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Datenschutz im Internet: Kommt der Aufschrei doch noch?

Aus dem Netz gefischt: Der Rüsselfisch surft im Internet – und wird entdeckt
Fast jeder ist ständig online und hinterlässt beim Surfen durchs Netz jede Menge Daten: Personendaten, Kaufdaten, Gesundheitsdaten, Suchanfragen.
„Aber wer speichert eigentlich welche Daten? Und warum?“ Das fragen sich Kunden und User und deshalb auch der Rüsselfisch von NIMIRUM. „Zum besseren Dienst am Kunden, lautet die Antwort von Facebook, Twitter und What‘sApp, von Google und Bing und eBay und amazon.
„Wollen die Kunden das?“ Die haben meist keine Möglichkeit, die Verwendung ihrer persönlichen Daten zu beeinflussen, und sind gezwungen, Personenbezogenes im großen Stil preiszugeben. Die Online-Dienste schlagen einen einfachen Tausch vor: Daten gegen Leistung. So einfach, so praktisch.

Der Rüsselfisch hat sich mit Datenschutz und Datensicherheit nun genauer befasst, denn die Lage ist unsicherer, als sie scheint.

Aktuelle Situation: Der große Schlummer
Datenschutz ist irgendwie ein aktuelles Thema. Die großen Online-Dienstleister gerieten in Verruf, weil sie Daten von Privatpersonen nach Meinung mancher nicht ausreichend schützen. Google und Facebook speichern Unmengen an Daten und werten diese aus.
Nicht jeder, der sich über bunte Analysen freut, fragt auch, ob die ausgewerteten Daten rechtmäßig erworben wurden. Datenschutz-Gesetze werden nur noch sporadisch angewandt.Das Glück für die Dienstleister: Der größte Teil der Bevölkerung scheint sich gegenwärtig um seine Daten wenig Sorgen zu machen. Die Bundeskanzlerin hängt das Thema nicht an die große Glocke, weil die Aufregung über die Enthüllungen des Geheimdienst-Aussteigers Edward Snowden sich in Grenzen hält. Bund und Landesregierungen halten sich mit klaren Statements zurück. Selbst die Datenschutzbeauftrage der Bundesregierung, die CDU-Politikerin Andrea Voßhoff, bleibt in der Debatte über Datensicherheit unsichtbar. Sie wäre qua Mandat verpflichtet, sich initiativ mit den Problemstellungen der Datennutzung auseinander zu setzen, Lösungsvorschläge zu machen und zu kommunizieren. Grundlegende und praktische Fragen an der Schnittstelle von Technologie, Recht und Gesellschaft werden von der Bundesregierung kaum gestellt.

Risiken: Wo sind die Datenschutz-Schläfer?
Zwei Entwicklungen im Bereich des Datenschutzes sind denkbar. Jeweils unterschiedliche Gruppen wären die Triebkräfte.

1.) Das Minority-Report-Szenario
Wenn Daten auf immer undurchsichtigeren Wegen dazu verwandt werden, Menschen das anzubieten, was sie wollen („Das könnte sie auch interessieren“), werden diesen selben Menschen gleichzeitig auch bestimmte Entscheidungsmöglichkeiten genommen (die sie vermeintlich nicht interessieren). Auf der Ebene von DVDs oder Unterwäsche ist das nicht so schlimm, aber wenn es um Krankenversicherungen oder Kredite geht, dann geht es ans Eingemachte. Konsumenten können immer schwerer durchschauen, welche Wahlmöglichkeiten ihnen schon genommen wurden, weil sie immer schwerer durchschauen, auf welcher Basis ihnen bestimmte Wahlmöglichkeiten gegeben werden. Mit anderen Worten: Wer wählen darf, für den hat schon jemand entschieden. Wo diese algorithmischen Entscheidungen Fragen von Leben und Tod betreffen, kann der große mediale Aufreger doch noch kommen.
2.) Das Recht-und-Ordnung-Szenario
Bisher ist vor allem im Bundesdatenschutzgesetz die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten geregelt. Das „Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt“ besagt: Jede Verwendung personenbezogener Daten ist ein Eingriff in die Grundfreiheiten der betroffenen Person und erst dann erlaubt, wenn es eine andere, explizite Rechtsgrundlage dafür gibt oder die betroffene Person eine wirksame Einwilligung gibt. Diese Einwilligung ist oft in AGB aufgeführt. Realistisch ist diese Regelung nicht mehr. Kein Mensch kann all die AGB lesen. Angemessen ist die Regelung auch deshalb kaum noch, weil sie den grenzüberschreitenden Charakter des Internets und der dort tätigen Akteure nicht ausreichend berücksichtigt.

2012 gab der Innenausschuss des EU-Parlaments deshalb einen Datenschutz-Grundverordnungs-Entwurf – der Startschuss zur ersten umfassenden Reform der europäischen Datenschutzbestimmungen seit 1985. Das EU-Parlament, der Ministerrat der EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission konnten sich noch nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen. Im Oktober 2014 veröffentlichte der Vorsitz des Europäischen Rates einen weiteren Vorschlag für eine Verordnung zum Datenschutz.

Das bedeutet: Der europäische Gesetzgeber ist der Meinung, dass die gegenwärtige Praxis im Internet Grundrechte der Bürger gefährdet und dass die Rechtsorgane nicht in der Lage sind, diese Grundrechtsverletzungen zu ahnden. Solange diese Grundrechte aber verfassungsmäßig verbrieft sind, ist es wahrscheinlich, dass Rechtspfleger neue Anläufe zu ihrem Schutz unternehmen. Klingt selbstverständlich? Sollte man meinen. Erstaunlich ist, dass das so lange dauert. Zu vermeiden ist es nicht.

Datenschutzbestimmungen der EU – was soll sich ändern?
  • Explizite Einwilligung: die Verarbeitung persönlicher Daten ohne Einwilligung der Person ist für Unternehmen nur eingeschränkt möglich, eine weitere Nutzung bedarf der expliziten Einwilligung der betroffenen Person;
  • Höhere Sanktionen: Bei Verstößen sind bis zu 5% des Jahresumsatzes des Unternehmens oder bis zu 100 Millionen Euro Strafe fällig;
  • Privacy by Design: Unternehmen sind verpflichtet, Dienste so datensparsam wie möglich zu gestalten und eine Anonymisierung und Pseudonymisierung möglich zu machen;
  • Stärkere interne Kontrolle: Sobald Daten von mehr als 5000 Personen verarbeitet werden, muss jedes Unternehmen in der EU einen Datenschutzbeauftragten berufen;
  • Schärfere Aufsicht: es soll ein eigenes EU-Aufsichtsgremium zum Schutz und zur Überwachung des europäischen Datenschutzrechts geben.

Der Rüsselfisch meint:
Die Forderung nach mehr Transparenz bei der Datennutzung
hat mit Rechtssicherheit für Privatpersonen und Unternehmen zu tun. Die Gesetzgeber auf nationaler und europäischer Ebene sind offenbar dabei, rechtsfreie Räume zu schließen und Datenschutzrichtlinien zu schaffen, die auf internationaler Ebene rechtswirksam sind. Für Unternehmen ist die Frage nach Datenmissbrauch und Datenspionage eng mit unternehmerischer Verantwortung und Eigeninitiative verbunden.

Wenn Sie über den Stand der Debatte zum Datenschutz und weiteren Zukunftsthemen mehr wissen wollen, schreiben Sie uns. Der Wissensdienstleister NIMIRUM erarbeitet für Sie umfangreiche Recherchen über Trends, Märkte und Zielgruppen. Dazu nutzt NIMIRUM sein Expertennetzwerk von über 350 Wissenschaftlern weltweit. Anja Mutschler, Inhaberin von NIMIRUM, steht Ihnen gern zur Verfügung. Sie erreichen sie unter 0341 / 580 680 73 oder per Mail an frage@nimirum.info.

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