Pressemitteilung -

OLG Stuttgart entscheidet zugunsten Verbraucher wegen hochriskanten partiarischen Darlehen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 2.5.2018 (Az. 3 U 175/17) einen freien Anlage- und Finanzberater zu Schadensersatz und Rückabwicklung der von ihm empfohlenen hochriskanten Anlagen verurteilt. Es geht vorliegend um die gerichtliche Aufarbeitung sog. „gewinnabhängige partiarische Darlehen“ der Firma Mehrwert Konzeptmanagement GmbH, die in den Jahren 2011/2012 mit einem Gesamtvolumen von ca. 9,35 Mio € an 790 Verbraucher vermittelt worden sind. Die Revision wurde vom OLG Stuttgart nicht zugelassen. Das Urteil wurde von der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann erstritten.

Ehepaar verliert 26.000,00 € aufgrund Schneeballsystems

Nach dem dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt wurde den Klägern (einem Ehepaar), welche Kunden des beklagten freien Finanz- und Anlageberaters waren, von diesem sog. „gewinnabhängige partiarische Darlehen“ im Januar 2012 als sichere und risikolose Kapitalanlage empfohlen. Das Ehepaar war somit Opfer eines möglicherweise betrügerischen Schneeballsystems um Pfandleihhäuser geworden und hatte rund 26.000,00 € verloren, das von den Klägern für ihre Altersvorsorge und die ihrer Kinder sicher angelegt werden sollte. Bezüglich der Anlageprodukte der Firma Mehrwert Konzeptmanagement GmbH ermittelt zwischenzeitlich die Staatsanwaltschaft Mannheim.

So ging es auch in der Sache vor dem OLG Stuttgart schwerpunktmäßig darum, dass der Berater ca. 3 Stunden lang an einem Abend nach einem langen Arbeitstag der Kläger die streitgegenständlichen Anlagen (Anteile an Pfandleihhäusern) als bombensicher („Das Pfandgewerbe gibt es schon seit 1000 Jahren, was soll da passieren“) vorgestellt und eine eigens hierfür verwendete Broschüre verwendet hatte, die ausschließlich die positiven Aspekte hervorgehoben hatte.

Der Beklagte hatte selbst zu Protokoll des Landgerichts eingeräumt, dass nach einer so langen Gesprächsdauer ein Durchgehen der Risikohinweise nicht mehr zu leisten sei und er den Kläger gesagt habe, dass es sich bei den Risikohinweisen um eine bloße Formalie handele.

Die Kläger gaben an, im Vertrauen auf diese verharmlosenden Aussagen des Beklagten die Risikohinweise nicht im Detail, sondern nur die nichtssagenden Überschriften „Chancen- und Risikohinweis“ / „Rangrücktrittserklärung“ gelesen zu haben.

Berater verharmloste Risiken der Anlage - Oberlandesgericht Stuttgart entscheidet für Verbraucher

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat der Klage stattgegeben und den freien Finanzvertrieb insoweit zur Zahlung von Schadensersatz gegen Rückübertragung des Fonds an den freien Finanzvertrieb verurteilt.

Menschlich nachvollziehbar führten die Senatsrichter in der mündlichen Verhandlung aus, dass sie schon einmal etwas unterschrieben hätten, ohne es zu lesen. Es kann den Klägern nicht angelastet werden, wenn stundenlang das Insolvenzrisiko als Negativtatsache (kann nie passieren) angepriesen wird und dann die Risikohinweise „kurz vor Toresschluss“ untergeschoben werden. Demzufolge liegt auch kein Mitverschulden der Anleger vor, wenn sie Risikohinweise in Beratungsprotokollen, die der Berater als „bloße Formalie“ herabwürdigt bzw. verharmlost, nicht gelesen haben und die zudem optisch so unübersichtlich gestaltet sind (kleingedruckt, nichtssagende Überschriften, etc.), dass sie einem normalen „Durchschnittsbürger“ gar nicht auffallen können.

Weiter führt das Oberlandesgericht Stuttgart aus, dass eine solche Geldanlage bereits per se so gefährlich ist, dass ein faktisches Empfehlungsverbot an Anleger, die zwar Renditen wünschen, aber ausschließlich sicher anlegen wollen, besteht.

Fazit des Urteils des OLG Stuttgart

Zusammengefasst gilt für den Anlageberater nun umso mehr: Was Du Deinen Kunden sagst, das gilt! Juristen nennen das den „Vorrang des gesprochenen Wortes“; für die Gerichte gilt, dass jeder Einzelfall fair, objektiv und umfassend zu prüfen und zu würdigen ist. Und zugunsten eines Anlegers wird höchstrichterlich vermutet, dass er dann eine solche Anlage niemals erworben hätte, wenn er ordnungsgemäß beraten worden wäre (sog. „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“).

Hierzu Rechtsanwalt & Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Alexander Weigert, der das Urteil für seine Mandanten erkämpft hat: 

"Dies ist eine sehr verbraucherfreundliche Entscheidung. Nach meinem obsiegenden Urteil vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 28.07.2017, Az. 10 U 28/16 im Jahre 2017 setzt sich die verbraucherfreundliche Tendenz der Oberlandesgerichte fort, wonach Beratungsprotokolle nicht mehr das Maß aller Dinge darstellen, sondern auch deren Hintergründe (z. B. Täuschung von Verbrauchern, Irreführung, Verharmlosungen, etc.) beleuchtet und hinterfragt werden müssen."

Das Urteil stärkt ein weiteres Mal die Stellung wirtschaftlich geschädigter Kapitalanleger, die ihre Beteiligung über einen freien Anlagevertrieb erworben haben. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart reiht sich in eine Vielzahl von Urteilen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen ein, die die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann bis hin zum Bundesgerichtshof für ihre Mandanten erstritten hat.

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Seit der Gründung im Jahre 1995 hat sich die Rechtsanwaltskanzlei Aslanidis, Kress und Häcker-Hollmann im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert und vertritt geschädigte Kapitalanleger aus dem gesamten Bundesgebiet. Mit aktuell 28 Rechtsanwälten und Wirtschaftsjuristen sind wir eine der größten sowie erfahrensten Kanzleien für Kapitalanlagerecht auf Investorenseite in Deutschland. Wir haben für unsere Mandanten zahlreiche, teils höchstrichterliche Urteile erstritten und in den letzten Jahren aktiv an der Gestaltung der Rechtsprechung im Gebiet des Anlegerschutzes mitgewirkt. Durch unsere Fachanwälte wurden weit über 15.000 Vergleiche und Urteile seit Bestehen der Kanzlei erreicht.

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