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Scharnier zwischen Ost und West

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Scharnier zwischen Ost und West

Nicht nur die neue Seidenstraße führt durch das ostpolnische Malaszewice als Verteilzentrum, Polen ist für Logistiker ein bedeutender Markt und gleichzeitig Scharnier zwischen West und Ost. Dr. Grzegorz Lichocik, Managing Director von DACHSER European Logistics Polen, über die wirtschaftliche und geografische Bedeutung seines Landes für den Logistikmarkt Polen. 


Herr Dr. Lichocik, warum entscheiden sich so viele Unternehmen aus dem westlichen Europa für Polen als Standort für ihre Logistikprozesse?

Polen wickelt über 80 Prozent seines Außenhandels mit den Ländern der Europäischen Union ab. 2016 betrug das Exportvolumen des Landes 183,6 Milliarden Euro, wovon nur 12 Milliarden Euro auf Länder wie die USA, Kanada, Schweiz und Norwegen entfielen. Die polnische Wirtschaft und damit natürlich auch der Logistiksektor sind also eng mit dem europäischen Markt verbunden, wobei Deutschland mit 27 Prozent Exportanteil wichtigster Außenhandelspartner ist. Sowohl große internationale Unternehmen als auch kleinere Produktions- oder Handelsfirmen investieren in den polnischen Markt, um ihre Lieferaufträge zu bündeln und den europäischen Markt als eine einheitliche Gesamtregion zu behandeln. Im Gegenzug wenden sich polnische Unternehmen zunehmend neuen Absatzmärkten außerhalb des Binnenmarkts zu. Das vereinte Europa ohne Grenzen ist für den Güterverkehr der Motor für diese dynamische Entwicklung in Polen. Über den innereuropäischen Warenverkehr hinaus liegt das Land auf der zentralen Handelsroute zwischen West- und Osteuropa und ist damit ein exzellenter Ausgangspunkt für Kontakte nach Osten hin. Während Polen nach wie vor zu den Niedriglohnländern zählt, verfügt das Land nicht nur in Führungspositionen über gut ausgebildete Arbeitskräfte und ist bestens gerüstet, um neue Technologien und moderne Produktionsprozesse einzuführen.

Welche Trends sehen Sie derzeit auf dem polnischen Logistikmarkt?

82 Prozent des Güterverkehrs werden in Polen über die Straße abgewickelt, die Zahl steigt von Jahr zu Jahr. Zudem ist der polnische Logistikmarkt von Konsolidierung geprägt. Große europäische Betreiber dominieren den Transportmarkt, und es gab in jüngerer Vergangenheit eine Reihe von Übernahmen und Zusammenschlüssen. Ein starker Trend besteht ferner darin, das zentrale Auslieferungslager in einer bestimmten Region anzusiedeln, statt mehrere Läger in einzelnen Ländern zu unterhalten. Mittel- und Osteuropa werden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als eine einzige Region zusammengefasst. Die Kostenstruktur in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien ist ungefähr gleich, und auch die Gehälter, die Immobilienmieten und Kraftstoffpreise sind vergleichbar. Polen ist allerdings der größte Markt unter diesen Ländern und wird daher häufig als Standort für Auslieferungslager gewählt. Der Boom der e-Commerce-Versandlager in den letzten Jahren wirkte sich positiv auf die Entwicklung der mit modernster Technologie ausgestatteten Kontraktlogistik aus (autonome Fahrzeuge und Roboter, die Waren aus den Regalen zur Kommissionierzone bringen).

Auf welche Regionen konzentrieren sich die Investitionen im Logistiksektor?

Das sind vor allem die Regionen Warschau, Posen, Zentralpolen (rund um Łódz) sowie Ober- und Niederschlesien mit Katowice und Wrocław. Logistikparks befinden sich üblicherweise in der Nachbarschaft der großen Wirtschaftszentren. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden allein durch Investoren über zwölf Millionen Quadratmeter moderner Lagergebäude errichtet. Die hohe Verfügbarkeit solcher Flächen und die günstigen Mietpreise sind weitere Vorteile für Investoren in Polen.

Von einer wirklich gewollten europäischen Integration ist in Polen, das immerhin den EU-Ratspräsidenten stellt, derzeit nicht besonders viel zu spüren. Im Gegenteil, die Zeichen stehen auf Nationalismus und Isolation. Wie wirkt sich dies auf den Logistiksektor und die Wirtschaft im Allgemeinen aus?

Politische Änderungen bringen immer auch wirtschaftliche Turbulenzen mit sich. Meiner Einschätzung nach – und damit stehe ich nicht allein – handelt es sich hierbei um ein vorübergehendes Phänomen. Über 88 Prozent der polnischen Bevölkerung befürwortet einen Verbleib Polens in der EU. Derzeit herrscht die Meinung einer Minderheit, die mit der Einführung des Kindergeldes die letzten Wahlen gewonnen hat. Dies war möglich, weil immer noch ein großer Teil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, wobei die niedrigen Produktionskosten Anziehungspunkt für Investoren sind. Wir fürchten, dass die – vielfach verfassungswidrigen – Gesetzesänderungen, die in den letzten beiden Jahren in Polen vorgenommen wurden, allein dem Machterhalt mit allen, auch undemokratischen Mitteln dienen. Deshalb wird so viel demonstriert. Ich bin mir sicher, dass Polen schon sehr bald auf seinen vorigen Weg der Integration in die EU zurückkehren wird, denn dafür hat Polen die letzten siebzig Jahre während des kommunistischen Regimes gekämpft und die Transformationskosten in den neunziger Jahren getragen. Wir sind überzeugt, dass die angesprochenen grundlegenden Bedingungen auch für die polnische Wirtschaft und das Transportgewerbe unverändert bleiben werden.

Grzegorz-Lichocik

        

Profil

Dr. Grzegorz Lichocik ist seit über 23 Jahren in der Logistikbranche tätig. Seit zehn Jahren arbeitet er für DACHSER Polen und ist heute Managing Director von DACHSER European Logistics Poland.

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Theresia Gläser

Theresia Gläser

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