Pressemitteilung -

Positionspapier für das Bundesministerium der Finanzen /Referat III C 3 (Umsatzsteuer)

In allen Ländern der Europäischen Union spielen Reisebusse eine bedeutende Rolle. Nach einer Schätzung der EU-Kommission aus dem Jahr 2013 liegt die Zahl der Unternehmen, die Reisebusse einsetzen, bei 65.000 meist kleinen mittelständischen Betrieben mit 1,55 Millionen Beschäftigten. 1,1 Millionen Reisebusfahrer steuern die etwa 260.000 Reisebusse. Insgesamt werden mehr als 7 Millionen Arbeitsplätze in

der EU direkt und indirekt von der gesamten Reisebusbranche getragen. Als „Verband Schwedischer Busreiseveranstalter“ wenden wir uns an Ihr Referat, da alle unsere Mitgliedsunternehmen, die „Gelegenheitsverkehr“ betreiben, direkt betroffen sind – wie auch alle Mitgliedsunternehmen der weiteren, in der EACT (European Alliance for Coach Tourism / Www.eact.travel ) zusammengeschlossenen Verbände.

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1. Was ausländische Reisebusunternehmen als Personenkilometerbesteuerung“ bezeichnen, wurde im Nachkriegsdeutschland eingeführt, um finanzielle Mittel für den Wiederaufbau der Infrastruktur zu erlangen. Seitdem hat diese Besteuerung mehrere Wandlungen erlebt. Zuletzt hat das Bundesministerium der Finanzen zum 1. Januar 2014 im BStBl I (S. 220) die „Umsatzbesteuerung von grenzüberschreiten-

den Personenbeförderungen mit Omnibussen, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind“ geregelt und dabei den Steuersatz auf 0,84 Euro festgesetzt.

Dabei wird auf die EU-Richtlinie 2006/112/EG und deren Vorläufer 77/388/EWG Bezug genommen: „Personenbeförderungen unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland der Umsatzsteuer. Die Besteuerung dieser Leistungen ist europarechtlich durch die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – (bis 31. Dezember 2006: Sechste Richtlinie

77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern) vorgeschrieben.“ Unseres Erachtens kann aus den EU-Richtlinie keine zwingende Anleitung herausgelesen werden, dass im „Gelegenheitsverkehr“

die „Personenkilometerbesteuerung“ durchgeführt werden

muss. Schweden hatte als erstes Land von der Kommission die Bestätigung erhalten, diese Besteuerung nicht vornehmen zu müssen – ebenso wie die meisten anderen Länder diese bis heute nicht vornehmen.

Aus unserer Sicht handelt es sich um eine Kann-Regelung – es sind neben Deutschland ja nur fünf weitere Länder in der EU, die diese Besteuerung derzeit durchführen: Dänemark, Polen, Österreich, Tschechien und Kroatien.

Es ist unschwer zu erkennen, dass diese Länder dies allein als ́Vergeltung ́ gegen die deutsche Regelung eingeführt haben. Mit den Maßnahmen in diesen Ländern sind nun auch deutsche Reisebusse betroffen, die mit ihren Gruppen dorthin fahren. All dies führt zu einer

derart komplizierten Abwicklung von Reisebusfahrten in diese fünf Länder, dass mittlerweile die Beauftragung von fünf verschiedenen Steuerberatern erforderlich ist.

2. Auch wenn die Einnahmen aus dieser Besteuerung nicht direkt zu erkennen sind – es ist ein offenes Geheimnis, dass die Durchführung dieser Besteuerung den deutschen Steuerzahler mehr kostet als sie an Einnahmen erbringt. Ein Bundesland hatte 2012 die Beraterfirma PWC beauftragt, dieser Frage auf den Grund zu gehen – das Ergebnis dieses Gutachtens bestätigt die genannte Annahme. Wir hätten erwartet,

dass regelmäßige Überprüfungen der Kosten-Nutzen-Relation bei einzelnen Steuer- oder Besteuerungsarten erfolgen – und dass bei einem negativen Saldo die jeweilige Steuer auf den Prüfstand gestellt und dann abgeschafft wird. Es ist bemerkenswert, dass eine im Saldo die öffentlichen Haushalte belastende Besteuerung einfach immer weitergeführt wird.

3. In der formalen Abwicklung dieser Besteuerung tauchen seit und je erhebliche Probleme auf, unter denen die Busreiseunternehmen zu leiden haben. Ein englischsprachiges Formular steht erst seit 2014 zur Verfügung, eine web-basierte Prozedur fehlt weiterhin. Neben dem reinen Ausfüllen, das ausländischen Unternehmen regelmäßig Schwierigkeiten bereitet, ist es vor allem der Zwang, das Formular früh

einzureichen und das Kennzeichen des Busses anzugeben, was Probleme hervorruft.

Selbst wenn es möglich werden oder sein sollte, eine Liste mit den Kennzeichen aller Fahrzeuge des betreffenden Unternehmen einzureichen, bleibt die Problematik bestehen: Was geschieht, wenn etwa kurzfristig ein Fremdfahrzeug angemietet werden muss? In der Summe handelt es sich um unbotmäßige Beschränkungen der wirt-

schaftlichen Freiheit der Reisebusunternehmen. Selbst wenn die Prozeduren reibungslos verlaufen, ist der Aufwand für die ausländischen Reisebusveranstalter, die zumeist kleinere mittelständische Unternehmen sind und über keine Finanzabteilung verfügen, unnötig und ärgerlich hoch. Für externe Dienstleister müssen die Reisebusveranstalter mehr Mittel aufwenden, als sie die „Personenkilometerbesteuerung“ selbst kostet.

4. Dass in der Konsequenz das freie Reisen, das eigentlich als unantastbar gelten sollte, behindert wird, zeigen höchst unfreuliche Vorfälle: Vor allem in Norddeutschland sind unzählige Busse unserer Mitgliedsunternehmen Opfer von völlig überzogenen Aktionen von Polizei und Zoll geworden – die in Sachen „Personenkilometer-

besteuerung“ agierten. Bei kleinen Fehlern in den Formularen, bei Problemen in oder mit der Übermittlung der Angaben oder Daten an das Finanzamt Hamburg-Nord (was nicht selten dem deutschen Computersystem geschuldet war), wurden von den oft bewaffneten Polizisten und Zollbeamten ganze Reisebusse mitsamt aller Passagiere über Stunden an deutschen Autobahnen und Landstraßen festgesetzt.

Nicht selten wurden Sicherheitsleistungen verlangt: Schweden führen kaum Bargeld mit sich; wenn dann noch die Kreditkarten des Fahrers nicht von den deutschen Beamten akzeptiert wurden, wurde verlangt, dass Bargeld aus Schweden herangeschafft wurde. Wir brauchen nicht zu schildern, welche Eindrücke das bei den schwedischen Reisenden hervorgerufen und hinterlassen hat, die sich wie Kriminelle gefühlt haben. Vor allem in Südschweden haben Medien wiederholt über solche Vorfälle berichtet. Dass mit derartigem Vorgehen überdies jeder Zeitplan zunichte gemacht wird, dass gebuchte und bezahlte Veranstaltungen, Abendessen oder gar Übernachtungen in Deutschland nicht erreicht werden konnten, stellt eine direkte Schädigung der eisebusunternehmen, der Reisegruppen als auch der deutschen Tourismusbetriebe dar.

Im Herbst 2014 gelang es der IHK zu Lübeck, uns als „Verband Schwedischer Busreiseveranstalter“ mit vielen der beteiligten deutschen Akteure zusammenzubringen.

Unsere Berichte über die absolut unakzeptablen Vorfälle mit Reisebussen unserer Mitgliedsunternehmen wurden mit Erstaunen und Entsetzen zur Kenntnis genommen – immerhin ist es wohl den politisch Verantwortlichen zu verdanken, dass in der Folgezeit Polizei und Zoll etwas weniger rüde agierten. So hatten sich die Tourismusmanager in Lübeck und Travemünde schon lange besorgt gefragt, weshalb die Zahl

schwedischer Reisender anhaltend rückläufig war. Hier erfuhren sie den Grund.

5. Im Ergebnis hat diese Problematik (gemeinsam mit anderen) zu der befremdlichen Konstellation geführt, dass eine wachsende Zahl ausländischer Reisebusveranstalter ihre Gäste über Deutschland hinwegfliegen lässt und sie mit eigenen Reisebussen hinter den deutschen Grenzen aufnimmt – sei es in Brüssel oder Amsterdam, Basel

oder Bergamo. Dass damit deutschen Unternehmen der Tourismuswirtschaft nennenswerte Umsätze und dem deutschen Steuerzahler nennenswerte Steuereinnahmen entgehen, verstärkt den negativen Saldo der „Personenkilometerbesteuerung“ noch.

6. Aus unserer Sicht gibt es nur eine einzige sinnvolle Folgerung – die zügige und völlige Abschaffung dieser Besteuerung. In Schweden, Norwegen und Finnland verkehren deutsche Reisebusse, ohne in diesen Fragen je behelligt zu werden. Und es ist mehr als wahrscheinlich, dass, wenn Deutschland diese Besteuerung abschafft,auch die anderen fünf Länder folgen werden.

7. Im Jahr 2016 hatte die EU zu einer großen Tagung über Steuerfragen im Verkehrsbereich nach Ankara eingeladen. Sämtliche Steuerbehörden aus der EU sowie alle wichtigen Verbände aus Tourismus und Verkehr waren anwesend, so auch wir als „Verband Schwedischer Busreiseveranstalter“. Dort wurde ein gemeinsames Protokoll unterzeichnet, das für den so genannten „Gelegenheitsverkehr“ die Abschaffung oder Beendigung jeder administrativen Behinderung oder Einschränkung fordert – so auch die leidige Personenkilometerbesteuerung“. Der freie Reiseverkehr innerhalb

der EU ist ein viel zu hohes Gut, als dass er behindert oder gar beschädigt werden darf.

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Wir bitten Sie eindringlich, eine unvoreingenommene Prüfung der angesprochenen Sachverhalte und Gesichtspunkte vorzunehmen und sich unserem dringlichen Anliegen der Abschaffung der Personenkilometerbesteuerung“ anzuschließen. Für Rückfragen stehen unser Präsident, Herr Toni Schönfelder, sowie Herr Hartwig Bögeholz jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen / Best regards

Hartwig Bögeholz

Verband Schwedischer Busreiseveranstalter (SB)

Governmental Relations

Personal Mail:

hb@swedishbus.se

Tel. in Deutschland +49 (0) 170 3268509

Tel. in Schweden +46 (0) 70 2697402

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Der Verband Schwedischer Busreiseveranstalter ist eine gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, Busreiseindustrie und ihre vielen kleinen Unternehmen zu sichern und zu fördern.