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(Bild: dena)
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Abschlussbericht der neuen dena-Leitstudie veröffentlicht

Berlin, 7. Oktober 2021. Nach 17 Monaten intensiver Arbeit mit einem breiten Kreis von Akteuren hat die Deutsche Energie-Agentur (dena) heute den Abschlussbericht der dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität veröffentlicht. Zehn wissenschaftliche Institute haben dazu ihre Expertise eingebracht und mehr als 70 Unternehmen ihre Branchenerfahrungen und Markteinschätzungen gegeben, ebenso ein 45-köpfiger Beirat mit hochrangigen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Sie haben gemeinsam untersucht, welche Technologiepfade aus heutiger Perspektive realistisch sind und welche Rahmenbedingungen es braucht, um diese bis 2045 in einem integrierten klimaneutralen Energiesystem in Deutschland zu realisieren. Dabei wurden konkrete Lösungssätze und CO2-Reduktionspfade für einzelne Sektoren (Bau, Verkehr, Industrie, Energieerzeugung sowie zu LULUCF) analysiert und identifiziert.

„Die dena-Leitstudie liefert der zukünftigen Bundesregierung eine praxisorientierte Perspektive zur Erreichung von Klimaneutralität bis 2045. In Ergänzung zu einer umfassenden und ausdifferenzierten Analyse wurden insgesamt 84 Aufgaben in zehn zentralen Handlungsfeldern identifiziert, die eines gemeinsam haben: Jede einzelne Aufgabe ist machbar. (...) Gelingt uns dieser ‘Aufbruch Klimaneutralität‘, werden wir in der Lage sein, die gesetzlich verankerten Ziele für 2030 zu erreichen. Auch Klimaneutralität im Jahr 2045 kann dann eine erreichbare Perspektive sein“, erklärte Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der dena. 

Vier Säulen für Klimaneutralität

Die dena-Leitstudie zeigt anhand eines zentralen Szenarios (Szenario Klimaneutralität 100, KN100) wie die Sektorziele im Jahr 2030 und Klimaneutralität im Jahr 2045 erreicht werden können – welche Energieträger und Technologien in welchen Mengen benötigt werden sowie die dafür notwendigen transformatorischen Veränderungen. Die Studie setzt sich an verschiedenen Stellen mit Zielkonflikten und umzukehrenden Trends auseinander. Sie beschreibt in Exkursen zu Einzelthemen die Rolle, welche die verschiedenen Akteure übernehmen müssen. In vier Pfadausprägungen untersucht die Studie zudem Varianten zur Zielerreichung, etwa einen höheren Anteil von direkt-elektrischer Nutzung gegenüber einem höheren Anteil von gasförmigen oder flüssigen Energieträgern oder die Auswirkungen von verstärkten gegenüber begrenzten Anstrengungen zur Erhöhung der Energieeffizienz.

Um Klimaneutralität zu erreichen, ist aus technologischer Betrachtung eine Vier-Säulen-Strategie erforderlich: Die Erhöhung der Energieeffizienz ist eine wesentliche Maßnahme in allen Verbrauchs­sektoren, insbesondere in der Industrie und im Gebäudesektor. Für den umfassenden direkten Einsatz von erneuerbaren Energien ist in vielen Anwendungsbereichen neben der Energieeffizienz­verbesserung eine breite und deutlich beschleunigte Elektrifizierung eine Grund­voraus­setzung. Neben Strom werden erneuerbare gasförmige und flüssige Energieträger und Rohstoffe benötigt. Als vierte Säule braucht es technische und natürliche CO2-Senken

Massive Anstrengungen in allen Sektoren

Die Energieversorgung ist aktuell der größte CO2-Emittent. Reduktionen müssen hier am stärksten und am schnellsten erfolgen, so die Studie (von 308 Mio. Tonnen CO2ä in 2018 auf 104 Mio. t CO2ä in 2030 und auf -8 Mio. t CO2ä in 2045). Zentral ist dabei, dass sich die erneuerbaren Stromkapazitäten bereits bis 2030 mehr als verdoppeln müssen. Die installierte Leistung von Solarenergie zum Beispiel steigt von 45 Gigawatt (GW) auf 131 GW, Windenergie an Land von 52 GW auf 92 GW. Die Kohleerzeugung wird 2030 marktgetrieben kaum noch eine Rolle spielen, die Nutzung von Erdgas in der Stromerzeugung nimmt dagegen bis 2030 zu. Bereits dieser ‚Fuel Switch‘ trägt bis 2030 erheblich zur Emissionsminderung in der Energiewirtschaft bei. Wasserstoff und Powerfuels werden bis 2030 nur eine geringe Rolle spielen. Der Aufbau entsprechender Infrastruktur und Märkte ist aber unabdingbar, denn die Rückverstromung von grünem Wasserstoff wird 2045 nach Windkraft und Photovoltaik zur dritt­wichtigsten Stromerzeugungs­quelle. Bis 2035 spielt blauer Wasserstoff eine, wenn auch geringe Rolle, danach geht er gemäß Modellierung der dena-Leitstudie sukzessive aus dem Markt.

Die Industrie folgt an zweiter Stelle der höchsten Emissionen. Hier muss der Ausstoß allein bis 2030 um rund 36 Prozent sinken. Nach einer relativen Stagnation in den vergangenen zwei Jahrzehnten bedarf es zur Erreichung der Minderungsziele im laufenden Jahrzehnt einer durchschnittlichen Absenkung von ca. 8 Mio. t CO2 pro Jahr. Fast 70 Prozent des Minderungsbeitrags entfallen auf die energetischen Emissionen. Die stärksten Veränderungen werden bis 2030 auf die Branchen Stahl und Chemie zukommen. Die Industrie ist bis 2045 und bleibt auch langfristig der größte Abnehmer von Wasserstoff zur energetischen und stofflichen Nutzung. Hierfür müssen die notwendigen Voraussetzungen zur Umstellung der Prozesstechnologien sowie zum Aufbau der Infrastrukturen getroffen werden.

Der Verkehrssektor steht aktuell an dritter Stelle der Emissionen und hat die größte Reduktions­aufgabe aller untersuchten Verbrauchssektoren: Schon bis 2030 muss der Ausstoß um rund 48 Prozent sinken (von rund 164 auf 85 Mio. t CO2ä). Die stärkste Minderung muss im Individual­verkehr erfolgen, gefolgt vom Lkw-Verkehr. Dabei wird im Personenverkehr ein Hochlauf der Elektro­mobilität auf 9,1 Millionen vollelektrische Fahrzeuge (bzw. 14 Mio. Fahrzeuge inklusive Hybride) bis 2030 als notwendig erachtet. Im Schwerlastverkehr hingegen braucht es einen umfassenden Einsatz von Wasserstoff und Powerfuels.

Auch im Gebäudebereich müssen die CO2-Emissionen allein bis 2030 um 44 Prozent sinken (von rund 120 auf rund 67 Mio. t CO2ä). Der Großteil der Minderungen (46,5 Mio. t CO2ä) entfällt auf Maßnahmen an der Gebäudehülle und technische Anlagen. Der Einsatz von Wärmepumpen, der Ausbau der Anschlüsse an Wärmenetze muss massiv vorangetrieben werden. Im Szenario KN100 werden für das Jahr 2030 bereits 4,1 Millionen Gebäude mit Wärmepumpen versorgt, im Jahr 2045 sieht die Studie 9 Millionen Wärmepumpen. In 2030 werden 1,3 Millionen weitere Wohnungen (gegenüber 2019) durch Wärmenetze versorgt werden, 2045 sind es dann 2,7 Millionen. Auch der Einsatz von klimaneutralen Brennstoffen muss sich schon bis 2030 mehr als verdreifachen, von heute 9 auf dann 32 Terawattstunden (TWh). Bis 2045 erfolgt eine weitere Vervierfachung auf 120 TWh. Aufgrund der Vielschichtigkeit des Gebäudesektors mit seinen sehr spezifischen Herausforderungen ist aus heutiger Perspektive ein klimaneutraler Gebäudebestand ohne Wasserstoff und klimaneutrale Gase nicht denkbar. Eine besondere Herausforderung ist der dafür erforderliche Umbau der Infrastruktur. 

Zielführendes Energiemarktdesign und mehr Innovationen

„Es reicht aber nicht aus, Transformationspfade in einem Handlungsfeld oder einem Sektor zu beschreiten, es braucht die Verknüpfung von Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldclustern“, so Kuhlmann weiter. Die dena-Leitstudie zeigt die Notwendigkeit eines zielführenden Energiemarkt­designs, das die Transformation beschleunigt und möglichst effektiv Investitionen in klimaneutrale Technologien und Infrastrukturen auslöst. 

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Ann-Kristin Golz

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