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"Das ist meine Welle, die nehme jetzt ich" | Surfkurse extra nur für Frauen | Ethletic.com

Warum es Frauen gut tut, beim Surfen "empowert" zu werden

Birgit Koch ist Psychologin und Gründerin einer reinen Frauensurfschule auf Lanzarote namens "Wavesisters". Die ehemalige Münchnerin erzählt, warum Frauen davon profitieren, einen "Machosport" wie Surfen gemeinsam mit anderen Frauen zu erlernen. Birgit sagt: "Der selbst auferlegte Leistungsdruck ist dadurch wesentlich geringer, und der Lernerfolg und somit der Spaß am Surfen umso größer." Birgit Koch

Surft seit 1997 und gründete 2007 ihre erste Surfschule: Birgit Koch.

Interview: Esther Suave

Die Zeit der reinen "Mädchenschulen" ist vorbei - zum Glück, oder? Warum also muss es eigene Surfcamps nur für Frauen geben, "Girls Only"? Ich habe nachgefragt bei Birgit Koch, die inzwischen drei solcher Mädelscamps leitet - in Frankreich, Portugal und auf Lanzarote, wo sie auch lebt.

Die "WaveSisters" auf Instagram!

Birgit, seit wann surfst du und kannst du dich an den Moment erinnern, wo es dich gepackt hat? Erzähl uns davon! Ich habe 1997 oder '98 angefangen. Ich bin zum Klettern mit einer Freundin in die Pyrenäen gefahren, und auf dem Weg wollten wir ans Meer und das Surfen ausprobieren. Ihr hat es aber null Spaß gemacht, im Wasser zu sein, und deshalb waren wir dann nur eine Woche dort. Obwohl es mir im Wasser und in den Wellen sehr gefallen hat, war das Surfen selbst eigentlich nur frustrierend. Ich habe es nur deshalb ein Jahr später noch einmal versucht, weil ich dachte, das gibts doch nicht, dass ich das überhaupt nicht hinbekomme. Richtig Spaß hat es dann eigentlich erst im Jahr 2000 in Costa Rica und 2001 in Portugal gemacht. Da lief es dann - und ich war "stoked". (lacht)

Vor zehn Jahren hast du die Surfschule Wavesisters gegründet. Woher kam die Idee, speziell Frauen zu trainieren? Die Idee kam mir schon 2003. Da bin ich auf die Kanaren gezogen, war immer alleine im Wasser unterwegs - und vor allem gab es keine oder kaum Frauen im Wasser. Es war erst einmal eine Netzwerk-Idee. So nannte das man vor Social Media. Ich wollte alle Surferinnen zusammenführen. Da es aber echt wenige gab, dachte ich, man bräuchte irgendein besseres Unterstützungssystem. Und da kam dann die Frauensurfschule als Idee auf. Ich arbeitete dann in verschiedenen Surfcamps und habe schnell erkannt, dass alle im Surfbusiness Männer sind - oder es zumindest Männer-dominiert ist. Über wichtige Funktionäre bei Wettkämpfen, im Sponsoring, in den Surfverbänden, die auch die Surflehrerausbildung anbieten, und in den Surfcamps. Damit ist es so aufgebaut, dass es für Männer gut funktioniert, und für Frauen eben nur bedingt. Der Ansatz bei Wavesisters ist also, ein Surfcamp zu machen, das auf die Bedürfnisse von vielen Frauen zugeschnitten ist. Bedürfnisse speziell im Surfunterricht als auch im Urlaub allgemein.

Birgit Koch - Ethletic-Blog "Ein Männer-dominiertes Business" fand Birgit im Surfsport vor - und entschloss sich, daran etwas zu ändern.

Auf Lanzarote öffnete 2007 dein erstes Camp. Wie kamst du auf die Insel, wie fing alles an? Ich wollte schon lange Spanisch lernen und in Spanien wohnen. Als ich 2002 meinen Job als Psychologin gekündigt hatte, habe ich diesen Plan im folgenden Jahr umgesetzt und ein Jahr im „normalen“ Tourismus auf den Kanaren gearbeitet ... und gesurft. (lacht) Es hat eine Weile gedauert bis ich dann entschieden habe, ein Surfcamp für Frauen aufzumachen. Ich wusste auch nicht, ob es dafür Interessentinnen gab. So was existierte ja in Europa nicht.

Der Erfolg gibt dir recht: Inzwischen hast du drei Camps. Hattest du Phasen, in denen dich alles überfordert hat und du am Liebsten wieder nur ein Brett, deine Freiheit und deinen Van haben wolltest? O ja, auf alle Fälle! Ich hatte wirklich einige schwierigen Phasen. Enttäuschungen durch Surfcamp-Freunde, Geschäftspartner. Anders als die Suggestion vom freiem „life is good"-Feeling - Hippie-, Peace-, Surferleben - ist das Surfcamp-Business umkämpft von Männern, die ihre Ellenbogen sehr schnell ausfahren. Es ist eine Tatsache, dass sich in der Unternehmerwelt jeder selbst am nächsten ist. Bei Versammlungen sitze ich eigentlich immer als einzige Frau am Tisch. Und ja, manchmal erscheint es sehr verlockend, all die Verantwortung, den Druck und Probleme hinter sich zu lassen und in den Bus steigen. Das wäre mal wieder schön.

Glaubst du, dass das Empowerment von Frauen unsere Gesellschaft verändern kann? Natürlich, sonst würde ich Wavesisters nicht machen. Empowerment beim Surfen ist ja nur ein ganz, ganz kleiner Mikrokosmos in der Gesellschaft. Frauen haben eine andere Vorstellung von Einfluss. Sie üben ihn anders aus. Es würde der Gesellschaft gut tun, mehr von selbstbewussten Frauen, die was bewirken wollen, zuzulassen, und auch den Frauen würde es gut tun, mehr davon anzustreben. Die Veränderung im Denken und Handeln braucht es da von beiden, Männern wie Frauen. Persönlich fände ich es schön, wenn sich die Männer-und-Frauen-Debatte auflösen würde. Dann wäre wohl Gleichberechtigung erreicht.

Was fällt dir als besonderer Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Surfschülern auf? Mädchen werden ab einen frühen Alter dahingehend sozialisiert, ja vorsichtig zu sein. Man muss nur auf den Spielplatz gehen und schauen: Wer wird ermutigt, etwas zu versuchen, oder wer wird eher gehindert oder beängstigt, es zu versuchen. Das bleibt im Kopf bei den Mädchen und dann Frauen hängen. Sie haben grundsätzlich mehr Bedenken, etwas Neues auszuprobieren. Vor allem, was potenziell Gefährliches angeht, oder etwas, das sie nicht einschätzen können, wie es für viele beim Surfen der Fall ist. Frauen wollen also, bevor sie ins Wasser gehen, mehr Erklärungen und Sicherheiten als Männer - im Schnitt. Auch im Wasser selbst sind sie vorsichtiger, um ja weder sich noch andere zu verletzten. Sie wollen ja keinem im Weg sein, Ärger bereiten, oder wenn sie besser werden, ungern klar markieren, das ist nun meine Welle, die nehme nun ich.

Dieses vorsichtige Verhalten von den meisten Frauen lässt sie oft hinten rausfallen im Wasser. Wenn man sich das Gerangel im Line-up anschaut, wäre allerdings mehr von diesem rücksichtsvollem Verhalten im Wasser eine totale Bereicherung! Wenn es einfach 50 Prozent Frauen im Wasser gäbe, o Mann, wäre dann weniger Stress im Line up! Wer das schon mal erlebt hat - ist leider sehr selten -, der weiß wovon ich rede… Wer sind für dich tolle Surferin und was würdest du im Surfszenario gerne öfter sehen? Also im Championship Tours-Zirkus mag ich Surferinnen wie Tyler Wright oder auch Carissa Moore. Sie vermarkten sich nicht als Barbies und bleiben authentisch. Ansonsten finde ich aber Persönlichkeiten interessant, die sich mit der Gesellschaft auseinandersetzen und Gedanken und Meinungen auch kundtun. Wie zum Beispiel Cori Schumacher, eine ehemalige Longboardmeisterin. Generell fände ich es deutlich interessanter, nicht so viele aalglatte Sportler zu sehen und eine größere Vielfalt an Persönlichkeiten.

Was empfiehlst du Frauen, die Surfen lernen wollen? Ein Surfkurs am Anfang macht die Sache leichter. Und klar, kommt gern zu Wavesisters, da seid ihr gut aufgehoben! 

Gebt nicht auf!

Wavesister Surfcamp Die Leidenschaft des Wellenreitens: In Ruhe und ohne Leistungsdruck erfahren Frauen sie am besten, findet Birgit Koch.

Redaktion: Annika Langhagel

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