Pressemitteilung -

Demenz bedeutet nicht das Ende der Sexualität - Fachtagung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft

Berlin, 10. September 2019. Sexualität berührt jeden Menschen und hört auch im Alter, bei Demenz oder Pflegebedürftigkeit nicht auf. Mit der Fachtagung „Demenz und Sexualität“ am 5. September 2019, zu der 125 Teilnehmende aus dem ganzen Bundesgebiet nach Berlin kamen, hat die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) das Gespräch darüber angestoßen.

„Sexualität bildet einen zentralen Aspekt unseres menschlichen Lebens – und zwar in jeder Lebensphase“, so Christian Müller-Hergl, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Witten-Herdecke und der Hochschule Osnabrück. Müller-Hergl zitierte die groß angelegte Gothenburg-Studie, die unter anderem herausfand, dass sexuelle Aktivität im Alter für viele gesundheitliche Probleme eine vorbeugende Wirkung hat: Männer schlafen besser und Frauen entwickeln eine geringere Angstsymptomatik.

Bei Menschen mit Demenz kann das Ignorieren sexueller Bedürfnisse zu herausforderndem und störendem Verhalten führen. Werden jedoch die Bedürfnisse nach Nähe und Intimität befriedigt, „verschwinden häufig die unangemessenen Verhaltensweisen und die Bewohnerinnen und Bewohner entspannen sich“, erläuterte Stefanie Klee, Sexualassistentin aus Berlin. Sie bietet ihre Dienste auch hochaltrigen und pflegebedürftigen Personen an.

Pflegekräfte sind häufig verunsichert, wenn Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Einrichtungen sexuelle Aktivitäten zeigen oder wenn sie selbst mit den sexuellen Bedürfnissen von Pflegebedürftigen konfrontiert werden. Ihre Reaktion hängt oft von ihrer persönlichen Erfahrung und der eigenen Haltung zur Sexualität ab. Diplom-Pflegewirt Peter Offermanns forderte einen intensiveren Austausch darüber in der Pflege: „Gerade junge weibliche Pflegekräfte können mit sexuellen Annäherungen oft besonders schwer umgehen – sie dürfen damit nicht alleingelassen werden.“ Ein offener Umgang mit dem Thema hilft dabei, Lösungen zu entwickeln, wenn eigene Grenzen verletzt werden.

Hochaltrigen Homosexuellen fällt es meist schwer, sich nach vielen Jahren der persönlich erlebten Diskriminierung und Verfolgung in der Pflegesituation zu outen. Trotz vermutlich 122.000 homosexuellen Menschen mit Demenz tauchen diese in Einrichtungen der Altenhilfe so gut wie nicht auf. „Sie ziehen sich zurück, vereinsamen und geben aus Angst vor weiterer Diskriminierung ihre wirkliche geschlechtliche Identität nicht preis“, erläuterte Dieter Schmidt, Diplom-Psychologe in der Schwulenberatung Berlin. Die Wohngemeinschaft „Lebensort Vielfalt“ in Berlin ist einer der wenigen Orte, an denen queer gepflegt wird.

Sexualität ist eine große Lebenskraft – dies wurde in der lebendigen Diskussion und auch in den Angehörigenberichten deutlich, die Christa Matter von der Alzheimer Gesellschaft Berlin vortrug. 125 Teilnehmende fanden auf dieser Fachtagung Zeit und Raum, ihre Haltung zu überprüfen und sich manchmal tief sitzender Vorurteile bewusst zu werden. Mit der Fachtagung möchte die DAlzG zum weiteren Dialog auffordern, damit Angehörige und Pflegekräfte offener und sensibler mit dem Thema umgehen – denn auch im Alter oder bei Pflegebedürftigkeit darf Sexualität kein Tabu sein.

Die Fachtagung wurde von der DAK im Rahmen der Selbsthilfeförderung der gesetzlichen Krankenkassen finanziell unterstützt.

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Hintergrund

Heute leben in Deutschland etwa 1,7 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Ungefähr 60 Prozent davon leiden an einer Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzkranken wird bis 2050 auf 3 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz.

Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. Sie informiert die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ist ein unabhängiger Ansprechpartner für Medien, Fachverbände und Forschung. In ihren Veröffentlichungen und in der Beratung bündelt sie das Erfahrungswissen der Angehörigen und das Expertenwissen aus Forschung und Praxis. Als Bundesverband von 134 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort. Gegenüber der Politik vertritt sie die Interessen der Betroffenen und ihrer Angehörigen.

Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine demenzfreundliche Gesellschaft. Sie nimmt zentrale Aufgaben wahr, gibt zahlreiche Broschüren heraus, organisiert Tagungen und Kongresse und unterhält das bundesweite Alzheimer-Telefon mit der Nummer 030 - 259 37 95 14.

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