese schlicht akzeptieren muss.
Umgang: Stress ertragen oder Kontrolle übernehmen
Beim Umgang mit Unsicherheiten und Unklarheiten ist die häufigste Reaktion Stress. Ein großer Anteil der Befragten gibt jedoch an, zu versuchen, die Kontrolle zu übernehmen, indem sie selbst Klarheit in die Situation bringen. Viele versuchen auch, die Situation einfach zu akzeptieren. Nur jede/r Sechste (16 %) sagt, dass er/sie die Unsicherheiten mit ihrer Führungskraft bespricht und sich Unterstützung sucht.
Doppelte Wirkung: Stressfaktor und Kreativitäts-Booster zugleich
Die Auswirkungen von Unsicherheiten und Unklarheiten auf das Wohlbefinden und die Arbeit der PR- und Kommunikationsexpert:innen sind nicht eindeutig. Einerseits gibt mehr als die Hälfte an, dass diese Faktoren einen starken negativen Einfluss auf ihr psychisches Wohlbefinden haben und ihren Job sehr anstrengend machen. Die größten Auslöser? Unklare Erwartungen und Arbeitsergebnisse sowie die Ungewissheit, wann der Arbeitstag bzw. die Aufgabe eigentlich endet.
Gleichzeitig sagt mehr als die Hälfte, dass sie dadurch stressresistenter geworden ist. Darüber hinaus werden Unsicherheiten und Unklarheiten am Arbeitsplatz als kreativitäts- und beziehungsfördernd angesehen. Eine Mehrheit gibt an, dass sie dadurch kreativer und innovativer geworden ist und sich ihren Kolleg:innen und Vorgesetzten näher fühlt.
DER RAT DES EXPERTEN„Arbeiten in PR und Kommunikation – ein toxischer Cocktail aus Erregung und der Faszination des Unbekannten“
Der Psychologe und ehemalige Texter Stefan Pagréus kennt die Hassliebe zu einem unklaren Arbeitsumfeld aus eigener Erfahrung nur allzu gut:
“Als Psychologe höre ich oft, dass mein Job sicher schwer von der Arbeit zu trennen sein müsse, aber eigentlich ist es nichts im Vergleich zur Kommunikationsbranche. Es gibt kein Handbuch, keine klaren Antworten und kein definitives Ende des Arbeitsprozesses. Das macht die Arbeit zwar spannend, ist aber auch ein Teil dessen, was sie auf Dauer unerträglich macht. Sie ist wie ein toxischer Cocktail aus Erregung und der Faszination des Unbekannten – sehr verlockend.
Im Chaos die Kontrolle übernehmen
Wenn Unklarheiten Sie mehr stressen als begeistern, hat Stefan Pagréus einige praktische Ratschläge, um die Kontrolle zurückzugewinnen:
Sorgenkreisläufe erkennen: Angst tarnt sich oft als Problemlösung. Wenn wir in repetitiven, unproduktiven Gedankenspiralen feststecken, denken wir häufig, wir würden Probleme lösen, und fühlen uns gezwungen, weiter darüber nachzudenken. Erkennen Sie, wenn Sie in einem Sorgenkreislauf festhängen, und erinnern Sie sich: „Ich löse hier gerade kein Problem, ich denke einfach zu viel nach.“
Auf das Kontrollierbare fokussieren: Identifizieren Sie Stressfaktoren, auf die Sie Einfluss nehmen können, wie z.B. Feedback von Kund:innen oder Vorgesetzten einzuholen. Akzeptieren Sie hingegen, was außerhalb Ihres Einflussbereichs liegt, wie z.B. die letztendliche Rezeption einer Kampagne. Sie können die Zukunft nicht vorhersagen.
Sorgenzeit einplanen: Schieben Sie Ihre Sorgen auf. Geben Sie sich später am Tag 15 Minuten, um über Ihre Anliegen nachzudenken. Oft erscheinen diese bis dahin weniger dringend – oder sogar irrelevant.
Kuchen backen: Wirklich! Angstgefühle neigen dazu, uns von Dingen, die uns Freude bereiten, abzuhalten. Sich hingegen bewusst mit angenehmen Aktivitäten wie Backen oder einem anderen Hobby zu beschäftigen, hilft, den Kreislauf negativer Gedanken zu durchbrechen.
Wichtige Erkenntnisse
Der Umgang mit Unsicherheiten
Wir erwarten das Unerwartete
Die meisten PR-Fachleute haben regelmäßig mit verschiedenen Arten von Unklarheiten zu tun. Eine Mehrheit ist der Meinung, dass Unsicherheiten in unserer Branche häufiger vorkommen als in anderen und daher etwas sind, das man akzeptieren muss, wenn man in diesem Bereich tätig ist.
Ambivalenter Umgang mit Unklarheiten
Obwohl Unsicherheiten und Unklarheiten bei der Arbeit für viele Stress verursachen und einen großen negativen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden haben, glaubt eine Mehrheit auch, dass diese ihre Stressresistenz erhöhen, den Job spannender machen, die Kreativität fördern und Beziehungen zu Kolleg:innen und Vorgesetzten stärken.
So gehen Sie damit um
Für die durch Unsicherheiten und Unklarheiten verursachten Ängste und Stress empfiehlt der Psychologe Stefan Pagréus, sich daran zu erinnern, dass ängstliche Gedanken keine Problemlösungen sind. Handlungsschritte identifizieren, Sorgenzeit einplanen und sich mit positiven Aktivitäten beschäftigen – das sind Strategien, die helfen.