Pressemitteilung -

Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds: Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG zum Schadenersatz verurteilt

Das Landgericht Hamburg hat die Nordcapital Emissionshaus GmbH & Cie. KG als Prospektverantwortliche, also als Herausgeberin des Prospektes, zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 12.850,00 € nebst Zinsen aufgrund eines Prospektfehlers verurteilt (Urteil vom 15.02.2021, Az. 322 O 191/20). Das Landgericht stellte weiter fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen weiteren wirtschaftlichen Nachteilen aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Nordcapital Schiffsportfolio 6 GmbH & Co. KG, insbesondere von der Pflicht zur Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen, freizustellen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

„Der festgestellte Prospektfehler betrifft nicht nur den Fonds Schiffsportfolio 6, sondern auch andere geschlossene Fonds des Emissionshauses Nordcapital wie beispielswiese die Fonds Schiffsportfolio VK 1 und Schiffsportfolio 8. Denn in den Prospekten zu anderen Nordcapital-Fonds finden sich vergleichbare Regelungen. Somit können tausende betroffene Anleger nun ihre Möglichkeit auf Rückabwicklung der Beteiligung prüfen lassen.“, sagt Christopher Kress, Partner der Esslinger Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, die das Urteil für ihren Mandaten erstritten hat.

Der Sachverhalt zum Fall

Der Kläger zeichnete am 31.5.2010 einen Anteil in Höhe von € 15.000,00 an der Nordcapital Schiffsportfolio 6 GmbH & Co. KG. Der Beteiligung lag der Prospekt zugrunde. Der Kläger machte gerichtlich geltend, dass der Prospekt nicht hinreichend über die Kapitalanlage aufkläre. Insbesondere betreffe dies einen Kapitalverlust der Anleger in Höhe von 9,1% durch Umbuchung von Kapitalanteilen auf die Gründungsgesellschaft im Zuge des Beitritts. Hierfür habe die Beklagte als Gründungskommanditistin einzustehen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Hamburg ist zur Überzeugung gelangt, dass der Prospekt nicht hinreichend über den Kapitalverlust an die Gründungsgesellschafter aufklärt. Zur näheren Begründung wird auf die Entscheidung in der Sache 322 O 124/20 verwiesen.

„Dem Anleger muss für seine Entscheidung hinsichtlich eines Beitritts zur Gesellschaft ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, er muss also über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung wesentlich sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden, insbesondere durch den Prospekt (BGH, Urteil vom 23.04.2012, II ZR 211/09).“

Nach Ansicht des Gerichts wird die Verschleierung des Kapitalverlustes der Klagepartei an die Gründungsgesellschafter zu Recht beanstandet. Laut Gesellschaftsvertrag zahlen die Gründungsgesellschafter anders als die Anleger nicht in die Rücklagen ein (Kapitalkonto lb), partizipieren aber dennoch mit ihrer aus Kapitalkonto la berechneten Quote an den Ausschüttungen des Kapitals aus den Rücklagen. Dies führt dazu, dass die Anleger rund 9 % ihres Kapitals an die Gründungsgesellschafter verlieren. Da sich diese Konsequenz allein aus dem Lesen des Gesellschaftsvertrags nur schwer erschließen lässt und nicht von jedem Anleger leicht nachzuvollziehen war, hätte der Prospekt hierüber aufzuklären müssen. Dies wurde im Prospekt auch versucht, jedoch an der falschen Stelle. Im Prospekt wird auf Seite 56 folgender Hinweis erteilt:

“Im Ergebnis erhalten die Gründungsgesellschafter bei einer Kapitalbeteiligung von 2,5 % rund 11,4 % der Ergebnisse und der Auszahlungen“, und zu den Auszahlungen gehören auch solche aus dem Kapital.

Diese Regelung ist überraschend, da sie unter der Überschrift „abweichende Ergebnisverteilung“ steht und eine Kapitalauszahlung keine Ergebnisverteilung ist.

Das Gericht geht weiter davon aus, dass der Überraschungseffekt nicht durch die Pflicht des Anlegers entfällt, den Prospekt sorgfältig und eingehend zu lesen. Diese Pflicht erlaubt es den Prospektverantwortlichen nicht, überraschende Klauseln in einen Prospekt aufzunehmen. Die Pflicht des Anlegers ist nicht darauf gerichtet, Fehler des Prospekts durch eine nach Lesen des Prospekts vorzunehmende Neusortierung auszugleichen. Ein Anleger, dem eine bestimmte Rubrik unwichtig ist und der diese deshalb nicht liest, muss nicht damit rechnen, dass in dieser Rubrik auch überraschende Klauseln erhalten sind, die dort nichts zu suchen haben. Wenn aber der Prospekt eine bestimmte Informationsgruppe durch eine Überschrift tatsächlich grafisch hervorhebt, dann muss diese Überschrift auch mit dem Inhalt der Informationsgruppe übereinstimmen.

Weiter sei es unerheblich, ob die Klagepartei überhaupt einen Anspruch auf (vorzeitige) Auszahlung von Kapital hatte. Zu behandeln war nicht die Frage, ob oder wann ausgezahlt wird. Vielmehr geht es um die Frage, wie die Gesellschafter im Verhältnis zueinander behandelt werden, wenn ausgezahlt wird. Maßgeblich fällt ins Gewicht, dass die Beklagte für die Aufklärung über die Kapitalverschiebung nur eine verschleiernde Formulierung, insbesondere in den Überschriften der Prospektabschnitte, gewählt hat. Es wird nicht deutlich, dass die Verschiebung zugunsten der Gründungsgesellschafter und zu Lasten der Anleger auch die Kapitalsubstanz betrifft. Das gilt auch, wenn man von einem Anleger erwartet, dass er sich sorgfältig mit dem Prospekt befasst. Denn auch ein sorgfältiger Anleger kann erwarten, dass der Prospekt sachgerecht gegliedert ist und Inhalte mit nicht verschleiernden Überschriften versehen sind. Denn nur dann kann er sich mit vertretbarem Zeitaufwand über die Kapitalanlage informieren und sich insbesondere mit den Eigenschaften der Anlage befassen, die ihm für die Anlageentscheidung wesentlich erscheinen.

Fazit zum Urteil

Das vorliegende Urteil zeigt, dass für eine geltend gemachte Schadensersatzklage angeführte Prospektfehler zu einer Verurteilung führen können. Das gilt unabhängig von einer etwaigen Beratungssituation. Auch für die Fälle, in welchen es zum Beispiel keine Beratung gab, kann es aufgrund eines fehlerhaften Prospektes zu einer Verurteilung zu Gunsten des Anlegers kommen. 

Wir empfehlen betroffenen Anlegern rasch zu handeln, da Schadensersatzansprüche nur bis zum Eintritt der Verjährung durchgesetzt werden können. Die absolute Verjährung tritt für alle Gesellschafter genau 10 Jahre nach Beitritt des Anlegers zum Fonds ein.

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