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#wirsindwilly – Blitzanalyse zur Hashtag-Kampagne der SPD auf Twitter

Hashtag-Kampagne der SPD auf Twitter

Im Wahlkampf zur Landtagswahl in Brandenburg wirbt die AfD mit dem Konterfei sowie mit Zitaten von Willy Brandt. Die SPD sieht diese Vereinnahmung als politische Provokation und möchte durch eine Hashtag-Kampagne in Sozialen Online-Netzwerken dagegenhalten. Wir analysieren die Entwicklung der Kampagne in den 72 Stunden seit ihrem Beginn:

Ab dem Mittag des 12.08. haben in einer vermutlich abgestimmten Aktion etliche prominente SPD-Politikerinnen und -Politiker, darunter Ralf Stegner, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel sowie mehrere SPD-Landesverbände auf Twitter Statements mit dem Hashtag #wirsindwilly veröffentlicht. Sie haben damit für eine hohe Reichweite und ein hohes Engagement zu den Tweets gesorgt. Die Hashtag-Kampagne hatte begonnen. In der Folge bekannten sich mehr und mehr Twitter-User mit #wirsindwilly zur SPD und stellten sich der AfD-Instrumentalisierung entgegen. Insgesamt wurden am 12.08. 2.400 Tweets mit dem Hashtag abgesetzt.




Begriffe wie Freiheitskämpfer, Frieden und Versöhnung, die im Zusammenhang mit #wirsindwilly genannt wurden, zeigten die Abgrenzung zur AfD. Das Influencer-Netzwerk zum Hashtag war von bekannten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sowie von Online-Medien geprägt.

Die SPD hatte ein Thema und einen Hashtag gesetzt und kurzfristig eine Online-Kampagne aufgebaut. Die Beitragszahlen stiegen am 13.08. auf 2.600 und die SPD twitterte weiterhin öffentlichkeitswirksam, vor allem über den Twitter-Account des Bundesvorstands.

Doch was geschah dann? Kamen am 12.08. noch sieben der zehn Tweets mit den höchsten Interaktionsraten aus dem direkten SPD-Umfeld, waren dies am 13.08. noch fünf und am 14.08. gerade einmal drei von zehn. Bis zum Mittag des 15.08. kam nur noch einer von zehn Tweets, mit denen interagiert wurde, aus dem SPD-Umfeld. Es war der Partei nicht gelungen, das Thema über einen engen Zeitraum unter der eigenen Kontrolle zu halten. Schon 24 Stunden nach Beginn der Kampagne gelang es Usern, überwiegend aus dem rechten Spektrum, den Hashtag zu kapern und die Debatte auf Twitter mitzubestimmen. Die Aktivität reichweitenstarker Accounts aus dem SPD-Spektrum ließ zügig nach, sodass am 14.08. unter #wirsindwilly überwiegend Ablehnung gegenüber der SPD zum Vorschein kam. Auch fanden sich mehr und mehr persönliche Angriffe gegenüber einzelnen SPD-Politikerinnen und -Politikern unter dem Hashtag.

Die Kampagne der SPD ist in kürzester Zeit eingeschlafen. Am 15.08. wurde der Hashtag bis zum Mittag nur noch in 118 Tweets verwendet. Weder ist es gelungen, die Anzahl der Beiträge auf Twitter sukzessive zu steigern oder zumindest konstant zu halten, noch ist die Deutungshoheit bei der SPD verblieben. Die kurzfristige Popularität des Hashtags wurde aus dem AfD-nahen Spektrum dafür genutzt, eigene Inhalte zu verbreiten und die SPD zu verhöhnen. Darauf hat die Partei keine Antwort gefunden.

Es wirkt, als wollte die SPD mit einem großen Wurf eine Online-Kampagne anstoßen, die sich sehr schnell verselbstständigt und ohne weiteres eigenes Zutun weiterläuft. Bei einem Thema, das offensichtlich viele Gegenspieler auf den Plan ruft, ist dieses Vorgehen nicht zu empfehlen. Die Kampagne muss gefüttert werden: Eine Einbindung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren über einen definierten Zeitraum kann das Thema im Fokus halten. Zudem muss man den eigenen Kosmos verlassen, um mit der Kampagne auch darüber hinaus wahrgenommen zu werden.

Um auf Eventualitäten reagieren zu können, ist es wichtig, eine Hashtag-Kampagne durchgehend zu monitoren und bereits im Vorfeld Maßnahmen zu definieren, damit bei Bedarf gegengesteuert werden kann. Das Social Media Monitoring bietet die Möglichkeit, noch während der Kampagne Resonanz-, Performance-, Inhalts- oder Netzwerkanalysen durchzuführen. Die Echtzeit-Evaluation einer Kampagne muss maßgeblicher Teil ihrer Konzeption sein.

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Dr. Kay Hinz

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