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Digitale Gesundheitsprävention in Zeiten der Wirtschaftskrise - Chancen für Arzt, Therapeut und Patient

Die Gesundheitsprävention verändert sich durch die aktuelle Krise schneller als erwartet. Digitale Bewegungsprogramme gewinnen rasant an Bedeutung. Doch nach Meinung vieler Fachleute gibt es aktuell eine hohe Anzahl an qualitativ fragwürdigen Lösungen und Kursen auf Hobby-Niveau. Dabei bieten hochwertige Programme große Chancen und Vorteile für Ärzte, Therapeuten und Patienten. Teilnehmer bleiben zu Hause, sparen wertvolle Zeit durch wegfallende Hin- und Rückwege und profitieren von der hohen Flexibilität. Der Anteil der zertifizierten Digitalprogramme an der Gesamtheit aller zertifizierten Präventionskurse ist im Vergleich zu den traditionellen Präsenzkursen aktuell noch gering. Er liegt laut Angabe der ZPP (Zentrale Prüfstelle Prävention) weit unter einem Prozent. Zum Vergleich: Im Oktober 2019 beinhaltete die Datenbank der ZPP rund 105.000 zertifizierte Präventionskurse, die vor Ort stattfanden.

Vergeben wird das Prüfsiegel grundsätzlich in den vier Handlungsfeldern Bewegungsgewohnheiten, Ernährung, Stressmanagement und Suchtmittelkonsum. Die Zertifizierung von Kursen in der Datenbank der Zentrale Prüfstelle Prävention gilt in der Regel für 3 Jahre. Anschließend ist eine Rezertifizierung des digitalen Präventionsprogramms erforderlich. Die Zertifizierung der Kursangebote unterliegt einheitlich festgelegten Prüfkriterien, die sich an allgemein anerkannten Qualitätsstandards orientieren und im Leitfaden Prävention festgehalten sind. Schon seit 2014 haben Patienten die Möglichkeit, digitale Angebote zu nutzen. Ist der digitale Kurs erst einmal zertifiziert, bekommt der Patient, nach belegter Teilnahme, einen Zuschuss von bis zu 100 Prozent der Kosten von seiner Krankenkasse erstattet. Der Anteil variiert allerdings von Kasse zu Kasse. 

Allgemeine Empfehlung ratsam

Während Therapeuten sogar eigene Kurse entwickeln, produzieren und bei der ZPP zertifizieren lassen können, tut der niedergelassene Arzt gut daran, seinen Patienten digitale Präventionslösungen nur grundsätzlich zu empfehlen, nicht aber bestimmte Programme hervorzuheben. Dies ergebe sich schon allein bei der Betrachtung des für Präventionsmaßnahmen maßgeblichen Formulars (36), meint der Rechtsanwalt und ausgewiesene Fachmann für das Gesundheitswesen, Horst-Michael Ellmer aus Köln: „Dort ist kein bestimmter Kurs oder Therapeut angegeben. Das ist nämlich nicht zulässig. Nur oben rechts darf der Gegenstand eines Präventionskurses allgemein angegeben werden. Erst die Krankenkasse entscheidet dann aufgrund dieser Empfehlung.“ Konkrete Produktempfehlungen – und darum würde es sich bei einem ganz bestimmten Kurs ja handeln – gebe es damit nicht. Selbstverständlich könnten aber zum Beispiel Physiotherapeuten oder Ernährungsberater ihre Flyer in ärztlichen Praxen auslegen. Der Patient könne dann bei Auswahl seines Kurses auch diese berücksichtigen bzw. abklären, ob sie ebenfalls von seiner Kasse bezuschusst würden.

Ähnlich sieht es auch die ZPP selbst. Melanie Dold, Bereichsleiterin beim Verband der Ersatzkassen (vdek) und geschäftsführende Leitung der Kooperationsgemeinschaft gesetzlicher Krankenkassen zur

Zertifizierung von Präventionskursen - § 20 SGB V, gegenüber der Redaktion: „Digitale Angebote (Onlineprogramme) sind, wie auch traditionelle Präsenzkurse, auf den Internetseiten der gesetzlichen Krankenkassen zu finden. Die Angebote sind zertifiziert, leicht selektierbar und können direkt durch Versicherte genutzt werden. In Beratungsgesprächen können Ärzte und Therapeuten auf die Angebote aufmerksam machen und eine Zielsetzung vorbesprechen. Die zertifizierten Präventionskurse sind als Kurzbeschreibungen mit Zielsetzungen veröffentlicht.“

Experte sieht großes Potenzial

Im Bereich der digitalen Schmerzprävention sieht auch der Arzt, bekannte Schmerzmediziner und Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS), Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, großes Potenzial. Zwar sei und bleibe die eingehende körperliche, ärztliche Untersuchung von Patienten sowie die ausführliche Erhebung der Vorgeschichte Grundlage jeder Prävention und Therapie. Für den langfristigen Erfolg sei es aber entscheidend, dass Patienten lernten, eigenverantwortlich in Bewegung zu kommen und ihre Gesundheit zu fördern, so der Träger des Bundesverdienstordens. „Hier sind Apps und Plattformen das Mittel der Zeit. Die Trainierenden erhalten neben einem gezielten und zeitlich flexibel zu absolvierenden Übungsprogramm versierte Hilfestellung bei Fragen und Problemen. Einige mobile Angebote bieten den weiteren Vorteil, dass frühzeitig auf Störungen hingewiesen wird und entsprechende Übungen und Maßnahmen gezielt empfohlen werden können, so Müller-Schwefe erklärend. Entscheidend für Anbieter aus dem Gesundheitsbereich sei es aber vor allem, Trainierende und Patienten nicht mit „Hobby-Lösungen“ aus dem Internet allein zu lassen, sondern konsequent auf moderne, professionelle und evaluierte Prävention zu verweisen bzw. zu setzen.

Alternativen stehen bereit

Das Forschungs- und Präventionszentrum (FPZ GmbH)zählt zu jenen Anbietern aus dem Gesundheitswesen, die die Vorteile digitaler Programme früh erkannt haben. Die Fachleute produzieren eigene Kurse, die die Bewegung fördern, das Immunsystem stärken, Risikofaktoren für die großen Volkskrankheiten reduzieren und den Teilnehmern somit mehr gesunde Lebensjahre schenken. Noch ist FPZ zwar vor allem durch die FPZ RückenTherapie sowie das starke Partnernetzwerk aus Ärzten, Therapeuten und Krankenkassen bekannt, doch das ändert sich gerade.

Der Medizinökonom Jens Droese leitet beim Anbieter das Ressort Digitale Lösungen und ist damit für die Koordination der neuen digitalen Präventionskurse verantwortlich. Er weiß, dass die Erstellung eigener Online-Lern- und Trainingseinheiten eine echte Herausforderung darstellt. So habe beispielsweise die Entwicklung des kürzlich ZPP-zertifizierten MultiFit Kurses mit Zehnkampf-Legende Jürgen Hingsen von der ersten Idee über die Produktion und vier ZPP-Korrekturläufen bis hin zum online verfügbaren Kurs ca. ein Jahr gedauert, berichtet Droese. „Aber das war es uns wert. So können wir den mit uns kooperierenden Partnern jetzt ein hochwertiges Präventionsangebot zur Verfügung stellen. Der Erfolg von Hingsen zum Weltklasseathleten basiert auf speziellen Trainingsgrundlagen und der richtigen Einstellung. Der von FPZ entwickelte Präventionskurs schafft hier motivierende Transfers, eingebettet in angepasste Edukations- und Übungseinheiten.“

Empfehle ein Arzt seinen Patienten einen Präventionskurs im Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten, so habe dieser die Möglichkeit den digitalen Kurs zu nutzen. Denn der Kurs vermittele Grundlagen zur positiven Wirkung von Bewegung und einer effektiven Trainingsplanung. Zum anderen profitiere der Patient von zeitlich flexibel zu absolvierenden Übungen und Lerninhalten, erklärt der Experte. Darum befänden sich die neuen Programme KnochenFit, GelenkFit und BeckenBodenFit aktuell im Zertifizierungsprozess.

Fazit: Die Produktion eigener digitaler Präventionskurse und deren Zertifizierung nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 SGB V ist für viele Praxen ein sehr aufwändiges und kostspieliges Projekt – auch wenn die aktuelle Krise dies vielfach als attraktive Lösung vorgaukelt. Zumal vor allem Ärzte nicht ein Angebot explizit empfehlen, sondern nur das übergeordnete Handlungsfeld aussuchen können. Jedoch dürfen Anbieter grundsätzlich Flyer zu solchen Kursen in Arztpraxen auslegen und damit „bewerben“. Grundsätzlich verleiht auch schon die allgemeine Empfehlung zur Nutzung digitaler Bewegungsprogramme der jeweiligen Arztpraxis eine digitale Note und stärkt die Bindung zwischen Arzt und Patient – auch in der möglicherweise kontaktlosen bzw. behandlungsfreien Zeit. Wie auch immer, eine Beschäftigung mit dem Thema ist jedenfalls jedem niedergelassenen Arzt zu empfehlen, verlangen doch immer mehr Menschen nach zeitlich flexiblen Lösungen im medizinisch-therapeutischen Bereich.

Info-Kasten/Hintergrund
Die Zentrale Prüfstelle Prävention und ihre Aufgaben

Mit der Einrichtung der „Zentrale Prüfstelle Prävention“ wurde ab dem 01.01.2014 das Prüfverfahren für Präventionskurse nach § 20 SGB V durch die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland neu organisiert. Während davor jede Krankenkasse jeden Präventionskurs einzeln prüfen musste, ist es mit der Durchführung der zentralen Prüfung durch die Prüfstelle möglich, über 100 Krankenkassen in Deutschland ein einheitliches Ergebnis zur Verfügung zu stellen. Alle beteiligten gesetzlichen Krankenkassen nutzen die gleiche Datenbasis für die Erstattung der Präventionskurse. Eine einheitliche Bezuschussungsgrundlage wurde durch die Zentralisierung der Prüfung sichergestellt. 

Gegründet wurde die Zentrale Prüfstelle Prävention von der Kooperationsgemeinschaft gesetzlicher Krankenkassen zur Zertifizierung von Präventionskursen nach § 20 SGB V. Die Vertretung und Leitung der Kooperationsgemeinschaft obliegt dem geschäftsführenden Verband (vdek). Die Prüfstelle wird von den beteiligten gesetzlichen Krankenkassen verantwortet, betrieben wird sie durch die Team Gesundheit GmbH mit Sitz in Essen. Die Prüfung der Präventionskurse erfolgt nach den Vorgaben des Leitfadens Prävention, der durch den GKV Spitzenverband in Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen und deren Verbände auf Bundesebene entwickelt wurde. Bei erfolgreicher Zertifizierung erhält ein Präventionskurs das Qualitätssiegel Deutscher Standard Prävention. Dadurch ist festgestellt, dass der ausgezeichnete Präventionskurs dem Qualitätsniveau des Leitfadens Prävention entspricht und damit die gesetzlichen Vorgaben für eine Bezuschussung durch die gesetzlichen Krankenkassen erfüllt. Versicherte erkennen daran, dass sie die Kosten von ihrer Krankenkasse anteilig zurückerstattet bekommen. Über die Internetseiten ihrer Krankenkasse können sich die Versicherten über Kurse in ihrer Nähe informieren und direkt Kontakt zum Anbieter aufnehmen. 

Auch die Anbieter profitieren von dem Verfahren: Mussten sie ihre Kurse zuvor von vielen gesetzlichen Krankenkassen einzeln zertifizieren lassen, werden sie nun mit nur einem unbürokratischen vollständig digitalen Prüfverfahren für alle teilnehmenden Krankenkassen zugelassen. Die Zertifizierung wird für Präsenzkurse in der Regel für drei Jahre vergeben, für digitale Angebote für ein Jahr. Sie ist für Anbieter kostenfrei.

Autor: Peter Laaks, redaktion@pressebuero-laaks.de

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