Pressemitteilung -

Landgericht Hamburg verurteilt Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG - Anlegerin kann Beteiligung an geschlossenem Offshore - Fonds rückabwickeln

Das Landgericht Hamburg hat die Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG auf Schadensersatz und damit zur Rückabwicklung der Beteiligungen der Klägerin an der NORDCAPITAL Offshore 2 GmbH & Co. KG sowie auf Zahlung des entgangenen Gewinns und der Freistellung von wirtschaftlichen Nachteilen, auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und der Rückübertragungskosten verurteilt (Urteil vom 17.12.2020, Az. 309 O 7/19). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

„Das Urteil stärkt die Interessen der Kapitalanleger insbesondere auf eine genaue Aufklärung über Risiken. Es zeigt darüber hinaus, dass es bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen kein Nachteil sein muss, wenn der Anlagerberater nicht als Zeuge zur Verfügung steht.“, sagt Ioannis Gavanidis, Rechtsanwalt der auf das Anleger- und Verbraucherrecht spezialisierten Esslinger Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann.

Der Sachverhalt zum Fall

Der Ehegatte der Klägerin war an einen Anlageberater mit dem Wunsch herangetreten, Anlagen zu erwerben, die sich zu einer sicheren Altersvorsorge und zum Vermögensaufbau eignen sollten. Erfahrungen mit geschlossenen Fonds hatten die Klägerin und ihr Ehegatte nicht. Der Anlageberater hat im Rahmen der Anlageberatung die mit der Beteiligung an der NORDCAPITAL Offshore 2 GmbH & Co. KG verbundenen Risiken heruntergespielt und verharmlost, indem er ein Bild gezeichnet hat, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertete und die Risiken für die Entscheidungsbildung der Klägerin und ihres Ehegatten minderten. Der Berater händigte der Klägerin und ihrem Ehemann nicht den Emissionsprospekt aus, sondern lediglich einen kurzen Produkt- bzw. Werbeflyer. Die Klägerin und ihr Ehegatte haben dann aufgrund der Beratung und Empfehlung durch den Anlageberater je eine Beteiligung an der NORDCAPITAL Offshore 2 GmbH & Co. KG erworben. Eine objektgerecht Beratung hat nicht dabei nicht stattgefunden.

Der Ehegatte hat vor Klageerhebung seine aus der Beteiligung an der NORDCAPITAL Offshore 2 GmbH & Co. KG resultierenden Forderungen, Rechte sowie Schadensersatzansprüche mit Abtretungsvertrag an die Klägerin abgetreten. Daher wurde er als Zeuge im Rahmen der mündlichen Verhandlung vernommen. Der Anlageberater war vor Klageerhebung verstorben und stand daher nicht mehr als Zeuge zur Verfügung.

Die Entscheidung des Gerichts

Die 9. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg sprach in ihrem Urteil unter anderem der Klägerin die Primärforderung zu. Das Gericht stellte in seinen Entscheidungsgründen fest, dass die Beratungspflichtverletzung des Beraters aus dem bestehenden Anlageberatungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Anlageberater der Beklagten, der Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG zugerechnet wird. Denn die beklagte Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG ist Gründungsgesellschafterin des Offshore – Fonds. Das Gericht führt dazu aus: „Ein Gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressen überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben. Er muss sich das Fehlverhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen.“

Nach der Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass der Klägerin und ihrem Ehegatten kein zutreffendes Bild von den mit der Beteiligung verbundenen Risiken vermittelt wurde. Vielmehr wurden die bestehenden Risiken der Beteiligung an der Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG vom Anlageberater heruntergespielt und verharmlost. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge, der Ehegatte der Klägerin, im Rahmen der Beweisaufnahme glaubhaft ausgeführt, dass das Beratungsgespräch so verlief, dass sie beide positiv angesprochen sein sollten. Auf Nachfrage zu einem möglichen Totalverlustrisiko hat der Anlagerater geäußert, dass mit so etwas nicht zu rechnen sei, weil die Nordcapital sehr gut dastünde. Man könne aber immer alles verlieren. Es könnten auch Banken Bankrott gehen. Damit hat der Anlageberater seine Aussage letztlich sofort wieder relativiert. Der Anlagerberater hat die Klägerin und ihren Ehegatte daher nicht objektgerechten beraten.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Klägerin und ihrem Ehegatten der Emissionsprospekt nicht übergeben, sondern lediglich ein Werbeflyer überreicht wurde. Der Hinweis auf dem Werbeflyer, dass es sich nur um eine Vorabinformation handelt und der veröffentliche Verkaufsprospekt sowohl bei der Beklagten als auch als Download unter www.nordcapital.com bereitgehalten werde, genügt den Aufklärungspflichten nicht. Für die Aufklärung eines Anlegers reicht ein solcher Hinweis nicht aus.

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin und ihr Ehegatte im Zeitpunkt der Zeichnung – bei Eintritt ins Rentenalter - nicht bereit waren, unternehmerische Risiken einzugehen und auch davon ausgingen, dass die Beteiligung am NORDCAPITAL Offshore 2 GmbH & Co. KG ein solches Risiko tatsächlich nicht birgt. Obschon die Klägerin und ihr Ehegatte zuvor risikoreiche Anlagen gezeichnet hatten und der Ehegatte aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit über ein entsprechendes wirtschaftliches Verständnis verfügte.

Fazit

Das Landgericht Hamburg spricht sich ein weiteres Mal dafür aus, dass es kein Freibrief für den Anlageberater darstellt, wenn der Emissionsprospekt die Risiken zwar hinreichend verdeutlicht, er aber diese im Rahmen seiner Beratung abweichend hiervon darstellt und damit aktiv in den Entscheidungsbildungsprozess eines Anlegers derart eingreift, dass dieser von einer falschen Entscheidungsgrundlage ausgeht.

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