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„Auf der Suche nach dem ganz persönlichen Naturerlebnis“

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„Auf der Suche nach dem ganz persönlichen Naturerlebnis“

Ambiente-Beleuchtung unter Bäumen, Sofalandschaft auf der Terrasse, Pflanzenwände auf dem Balkon oder gemütliche Biergarten-Atmosphäre zwischen Himbeersträuchern in der Hinterhof-Oase: Die Sehnsucht nach einem Leben inmitten der Natur schafft einen Wachstumsmarkt, insbesondere für designorientierte und hochwertige Outdoor-Möbel, aber auch neue Raumnutzungskonzepte, die das Leben in der Stadt grüner machen. Warum uns unser „zweites Wohnzimmer“ so wichtig ist und welche Trends uns im Sommer 2020 erwarten, erklärt Trendforscher und Design-Journalist Frank A. Reinhardt.

Herr Reinhardt, warum ist Outdoor-Living so ein In-Thema?

Es ist wohl eine Mischung aus ein bisschen Nostalgie, aus einer neu verstandenen Geselligkeit, die uns das Biergarten- und Schrebergarten-Feeling nach Hause auf die Terrasse oder in den Hinterhof holen lässt, sowie aus einer Art Weltflucht angesichts der Krisenmeldungen in Sachen Klima, die das Thema derzeit so attraktiv macht, und zwar, und das ist interessant, genauso für junge wie für ältere Menschen. Hinzu kommt ganz allgemein der Interior-Trend, das Wohnzimmer nach außen zu erweitern, der vor einigen Jahren durch die Verfügbarkeit neuer, wetterunempfindlicher Materialien mit Wohlfühlfaktor initiiert wurde.

Was steckt dahinter?

Wir sind auf der Suche nach der „heilen Welt“ aus unseren Kindheitserinnerungen. Ich zum Beispiel habe mit meiner Oma Brombeeren und Himbeeren gesammelt, Maikäfer im Einwegglas studiert und in den Ferien den ganzen Tag im Bach gespielt. Der Garten meiner Oma war ein reiner Nutzgarten mit einer Bank zum Ausruhen, und ich habe mir einen Spaß daraus gemacht, Kartoffelkäfer zu zählen. Mit der Wohnraumverdichtung, mit Landflucht und Artensterben, aber auch mit den neuen Medien hat sich dieser Erfahrungshorizont innerhalb weniger Jahrzehnte komplett verändert. Heute kennen Kinder solche Bilder oft nur noch aus Büchern, und Eltern können beim Vorlesen solcher Geschichten schon mal sentimental werden. Da erscheint die Natur generell als Idylle. Und mit jeder Schreckensmeldung zum Klimawandel sehnen wir uns mehr nach Normalität – daher sind viele Menschen, auch in der Stadt, auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen Naturerlebnis.

Dabei zieht es doch immer mehr Menschen in die Stadt! Wie lässt sich hier ein Naturerlebnis erfahren?

Ich weiß nicht, ob man acht Quadratmeter Rollrasen hinter einem schmalen Reihenhaus schon als Naturerlebnis bezeichnen kann, aber für viele ist dieser kleine Rückzugsort schon so etwas wie der Himmel auf Erden. Ein Stück zudem, das fast unbezahlbar geworden ist – gerade für Familien. Großzügige, öffentliche Grünflächen als Begegnungs- und Kommunikationsstätten mit vielseitigen Möglichkeiten zu Sport und Spiel haben daher eine wichtige Funktion. Hier in Köln haben wir eine lange Tradition des gemeinsamen Miteinanders in Parks, das gerne angenommen wird. Die Nachfrage nach Kleingarten-Parzellen steigt immens. In städtischen Bereichen müssen junge Familien wieder mit langen Wartezeiten bei der Vergabe eines Schrebergartens rechnen. Das Image des piefigen und kleinkarierten Kleingärtners scheint überholt, heute gilt das Gärtnern in der Gemeinschaft als politisch korrekt und kommunikativ. Auch die Nachfrage nach Wintergärten steigt. Es wird jede Gelegenheit genutzt, den Wohnraum zu vergrößern und den Kontakt zur Natur zu intensivieren.

Dann wird Outdoor-Living für breite Bevölkerungsschichten immer wichtiger?

Ja, wir beobachten schon seit ein paar Jahren, dass Terrasse oder Garten sich zum „zweiten Wohnzimmer“ entwickeln. Hier herrscht ein ganz neues Anspruchsdenken, und die Industrie antwortet mit qualitativ hochwertigen Outdoor-Möbeln und wasserresistenten Materialien und Stoffen, die auch nach einem Schauer noch tipptopp aussehen. Diese Entwicklung kann aktuell auch auf der Gartenmesse spoga+gafa 2019 in Köln beobachtet werden. Das ist zum einen sicherlich dem Wunsch geschuldet, der Natur möglichst nah zu sein, zum anderen aber auch dem gestiegenen Platzbedarf. Einige Funktionen der Wohnung können damit nach außen verlagert werden.

  

Welche Möglichkeiten haben wir denn, naturnaher oder gar „in der Natur“ zu wohnen?

Wir benötigen definitiv mehr Wohnungen mit Gartenzugang. In der Stadt mit ihren geschlossenen Straßenzügen und mehrgeschossigen Häusern ist das leider kaum möglich, weshalb wohl gerade hier die Idee des Gemeinschaftsgartens wieder auflebt. Architekten entdecken das Dach als naturnahen Lebensraum, und unter dem Trendbegriff Urban Gardening können auf solchen Gemeinschaftsflächen wahre Biotope entstehen – Berlin hat hier schon viele positive Beispiele vorzuweisen. Auch der einst eher ungeliebte Hinterhof wird aufgewertet und entsprechend genutzt. So fand zum Beispiel unser aktuelles Foto-Shooting in einem Kölner Hinterhof statt – eine richtige kleine Oase! Da warten noch viele solche vergessenen Hinterhöfe auf eine Wiederbelebung, wovon auch das Miteinander in der Hausgemeinschaft profitieren könnte. Außerdem entsteht kaum noch neuer Wohnraum ohne Balkon, mag er noch so klein sein und auf eine vielbefahrene Straße zeigen. Tatsächlich könnte der Touchpoint mit der Natur in den nächsten Jahren zum Kaufkriterium Nr. 1 in der Immobilienwirtschaft werden.

Und welche Interior Trends sehen wir in der nächsten Sommersaison 2020?

Bei Outdoor-Möbeln ist ein eklatanter Anstieg in Bezug auf die Gestaltungs- und Produktqualität festzustellen. Häufig lassen sie sich sowohl outdoor als auch indoor verwenden und werden damit auch immer stärker von den allgemeinen Gestaltungstrends im Möbel- und Interior Design geprägt. Holz ist hier weiterhin das dominierende Material. Mit der LED-Technik wird die Gartenbeleuchtung zur richtigen Tummelwiese für Liebhaber stimmungsvoller Gestaltungen, und der wohnliche Charakter des Outdoor-Bereichs gewinnt damit eine ganz neue Dimension. In Hinblick auf die technische Seite gewinnt auch das Thema Smart Garden an Fahrt. Der Mähroboter stellt in diesem Bereich erst den Anfang einer wichtigen Trendentwicklung dar. Aber auch klassische Verschattungs-Systeme erleben dank unserer ersten Erfahrungen mit dem Klimawandel eine Renaissance.

Welche Innovationen und Gestaltungstrends sind darüber hinaus für den Endkunden relevant?

Interessant sind designorientierte Abtrennungen, die sowohl auf dem Balkon als auch im Garten installiert werden können und nicht nur als Sichtschutz dienen, sondern auch zunehmend lärmreduzierende Funktionen übernehmen. Das kann auch mal eine hippe Pflanzenwand sein. Bei den Farben wird es bunt. Das immer noch bestimmende Grau bei Möbeln bekommt also einen trendigen Farbanstrich. Gerade Gelb, das in diesem Jahr schon vereinzelt aufkam – teils als knallige Primärfarbe, teils in verschiedenen Farbabstufungen –, ist in der nächsten Outdoor-Saison ein wichtiges Thema. Es ziehen auch ganz neue Möbeltypen auf den Balkon: Schränke und Regale sorgen für eine aufgeräumte Optik, Teppiche für Wohnlichkeit und funktionale Möbel zum Klappen für Komfort auf kleinem Raum. Und überhaupt: Coole Pflanzen mit stylischen Pflanzgefäßen sind die Basis-Ausstattung jedes Urban Jungle. Das Bild von Balkonien mit Stapelstuhl und Geranien in Pseudo-Terrakotta-Blumenkästen ist endgültig passé.

Der Kölner Design-Journalist und Trendforscher Frank A. Reinhardt ist Trendexperte im Bereich Wohnen und Einrichten. Als Jury-Mitglied von Designpreisen und als Referent diverser Branchenforen gibt er sein Wissen seit Jahren an interessierte Fachbesucher der spoga+gafa weiter.

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