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„Das war es nun also mit der EU“ - Brexit Teil 2: Unsere geförderten Studenten erzählen, wie sie den Brexit erleben

Die Vorteile der EU sind vor allem den gebildeten Bevölkerungsschichten richtig bewusst, zum Beispiel die Bewegungsfreiheit zwischen den Universitäten und die Möglichkeit, überall unkompliziert zu arbeiten. Der Brexit ist also auch ein Problem mangelnder Bildung: Wer den Ausstieg wollte, partizipierte zu wenig an den Vorzügen der EU, während gleichzeitig zu viele diffuse Ängste und Vorurteile in der Waagschale lagen. Der Brexit als Problem einer fehlenden, breiten Bildung: Diese These als Teil einer komplexen Erklärung vertritt unsere geförderte Studentin Viktoria Langer, die in Nottingham einen kulturwissenschaftlichen Master macht. Sie hat uns – wie viele andere geförderte Studenten, die derzeit im Vereinigten Königreich studieren – interessante Gedanken zum Brexit geschickt, die das EU-Referendum und seine Vorgeschichte greifbarer machen.

Viktoria Langer erzählt:

Böses Erwachen. Das Aufwachen am 23. Juni brachte nicht viele Überraschungen mit sich. Bereits zwei Tage vor dem Referendum hatte ich im Gefühl, wie es ausgehen würde. Neben meinem Studium arbeite ich in einem Supermarkt an der Kasse. Auf dem Weg zur Arbeit radelte ich an insgesamt 4 'vote leave' Schildern vorbei (nichts zu sehen von einer 'remain-campaign') und in der Woche vor der Abstimmung wurde ich immer wieder Zeugin von Gesprächen und Kommentaren. „We should be

able to control our own borders again.“ „We have to do something against all that shit that is coming from Turkey.“ „I'm not racist. I don't have anything against the Polish who live here. They're working hard. And the Germans, or the French, but...“ Aber was? Ich musste mich teilweise sehr bemühen mich nicht persönlich angegriffen zu fühlen. Auf der anderen Seite wusste ich was meine Kommilitonen in der Uni über das Thema dachten. Sie waren besorgt, aber zuversichtlich, dass ein Austritt verhindert werden könne. Ihre Reaktionen am Tag danach: Schockiert, traurig, wütend. Niemand konnte es so recht fassen. Das war es nun also mit der EU.

Die Ursachen für die Entscheidung sind komplex: Ausgeprägte ZweiklassengesellschaftErklärungen für diese Entscheidung gibt es viele. Sie hängen alle miteinander zusammen und sind recht komplex. Der wohl gravierendste Punkt ist, dass sich in England eine ausgeprägte Zweiklassengesellschaft herausgebildet hat. Die sogenannte Mittelschicht ist dabei, sich mehr und mehr auszudünnen. Die Wahrscheinlichkeit sozial 'abzurutschen' ist extrem hoch. Die meisten

zahlen Bildungskredite und Hauskredite ab, sparen für die Bildung der Kinder, denn die Studiengebühren an den hiesigen Unis muss man sich erst einmal leisten können. Im Fall von Krankheit, dem Verlust der Arbeitsstelle oder der Trennung vom Partner kann es schnell finanziell bedrohlich eng werden. Diese Zweiklassengesellschaft zeichnet sich auch in der Bildung ab. Und

ich denke, dass das ein ebenfalls wichtiger Punkt ist. An meiner Universität konnte sich niemand vorstellen, dass es tatsächlich zu einem Austritt kommen könnte.


Bildungsschwache Bevölkerungsschichten profitieren zu wenig von der EUEine meiner Kommilitoninnen ist Mutter eines Dreijährigen und erzählte mir, wie geschockt ihr ganzes Umfeld über diesen Ausgang war, besonders auch andere Mütter, die sie aus der Vorschule kannte. Die bildungsstarken Bevölkerungsteile sind in ihrem alltäglichen Denken sehr weit entfernt von den bildungsschwächeren, wobei letztere leider in der Überzahl sind. Bildungsschwächere Bevölkerungsgruppen haben viel weniger die Möglichkeit, von Vorteilen wie europaweiter Bewegungsfreiheit zu profitieren. Das gleiche gilt für ältere Menschen, die in den Statistiken mehrheitlich für einen Austritt waren.

Was nicht positiv erlebt wird, ist verzichtbarWer sich selbst nicht im Klaren über die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft ist, und sie nicht auch selbst als positiv erlebt, der kann natürlich auch auf sie verzichten. So wurden besonders osteuropäische Immigranten von vielen Älteren nur missmutig beäugt. Aber wie vielen Schülern und Studenten problemlos Auslandsaufenthalte ermöglicht wurden und wie viele Briten überall in Europa verteilt

unkompliziert arbeiten können, das sind Tatsachen, die nicht wahrgenommen werden. Vor allem nicht von Menschen, denen solche Möglichkeiten nie zur Verfügung standen.

Für mich persönlich stand schon vor dem Referendum fest, dass ich nicht in England bleiben möchte. Man lernt das Eigene in der Ferne eben doch immer wieder zu schätzen. Zudem habe ich mich schon immer als pro-europäisch betrachtet, auch wenn es sicherlich einigen Reformbedarf gibt.

Mein Studium ist sicher

Für mich und mein Studium wird der Austritt vermutlich zunächst keine Auswirkungen haben. Die Universitätsleitung hatte sich unverzüglich mit uns in Kontakt gesetzt und uns versichert, dass alles so umgesetzt wird, wie in unseren Studienplatzbestätigungen festgeschrieben ist. Bevor eingreifende Änderungen durchgesetzt werden, werde ich vermutlich wieder in Deutschland sein.

Wie es sich für europäische wissenschaftliche Mitarbeiter an den Universitäten aussieht, ist jedoch noch einmal eine andere Frage. Ich nehme an, dass sich die Universitäten sehr stark für ihr internationales Personal einsetzten werden, denn das ist ja der Hauptpunkt, mit dem die Eliteuniversitäten werben: mit Internationalität.

Keine starke politische FührungIch hoffe für meine hier gewonnenen Freunde, dass sich die Regierung schnell einig wird über eine Vorgehensweise, die Großbritannien auch außerhalb Europas zu Stabilität verhilft. Obwohl ich, wenn ich Nachrichten gucke, immer wieder nur mit dem Kopf schütteln kann, denn eine starke und kompetente politische Führung, die in einer solchen Situation notwendig wäre, lässt sich momentan wirklich nicht ausmachen.

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Stefanie Cimen

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