Blog-Eintrag -

Exit-Interview: Was Sie von Mitarbeitern, die kündigen, lernen können

VON ILJA SCHRADER

Sie verlieren eine wertvolle Fachkraft? Das soll Ihnen in Zukunft möglichst nicht noch einmal passieren? Ein Exit-Interview mit dem scheidenden Mitarbeiter gibt Ihnen die Chance, wertvolle Informationen für Ihr Unternehmen zu gewinnen.

Es lohnt sich!

Ein Exit-Interview, also ein Gespräch zum Abschied eines Mitarbeiters, der aus freien Stücken Ihr Unternehmen verlässt, ist nicht unbedingt einfach. Häufig hat sich Frust auf einer oder sogar beiden Seiten aufgebaut, der zu Spannungen führen kann. Wenn Sie nach den Gründen für das Ausscheiden fragen, müssen Sie mit unangenehmen Wahrheiten und durchaus auch mit persönlicher Kritik rechnen.

Aber es lohnt sich. Denn ein Exit-Interview gibt Ihnen die Chance zu einem einmaligen Einblick in das Innenleben Ihrer Belegschaft. Wie ist die Stimmung? An welchen Stellen, bei welchen Positionen gibt es Nachbesserungsbedarf? Drohen Ihnen weitere Abgänge von verdienten, kompetenten Mitarbeitern? Ersatz zu finden wird beim allgemeinen Fachkräftemangel schließlich zunehmend schwieriger. Selbst, wenn der Mitarbeiter Ihr Unternehmen aus rein persönlichen Gründen wie etwa einem Umzug verlässt: Etwas zu verbessern gibt es immer.

Viele Gründe für ein Exit-Gespräch

Der entscheidende Vorteil eines Exit-Interviews gegenüber einem gewöhnlichen Mitarbeitergespräch: Ein Angestellter, der geht, wird im Gespräch mit Ihnen in der Regel offener, freier, mutiger sein. Denn anders als ein Mitarbeiter, der weiterhin bei Ihnen tätig ist, hat der scheidende Angestellte keine negativen Konsequenzen zu befürchten – weder vonseiten der Unternehmensführung noch vonseiten der Kollegen. Aus seinen Gründen, aber auch aus seiner eventuellen Frustration können Sie umso wertvollere Erkenntnisse ziehen, beispielsweise an welchen Stellen Sie etwas verbessern können.

Gleichzeitig senden Sie ein wichtiges Signal an die übrige Belegschaft. Sie unterstreichen die Wertschätzung, die jeder im Unternehmen genießt und die auch bei einem Abschied erhalten bleibt. Darüber hinaus zeigen Sie, dass Sie bereit sind, sich mit Problemen innerhalb des Unternehmens auseinanderzusetzen und sich um ein möglichst gutes Betriebsklima zu bemühen.

Vergessen Sie außerdem nicht: Die meisten Mitarbeiter wechseln innerhalb derselben Branche. Es ist also gut möglich, dass Sie sich eines Tages in einer anderen Situation wiederbegegnen: als Geschäftspartner, Kunden oder Wettbewerber. Und nicht zuletzt ist ein sauberer, freundlicher Abschied auch für die Außenwirkung Ihres Unternehmens wichtig. Denn möglicherweise wird Ihr Ex-Angestellter mit seinen neuen Kollegen oder mit Bekannten über seine bisherigen Erfahrungen reden und sich damit vielleicht auch über Sie und Ihr Unternehmen äußern.

Erst trennen, dann reden

Der beste Zeitpunkt für ein Exit-Interview ist erst ganz zum Schluss der Zusammenarbeit. Manche Unternehmen führen bereits früher ein Gespräch, um die Motivation des Mitarbeiters bis zu seinem Ausscheiden zu sichern und um eine saubere Übergabe an seinen Nachfolger zu gewährleisten. Auch können sich in diesen Gesprächen Anknüpfungspunkte ergeben, um die Zusammenarbeit doch noch fortzusetzen. Doch solche Aussprachen dienen der ersten Orientierung bei einer Kündigung, die vielleicht überraschend für Sie kommt. Sie sind kein Ersatz für den Erkenntnisgewinn durch ein Exit-Interview. Denn erst wenn der Abschied in trockenen Tüchern und das Zeugnis bereits ausgehändigt worden ist, fühlt sich der Mitarbeiter frei genug, wirklich offen über die Hintergründe seiner Kündigung zu sprechen.

Bitten Sie rechtzeitig um so ein abschließendes Gespräch und nehmen Sie sich dafür ausreichend Zeit. Es sollte für keine der beiden Seiten wie eine Pflichtübung erscheinen, entsprechend offener und konstruktiver ist die Atmosphäre. Sichern Sie Ihrem scheidenden Mitarbeiter Vertraulichkeit zu, auch gegenüber seinen Ex-Kollegen und Führungskräften. Setzen Sie sich allein mit ihm zusammen und ziehen Sie keine weiteren Personen hinzu, denn ein Gespräch in Überzahl wirkt wie ein Tribunal und bremst die Offenheit. Gab es gravierende persönliche Spannungen zwischen Ihnen und dem Mitarbeiter, könnte auch eine andere Führungskraft oder ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung das Exit-Interview führen.

So führen Sie ein Exit-Interview

Wenn Sie echte Erkenntnisse für Ihr Unternehmen gewinnen wollen, sollten Sie den scheidenden Angestellten konkret fragen, welche Gründe zu seiner Kündigung geführt haben. Haken Sie gezielt nach und erkundigen Sie sich auch nach den Themen, die Ihr Gesprächspartner von sich aus gar nicht angesprochen hätte: "Wie empfinden Sie die Stimmung im Team?" oder "War Ihr Arbeitsplatz gut genug ausgestattet, damit Sie Ihre Aufgaben reibungslos erledigen konnten?" könnten mögliche Fragen sein. Auch das Verhältnis zum direkten Vorgesetzten, die Zufriedenheit mit dem Aufgabenbereich, die Kommunikation innerhalb des Unternehmens und die empfundene Wertschätzung sollten Sie zum Thema machen. Wenn Ihr Gesprächspartner mit konkreter Kritik zögert, können Sie ihn auch um konstruktive Vorschläge bitten, etwa durch Fragen wie "Welchen Rat würden Sie Ihrem Nachfolger geben?" oder "Was würden Sie an meiner Position anders machen?".

Auch wenn Sie manche Kritik als ungerechtfertigt empfinden mögen: Vermeiden Sie es, die Äußerungen Ihres Gegenübers zu werten, um die offene Gesprächsatmosphäre aufrechtzuerhalten. Bedenken Sie außerdem, dass Ihre übrigen Angestellten genauso empfinden könnten. Umgekehrt jedoch brauchen Sie sich auch nicht zu verteidigen. Eine Rechtfertigung sind Sie erstens niemandem schuldig und diese bringt Sie zweitens im Gespräch nicht weiter.

Fragen Sie durchaus auch nach den positiven Eindrücken Ihres Mitarbeiters. Denn wenn Sie die Stärken ihres Unternehmens kennen, können Sie das zum Beispiel bei Ausschreibungen oder Gesprächen mit potenziellen Bewerbern nutzen.

Nach dem Exit-Interview ist vor der Verbesserung

Sie brauchen nicht sofort an allen Stellschrauben Ihres Unternehmens zu drehen, nur weil sie ein einziger Mitarbeiter vielleicht als Gründe für seine Kündigung benannt hat. Allerdings ist es ratsam, das Exit-Interview sorgfältig aufzubereiten. Machen Sie sich Notizen über die Stärken und Schwächen, die im Gespräch angesprochen wurden. So entsteht ein "Verbesserungskatalog", den Sie gründlich auswerten und prüfen können, was Sie in welchem Umfang umsetzen können. Die Mitarbeiter werden es Ihnen danken – mit mehr Motivation, Loyalität und Treue zu Ihrem Unternehmen.

Links

Themen

  • Beratung

Kategorien

  • arbeitgeber
  • beruf
  • job
  • mitarbeiter
  • kmu
  • recruiting
  • unternehmen

Regionen

  • Baden-Württemberg

Kontakt

Justine Seiß

Pressekontakt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit +49 (0)201 3202 661