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Grassi invites geht Leipzigern unter die Haut: Ausstellung "Tattoo & Piercing II"
Grassi invites #4 geht unter die Haut. Die Ausstellung "Tattoo und Piercing – Die Welt unter der Haut" verbindet die persönlichen Geschichten von Leipzigern hinter ihrer Körperkunst mit historischen Entwicklungen der gesamten Welt. Besuchern ist die Ausstellung im GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig vom 22. September 2017 bis zum 7. Januar 2018 zugänglich.
Bei der vierten Episode der Ausstellungsreihe „Grassi invites“ lädt das Museum Leipziger ein, selbst Teil der Ausstellung zu werden. Im März waren Besucher animiert worden, ihre Tattoos und Piercings in einem temporären Fotostudio ablichten zu lassen und ihre persönlichen Geschichten hinter der Körperkunst zu erzählen. Von 130 Teilnehmenden wurden Fotografien angefertigt. So entstand ein lebendiges und lokales Tattoo & Piercing Archiv, das komplett auf Touchscreens zu sehen und zu hören ist.
Bei der Ausstellung entsteht eine lokale Perspektive auf das globale Phänomen. Objekte, Fotografien und Zeichnungen aus den Sammlungen der Völkerkundemuseen in Leipzig, Dresden und Herrnhut erzählen von den kulturellen Ursprüngen der Körperkunst. Vergangenheit und Gegenwart außereuropäischer Tattoo- und Piercingkultur werden hier verbunden. Inhaltlich verläuft die Ausstellung, kuratiert von den Leipziger Ethnologen Lydia Hauth und Kevin Bress: auf der Haut, durch die Haut, unter die Haut. Anhand der historischen und zeitgenössischen Fotos aus der ganzen Welt kristallisieren sich die Motive Schutz, Erinnerung, Heilung und Verwandlung heraus und die intimen Geschichten werden ausgewählten Objekten aus der Museumssammlung gegenübergestellt.
Neben dem „Living Archive“ ist ein großer Teil des Nachlasses des Volkskundlers Robert Herbert Bellmann (1903–1961) zu sehen. In dem als wissenschaftliches Nachschlagewerk angelegten Bildarchiv aus ca. 12.000 Bilddokumenten, Ausschnitten aus Zeitschriften und anderen Publikationen finden sich zahlreiche historische Abbildungen aus der ganzen Welt zum Thema Tattoo und Piercing. Anhand von historischen und zeitgenössischen Tätowierwerkzeugen des britischen Sammlers Willy Robinson wird auch auf die Herstellung von Tattos eingegangen.
Der fotografische Blick und der dokumentarische Umgang mit historischen Fotografien, auf denen Körperkunst zu sehen ist, stellen einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung dar. Die seriell fotografischen Arbeiten des Leipzigers Erasmus Schröter gewähren Einblicke in den Umgang mit dem Thema in der DDR. Er lichtete ehemalige Gefängnisinsassen ab und gibt damit Einblicke in ein seinerzeit hochgradig tabuisiertes gesellschaftliches Thema. Ergänzt werden die historischen Fotografien durch zeitgenössische Fotostrecken über die weltweite Vielfalt der Tätowierkunst. Neben indigenen Communities der Dalits in Indien, werden auch samoanische Migranten in Auckland und Mitglieder der kriminellen Gruppen der Yakuza in Japan dargestellt sowie Einblicke in die Underground-Tätowierszene Mossuls gegeben. Abschließend nimmt eine Serie zeitgenössischer Kurzfilme, zusammengestellt von Annegret Richter vom Filmfestival DOK Leipzig, Tattoopraktiken aus der gesamten Welt in den Blick.
Wie die jüngste Studie der Universität Leipzig zeigt, sind Tätowierungen und Piercings in Deutschland so angesagt wie nie zuvor. Diese Entwicklung spricht für einen gesellschaftlichen Wandel in der Schönheitsindustrie. Denn wie die Ausstellung zeigt, zieht sich die Körperkunst durch alle gesellschaftlichen Schichten: Neben Pilgern, Adeligen und Gefangenen trägt mittlerweile jeder vierte "Durchschnittsmensch" Tattoos oder Piercings.
Weitere Informationen: www.grassiinvites.info
Redaktion: Lea Klein