Direkt zum Inhalt springen
Designer Dominik Tesseraux sprach auf der ISH 2017 über Stoff, Echtholz, Technik und die Zukunft des Badezimmers.
Designer Dominik Tesseraux sprach auf der ISH 2017 über Stoff, Echtholz, Technik und die Zukunft des Badezimmers.

News -

Auf der emotionalen Seite der Badewanne

Produktdesign hat für Dominik Tesseraux nicht nur einen gestalterischen Aspekt, sondern erfordert Verantwortung und evolutionäres Denken. Seine Entwürfe zeichnen sich durch eine schlichte Form aus: zeitlos, mit klaren Strukturen, aber auch mit einer emotionalen Note. Nach einer Ausbildung zum Möbeltischler, dem Produktdesignstudium an der Fachhochschule Darmstadt und einigen Jahren als angestellter Designer machte er sich 2001 selbstständig, arbeitet heute mit seinen Mitarbeitern in einer Backstein-Remise in Potsdam. Im Rahmen eines Fachgesprächs auf dem Podium des Vortragsforums Pop up my Bathroom Atelier (initiiert von der Messe Frankfurt und der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft VDS e. V.) sprach der Journalist und Trendforscher Frank A. Reinhardt mit dem in der Branche bewanderten Designer auf der ISH 2017.

Herr Tesseraux, Sie haben zuletzt für Bette eine Badewanne mit Stoffummantelung kreiert, die BetteLux Oval Couture. Wie kommt man dazu? Stahlemail und Stoff – das geht ja auf den ersten Blick nicht wirklich zusammen.

Bisher wurden Bäder überwiegend funktional betrachtet. Da hat man von Strahlart und Wasserresistenz geredet. Das sind alles technische Aspekte, aber die emotionale Seite, die Wärme, der oft enge Kontakt zum Menschen oder die Haptik war wenig präsent. Die BetteLux Oval Couture versucht hier einen ersten Schritt zu gehen. Der gepolsterte Wannenträger ist ein wirklich emotionales Element, welches jeder, der in der Wanne sitzt, auch ganz instinktiv annimmt.

Ein aktuell weit verbreitetes Bedürfnis scheint auch zu sein, nicht mehr nur Fliesen und kalte Materialien im Bad zu haben, sondern auch „wärmere“ wie Holz und Textil. Mit der Stahlwanne im Stoffkleid haben Sie das hinbekommen. Aber wie lassen sich Stoff und Wasser denn kombinieren?

Prinzipiell passt das eigentlich wenig zusammen. Aber wir haben hochleistungsfähige Stoffe verwendet, die wasserabweisend, schimmelresistent und gut zu reinigen sind. Also, warum soll man das nicht ausnutzen? Es ist einfach ein anderes Gefühl, wenn man in der Wanne liegt und über den Rand greift. Man bekommt sofort eine taktile Rückmeldung. Das ist bequem und emotional.

Hat das Bad bei Architekten mittlerweile einen größeren Stellenwert?

Ich denke schon. Das Bad wird eine ähnliche Entwicklung nehmen wie die Küche. Sie war lange Zeit ein abgetrennter Funktionsbereich. Wenn gekocht wurde, wollte man schon aufgrund der Gerüche die Tür zumachen können. Heute stellt jeder Küchenhersteller das Idealbild einer offenen Küche mit Insellösung dar. Die Kommunikation beim Kochen ist wichtig geworden. Die Hauptparameter verschieben sich, und es geht nicht mehr nur um Funktion, sondern auch um Emotionalität. Küche und Wohnraum verschmelzen miteinander. Bei Bad und Schlafzimmer zeichnet sich seit einiger Zeit eine ähnliche Entwicklung ab, und insbesondere das Bad kann für Architekten ein interessanter und wichtiger Bereich werden. Leider muss man feststellen, dass gerade beim Mietwohnungsbau diese Entwicklung durch eine veraltete und sture Architekturauffassung ignoriert wird. Küche, Wohn- und Schlafzimmer zeigen sich zwar ganz modern und offen, aber das Bad ist weiterhin eine geschlossene Box von nur sechs Quadratmetern – mit Standard-Waschtisch, Standard-WC und Standard-Dusche.

Dennoch haben die Menschen das Bedürfnis, das Bad vielseitiger zu nutzen. Die Aufenthaltsqualität sollte also erhöht werden. Das kann man auch mit so einer Badewanne machen.

Da gibt es natürlich auch Restriktionen, was die Badplanung betrifft. Man muss ja schon vor dem Bau wissen: Wo kommt das Wasser her, wo geht das Abwasser weg, wo sind die Anschlüsse. Diese Installationsmethodik macht die Planung sehr statisch und unflexibel. Wenn hier modernere Systeme entstehen würden wie etwa ein Plug-in-System – Stichwort Gardena –, das nachträglich in die Architektur integriert werden könnte, dann wäre der Raum für Architekten und Endkunden viel freier zu nutzen.

Auch bei einem weiteren Ihrer Kunden, Keuco, steht das Material Holz im Vordergrund. Liegt dieser Trend in der Luft?

Als Designer geht es auch darum, eine Lücke zu finden. Manchmal fragt man sich, warum bestimmte Dinge noch nicht existieren, obwohl es ja eigentlich auf der Hand liegt. 95% aller Badmöbel sind aus Spanplatten produziert. Die müssen speziell vor Feuchtigkeit geschützt werden, da Wasser Spanplatten zerstört. Warum macht man also nicht direkt ein massives Holzmöbel? Für uns war das einfach naheliegend.

Vielleicht können Sie uns etwas über die Kollektion erzählen.

Die Kooperation mit Team7, einem Massivholzspezialisten, war für Keuco eine wunderbare Geschichte. Die Herausforderung lag für uns darin, den aktuellen Trend der Schlichtheit und der Ruhe im Produkt aufzugreifen und dem Möbel dennoch ein Massivholzdetail und eine haptische Qualität zu geben. Von außen ist das Produkt sehr schlicht, aber beim Anfassen spürt man dieses weiche Holz und weiß sofort, dass man etwas Besonderes vor sich hat.

Können Sie einen Ausblick geben, wohin die Reise in den nächsten Jahren geht?

Momentan spricht jeder davon, dass wir Technik brauchen. Das sehen wir aktuell besonders beim Licht. Ich halte aber nichts davon, dass der Benutzer durch die Technik zu einem ungewöhnlichen Verhalten animiert oder sogar gezwungen wird. Technik soll uns dienen, soll Abläufe unterstützen und sollte unsichtbar bleiben. Ich habe ein Problem damit, das so stark in den Fokus zu stellen.

Eine wirkliche Herausforderung sehe ich in den Strategien der Unternehmen, die den Markt prägen wollen. Immer mehr Marken wollen sich vom Spezialisten zu Generalisten entwickeln und schaffen damit immer vergleichbarere Portfolios. Der Pflege einer Marke wird in den nächsten Generationen mehr Bedeutung zukommen als der Produktentwicklung. In, sagen wir, 20 Jahren könnte das Szenario so aussehen wie in einem Outlet-Center, wo es Shops von Geberit, Keuco, Bette oder Kaldewei geben wird und man sich bei identischem Angebot lediglich für eine Marke und eine Haltung entscheidet.

Muss sich die Branche also Richtung Endverbraucher öffnen?

Definitiv. Und die Unternehmen müssen den Kern ihrer Marke finden. Wenn ich als Armaturenhersteller jetzt auch Badewannen und Badmöbel herstelle, gewinne ich zwar an Sortimentsbreite hinzu, verliere aber unter Umständen meine Identität, meine Herkunft. Dann wird es die große Aufgabe sein, diese Identität wiederzufinden und neu zu formen.

Und welche Rolle hat der Designer dabei?

Das zu unterstützen.

Themen

Kontakt

Lars Mörs

Lars Mörs

Pressekontakt Redakteur Pop up my Bathroom Newsroom + Atelier +49 221/6201802
Claudia Wanninger

Claudia Wanninger

Pressekontakt Head of PR FAR.consulting | Wir machen Wohnen zum Thema. +49 (0) 221/6201802

Informationsplattform für kreative Badgestaltung, Architektur und Design

Pop up my Bathroom, eine Initiative der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. (VDS) und der Messe Frankfurt zur ISH, ist eine experimentelle Plattform für Architekten, Badplaner, Interior Designer und Journalisten.