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Mehrheit der Menschen mit Behinderung wurde in den letzten Jahren diskriminiert / Bildcredits: Simin Kianmehr

Pressemitteilung -

Aktion Mensch-Umfrage: Mehrheit der Menschen mit Behinderung wurde in den letzten Jahren diskriminiert

  • Nach Diskriminierungserfahrung: Mehr als ein Drittel der Menschen mit Behinderung plagen Selbstzweifel, fast jede*r Vierte begibt sich in soziale Isolation
  • 77 Prozent sind sich sicher: In Deutschland wird nicht genug gegen Diskriminierung getan – Bildung und härtere Strafen als Lösungsansätze
  • Aktion Mensch appelliert: Diskriminierungsfreies Miteinander ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Bonn (13. August 2025) Sechs von zehn Menschen mit Behinderung wurden in den letzten fünf Jahren in unterschiedlichen Alltagssituationen diskriminiert – am häufigsten im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz oder im Gesundheitssystem. Für mehr als ein Viertel von ihnen ist Diskriminierung sogar ein ständiges Problem. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt eine aktuelle bundesweite Online-Umfrage, die die Sozialorganisation Aktion Mensch heute veröffentlicht hat.

Die Befragungsergebnisse zeigen weitreichende Folgen für die Betroffenen auf: Knapp die Hälfte aller, die in den letzten Jahren mit Diskriminierung konfrontiert waren, hat im Anschluss ähnliche Situationen vermieden, um einer erneuten Benachteiligung zu entgehen. 27 Prozent der Befragten haben als Konsequenz zudem nur noch Orte aufgesucht, an denen sie nicht diskriminiert werden. Auch das Selbstbewusstsein und der Selbstwert leiden unter der Herabwürdigung: Über ein Drittel gibt an, nach ihrer Diskriminierungserfahrung gedacht zu haben, nicht gut genug zu sein und jeweils fast ein Viertel zog sich sozial zurück oder gab sich selbst die Schuld – ein Beweis für die tiefgreifenden psychologischen Auswirkungen, die Diskriminierung haben kann.

Diskriminierung über alle Lebensbereiche hinweg

Am häufigsten haben die befragten Menschen mit Behinderung Diskriminierung demnach in der Öffentlichkeit (29 Prozent) erlebt, am Arbeitsplatz (24 Prozent) oder im Gesundheitssystem (23 Prozent). Ihre Erfahrungen – in durchweg allen Lebensbereichen negativer als die der Allgemeinbevölkerung – reichen von unfairer Behandlung und schlechteren Chancen über diskriminierende Sprache bis hin zu fehlender Barrierefreiheit, die ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe im Alltag verwehren. Jede*r Zehnte verweist zudem auf negative Erfahrungen im Internet; meistgenannt hier: beleidigende oder herabwürdigende Nachrichten.

Gefühl der Ohnmacht und Informationsdefizit

Besonders erschreckend ist, dass 41 Prozent der Befragten nicht wissen, wie sie sich gegen Diskriminierung wehren können. Viele von ihnen wurden im Anschluss an ihre Ungleichbehandlung daher nicht tätig – zum einen, weil sie glauben, dass es nichts nützt, zum anderen aber auch aus Angst, noch mehr Probleme zu bekommen oder weil ihnen nicht klar ist, an wen sie sich wenden können.

Dazu passt, dass bereits bestehende unterstützende Maßnahmen nicht ausreichend bekannt sind. So kennt rund ein Drittel der Befragten weder das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz noch die Antidiskriminierungs- oder Ombudsstellen und etwa die Hälfte hat noch nie von Meldestellen gegen Diskriminierung gehört. Als Lösungsansätze erachtet die Mehrheit der befragten Menschen mit Behinderung Bildungsinitiativen gegen Diskriminierung (57 Prozent), den Abbau von Barrieren (52 Prozent) sowie härtere Strafen und eine bessere Anwendung von entsprechenden Gesetzen (50 Prozent).

„Die Ergebnisse unserer Befragung sind besorgniserregend. Sie zeigen, dass Diskriminierung für Menschen mit Behinderung Teil des Alltags ist – und das auf persönlicher wie auch auf struktureller Ebene. Wollen wir so als Gesellschaft zusammenleben? Als Aktion Mensch lautet unsere entschiedene Antwort: Nein. Für ein gleichberechtigtes und diskriminierungsfreies Miteinander sind alle gefragt: Staat, Gesellschaft und jede*r Einzelne“, kommentiert Christina Marx, Sprecherin der Sozialorganisation.

Zusatzinformationen und Interviewangebot

  • Für die Umfrage zum Thema Diskriminierung hat die Aktion Mensch gemeinsam mit dem
    Sozialforschungsinstitut Ipsos in der Zeit vom 16. Juni bis zum 2. Juli 2025 bundesweit 636
    Menschen mit Beeinträchtigung ab 16 Jahren online befragt. Beteiligt haben sich die Mitglieder der sogenannten Teilhabe-Community, dem ersten Umfrage-Panel im deutschsprachigen Raum, das ausschließlich aus Menschen mit Beeinträchtigung besteht. Im gleichen Zeitraum wurde zusätzlich eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe Deutschlands (300 Personen) befragt. Weitere Informationen zur Teilhabe-Community: www.aktion-mensch.de/teilhabe-community.
  • In unserem Familienratgeber unter www.familienratgeber.de/lebensbereiche/selbstbestimmt-leben/diskriminierung finden Sie weiterführende Informationen rund um das Thema Diskriminierung.
  • Bildmaterial steht in unserem Pressezentrum unter www.aktion-mensch.de/presse zum Download zur Verfügung.
  • Gerne vermitteln wir Ihnen ein Interview mit Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.

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Über die Aktion Mensch

Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das selbstverständliche Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte. Möglich machen dies rund vier Millionen Lotterieteilnehmer*innen. Zu den Mitgliedern gehören: ZDF, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Seit Anfang 2014 ist Rudi Cerne ehrenamtlicher Botschafter der Aktion Mensch www.aktion-mensch.de

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