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EMPIRA TRENDS

Editorial

Sehr geehrte Damen und Herren,

die weltweite Pandemie ist noch nicht ganz ausgestanden, da steht uns mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine eine neue geopolitische Herausforderung ins Haus, über deren Ausgang und Spätfolgen man bisher nur spekulieren kann. Zu allem Überfluss fallen nun auch chinesische Millionenstädte nebst ihren Produktionskapazitäten und Überseehäfen in den Corona-Lockdown zurück. Natürlich bewegt sich die Immobilienwirtschaft nicht im luftleeren Raum. Für die Branche und speziell für Projektentwickler bleibt die zweite große Krisensituation binnen kürzester Zeit nicht ohne Herausforderungen.

Das gilt derzeit vor allem für die Baukosten. Schon seit mehr als einem Jahr steigen vor allem die Materialkosten. Kapazitätsengpässe bei Handwerksbetrieben mit entsprechenden Preisverschiebungen sind ebenfalls kein neues Phänomen, steigende Personalkosten ebenso wenig. Doch seit ein paar Monaten sind die Kosten nahezu explodiert – und sorgen dafür, dass sich knapp kalkulierte Projektentwicklungen unter Umständen am Ende nicht mehr rechnen. Manche neuen Projektpläne werden derzeit aufgeschoben. Im Grundsatz sind diese Rahmenbedingungen für den Markt lediglich in ihrer Schwankungsbreite eine neue Herausforderung, da das Managender Baukosten schon immer zu einer Kernaufgabe eines professionellen Bau- und Construction-Managements gehört.

In diesem Investorenbrief möchten wir erläutern, wie wir bei der Empira Group mit dieser Situation umgehen und welche Auswirkungen das höhere Baukostenniveau auf unsere Projektentwicklungen haben dürfte. Eines sei vorab verraten: Uns und unseren Investoren muss die Kostenentwicklung derzeit keine schlaflosen Nächte bereiten.

Beste Grüße

Ihr Lahcen Knapp

Development 

Baukosten sind ein lösbares Problem

Die Baukosten sind derzeit mehr denn je der bestimmende Faktor darüber, ob sich eine geplante Projektentwicklung noch lohnt oder besser verschoben oder gar verworfen werden sollte. Dabei ist es nicht allein deren Höhe, die Marktteilnehmern – Projektentwicklern, Investoren, Finanzierern –derzeit Sorgen bereitet. Die starken und unvorhersehbaren Schwankungen sorgen ebenfalls für Unsicherheit, Unplanbarkeit, Unkalkulierbarkeit.
Der Baupreisindex für Wohngebäude des Statistischen Bundesamts ist zwischen dem dritten Quartal 2020 von 115,1 Punkten auf 138,1 Punkte im ersten Quartal 2022 gestiegen. Basisjahr (=100)war 2015. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Baupreise im Februar um 14,3 Prozent – und damit annähernd dreimal so stark wie die ohnehin sehr hohe allgemeine Inflationsrate. Doch dies ist nur ein stark verwässerter Durchschnittswert, im Detail fallen die Preissteigerungen vor allem für Baumaterial teils grotesk aus: Die Preise für manche Arten an Bauholz stiegen im vergangenen Jahr um bis zu 77 Prozent! Betonstahlstäbe verteuerten sich 2021 um 53 Prozent.
In diesem Jahr ist zu erwarten, dass sich neben den Baumaterialien und im Zuge der allgemeinen Inflationsraten sowie der anhaltenden Personalknappheit auch die Lohnkosten auf den Baustellendeutlich verteuern werden. Die steigenden Energiepreise führen zudem zu starken Verteuerungen bei der energieintensiven Zementproduktion. Hinzu kommen Lieferengpässe: An mancher Baustelle ist man schon froh, überhaupt beliefert werden zu können.


Hedging von Materialkosten

Es gibt jedoch verschiedene Ansätze, um dieser Herausforderung Herr zu werden. Hohe Preisvolatilität beispielsweise ist nur bedingt ein neues Phänomen. Vor allem Stahl ist seit jeher ein sehr preisvolatiles Material, für alle Branchen. Darauf hat sich die Wirtschaft in ihrer Breiteeingestellt, etwa mit langfristigen Lieferverträgen zu festen Konditionen, Warentermingeschäften oder – speziell am Bau – Preisgleitklauseln in den Lieferverträgen, die Schwankungen in einer gewissen Bandbreite tolerieren und für größere Abweichungen vertraglich festlegen, wie diese zwischen allen Beteiligten aufgeteilt werden. Es handelt sich de facto um nichts anderes als Hedging-Maßnahmen. Auch beim Zement bzw. Beton ist man gewisse Preisschwankungen gewohnt.
Relativ neu ist diese volatile Preissituation nun auch für Baumaterialien wie Holz oder Dämmmaterial. Als Reaktion darauf ist nun seit bereits mehr als einem Jahr zu beobachten, dass auch hierbei zunehmend Preisgleitklauseln nach dem Vorbild des Stahls ausgehandelt werden. Somit lassen sich Preisspitzen und starke Schwankungen teilweise auffangen beziehungsweise auf mehrere Schultern verteilen. Strukturell höhere Preisniveaus jedoch werden sich zwar mit Verzögerung, aber dennoch früher oder später bei den Projektentwicklern und somit auch bei den Investoren ankommen.

Auswirkungen für "Develop and Hold"

Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung für den Investment-Ansatz „Develop and Hold“ der Empira Group? Ist die Projektentwicklung auf eigene Kosten und eigenes Risiko zum späteren Bestand unter diesen Umständen noch die Strategie der Wahl?
Unbedingt, denn gerade jetzt zeigt sich, dass „Develop and Hold“ im Wohnsegment nach wie vor alternativlos ist. Die Renditen beim Bestandsankauf sind immer noch sehr niedrig, und inflationsbereinigt so tief negativ wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten. Und wer wiederum die Entwicklung neuer Projekte aus den Händen gibt und vollständig auslagert, verliert darüber die Kontrolle und muss schlimmstenfalls mit Verzögerungen, Ausfällen, Qualitätseinbußen, unerwarteten Kostensteigerungen bis hin zu Insolvenzen rechnen.
„Develop & Hold“ in Eigenregie hingegen bedeutet bereits frühzeitig in den Prozess integriert zu werden, diesen dadurch aktiv u.a. mit Kostenkontrolle mit beeinflussen zu können und – dank der genannten Maßnahmen – Sicherheit vor unerwarteten Preisspitzen auf der Baustelle. Langfristige Preisentwicklungen wiederum werden kalkulier- und somit beherrschbar. Über kurz oder langmüssen die künftigen Erträge dies natürlich widerspiegeln, was für den anschließenden langfristigen Bestandshalter ebenfalls kalkulierbar sein sollte.
Voraussetzung, um all dies zu gewährleisten, ist allerdings ein hohes Maß und Kompetenz über alle Stufen des Investments hinweg - vom Grundstückskauf, über die Projektentwicklung bis zum betreibenden Assetmanagement - sowie ein gutes und belastbares Netzwerk an zuverlässigen Baupartnern. Entscheidend ist, dass alle Projektteilnehmer – vom Bauherren bis zum Handwerker vor Ort – partnerschaftlich und in dem Bewusstsein handeln, gemeinsam in einem Boot zu sitzen.

Experten

Leo von Berger
Director Development Strategies and ESG, Empira Group

Leo von Berger ist unter anderem für die Projektentwicklung von Wohnimmobilien bei der Empira Group zuständig und damit speziell für den Erfolg der Strategie „Develop and Hold“ mitverantwortlich. Dazu gehört auch der strategische Umgang mit den steigenden Baukosten für laufende sowie geplante weitere Projektentwicklungen.

Herr von Berger, wie groß sind die Auswirkungen durch die Baukostensteigerungen für die laufenden Projekte der Empira Group?

Eigentlich sehr überschaubar. Wir haben uns die Bauleistungen in der Regel schon frühzeitig zu fest vereinbarten Konditionen gesichert, somit sind wir zunächst einmal nicht direkt betroffen. Auch Lieferverträge wurden zumeist fest vereinbart. Natürlich gibt es hier und da kleinere Engpässe, die aber lösbar sind. Und wir sind natürlich mit den Bauunternehmen vor Ort im steten Austausch dazu, denn wir wollen mit unseren Partnern ja langfristig und partnerschaftlich zusammenarbeiten. Aber insgesamt verlaufen alle unsere laufenden Projekte planmäßig, sowohl was die Kosten betrifft als auch die Zeitpläne.

Ändert die Situation bei den Baukosten in irgendeiner Weise Ihren Investment-Ansatz „Develop &Hold“? Sei es, dass die Strategie angepasst wird, oder dass es zumindest Veränderungen bei der Projektauswahl gibt?

Grundsätzlich sehen wir uns sogar bestätigt: Wir haben immer gesagt, möglichst viel Projektentwickler-Kompetenz in den eigenen Reihen aufzubauen und zugleich ein belastbares Netzwerk aus kompetenten und zuverlässigen Partnern aufzubauen. Davon profitieren wir jetzt, ebenso wie von unserem Ansatz, langfristige Verträge abzuschließen, um vor „bösen Überraschungen“ gefeit zu sein. Gleichzeitig werden wir darauf achten, die Preisvolatilität bei den Baumaterialien noch besser abzusichern als bisher.

Sofern sich die Preissteigerungen als strukturell und dauerhaft erweisen, müssen und werden wir diese selbstverständlich in zukünftige Projektplanungen einpreisen. Das stellt keine Strategieabkehr dar, im Gegenteil: Wir haben – wie jeder seriöse Projektentwickler – immer schon jedes Projekt genau und mit ausreichendem Puffer durchgerechnet. Das behalten wir selbstverständlich bei, gerade dann, wenn sich einzelne Preisfaktoren ändern. Das erwarten nicht nur die Investoren von uns, sondern auch die Finanzierungspartner.

Was bedeutet das veränderte Preisgefüge für ihre beiden aktuellen Empira-Wohnfonds, den „Empira Residential Invest 2“ (ERI 2) und den „Empira Residential Invest US“ (ERI US)? Gibt es überhaupt noch genügend Projektentwicklungen, die sich vor diesem Hintergrund rechnen?

Ja, die gibt es. Fangen wir beim ERI 2 an, der in der DACH-Region, hauptsächlich in Deutschland, investiert. Die Nachfrage nach Wohnraum in den größeren Städten ist ungebrochen, Neubauwohnungen sind gefragt wie nie. Sind die Baukosten verlässlich kalkuliert und stimmen die Rahmenbedingungen, können sich Projektentwicklungen noch immer rechnen, zumal wir ja eine langfristige Bestandshaltung anstreben. Allerdings sind zugleich auch Politik und Verwaltung gefragt, der Wohnungswirtschaft keine zusätzlichen Steine mehr in den Weg zu legen. Die Bundesregierung hat sich selbst ein ambitioniertes Ziel gegeben, was den Neubau betrifft.
Zum ERI US: Sie haben vollkommen recht, die Baukostensteigerungen sind in durchaus vergleichbarer Weise auch in den USA angekommen. Aber mehr noch als im DACH-Raum gibt es für langfristige Bestandshalter ausreichend Puffer, da die Ankaufsrenditen (Cap-Rates) in der Regeldeutlich höher sind. Je nach Standort ist die Nachfrage nach neuem Wohnraum noch deutlichhöher als in Deutschland. Und zu guter Letzt können sich die USA dank heimischer Ressourcenschneller unabhängig machen von Materiallieferungen zu Weltmarktkonditionen – dies könnte sich mit der Zeit zu einem echten Vorteil ausweiten. Auch hierbei kommt es allerdings auf die verlässlichen und kompetenten Partner vor Ort an.

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