Pressemitteilung -
FAF 2019: „Praxisnäher geht es nicht mehr!“
Köln, den 18.10.2018 – Jan Bauer, Präsident des Bundesverbandes Farbe
Gestaltung Bautenschutz, und Rainer König, Vorsitzender des
Bundesverbandes Ausbau und Fassade im ZDB, im Interview über die
Probleme und Chancen ihres Gewerks und die Top-Themen der FAF 2019.
Wie sieht die aktuelle Lage im deutschen Maler- und Stuckateur-
Handwerk aus?
Bauer: Unsere Konjunkturumfrage aus dem Herbst 2017 zeigte
überwiegend gute Werte auf hohem Niveau. Die Geschäftslage wurde
positiv eingeschätzt, auch die Erwartungen sind gut. Unverändert stabil ist
die Beschäftigungssituation. Die Mehrzahl der Betriebe erwartet eine
steigende oder zumindest gleichbleibende Beschäftigung. Auch der
Auftragsvorlauf ist mit durchschnittlich 8,6 Wochen ähnlich gut wie 2016.
König: Die Stuckateur- und Trockenbaukollegen sind, von einigen
regionalen Ausnahmen abgesehen, durchweg gut ausgelastet. Mit einem
Umsatzplus von etwa zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr bewegen wir
uns aber in der unteren Skala des Baubereiches. Eine Herausforderung für
uns ist nach wie vor der graue Markt. Unqualifizierte Einzelunternehmen
oder mobile Generalisten arbeiten fast unbehelligt schwarz und nehmen
somit Aufträge vom Markt.
Was sind die großen Themen, die derzeit die deutschen Maler und
Stuckateure beschäftigen?
Bauer: Ein Trend ist sicher „green building“. Kunden fragen zunehmend
nachwachsende, ökologische Baustoffe gezielt nach. Wir Maler reagieren
darauf und setzen gerne Naturmaterialien im Innenraum ein, wie
Naturfarben, Lehmputze oder Dämmstoffe aus Schafswolle, Hanf- oder
Flachsfasern. Ein anderer Trend ist die Digitalisierung. Natürlich sind in den
Betrieben längst PC, Server und Handys eingezogen. Das ist ja klar. Aber
es gibt oft noch sehr viel Spielraum, ein modernes Büro-, Beschaffungs-
und Kundenmanagement aufzuziehen.
Die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre ist das Werben um
qualifizierten und talentierten Nachwuchs. Das ist nicht nur eine
existenzielle Frage für die Betriebe, sondern für die ganze Branche.
Deshalb wollen wir zusammen mit unseren Marktpartnern in Industrie und
Handel eine bundesweite Nachwuchskampagne ins Leben rufen, die die
Wende bei den Ausbildungszahlen bringt.
König: Der demografische Wandel wird eine Serviceorientierung hin zu
den Bedürfnissen der Silver Ager in Form von Komplettleistungen im
Innenbau und Wartungsübernahmen z. B. für die Funktion der Fassade
erfordern. Neue Funktionen werden in Wand- und Putzflächen,
insbesondere an Fassaden, neue Innovationen erfordern. Licht- und
Energiegewinnung sowie Smart Home spiegeln sich schon jetzt als
Schnittstelle zu unserem Gewerk. Hier werden unsere Qualifikationen in
Form von Ausbildungsmodulen im Hinblick auf diese Inhalte gefragt sein.
Im Rahmen unseres Projektes „Design trifft Funktion“ suchen
Meisterschüler und Hochschulen nach Innovationen. Auch der Umwelt- und
Klimaschutz wird betreffend Produktauswahl, Verarbeitung und der
Nachhaltigkeit von Konstruktionsaufbauten mehr Know-how und ein aktives
Wissensmanagement der Betriebe erfordern.
Was kann ein Handwerksbetrieb machen, um fit für die Zukunft zu
bleiben?
Bauer: Das Thema Digitalisierung habe ich schon genannt.
Branchenspezifische Anwendungen, die neue, effiziente Arbeitsweisen
bringen, wie Aufmaß- und Gestaltungssoftware, haben noch längst nicht in
jeden Malerbetrieb Einzug gehalten. Und mit CRM- und
Archivierungssoftware, die für ein papierloses Büro unerlässlich sind,
haben sich bislang noch zu wenige Maler- und Stuckateurbetriebe
auseinandergesetzt.
Marktfelder wie die Fußbodentechnik, Montagesysteme, neue Dämmstoffe,
ebenso wie Weiterentwicklungen bei den klassischen Innen- und
Fassadenfarben, zwingen unsere Betriebe zu ständiger Information und
Weiterbildung. Wir wollen unsere Qualifizierungsangebote mit denen der
Industrie und des Handels stärker bündeln, um den Betrieben hier eine
perfekte Infrastruktur zu bieten. Die Maler sind diejenigen, die
technologieneutral beraten und umsetzen können. Das ist unsere Stärke
und die müssen wir uns im Markt zunutze machen. Wir sind ein
Umwelthandwerk! Das müssen wir der Politik vermitteln, auch damit wir mit
solchen Argumenten unseren Meisterbrief begründen und verteidigen
können. Und wir müssen es den jungen Menschen sagen, damit sie ihre
Zukunftschancen bei uns sehen, als Teil unseres Markenimages.
König: Für Betriebe ist eine aktive Vernetzung zur Zukunftssicherung
unerlässlich. Eine wesentliche Säule hierbei ist die Innungs- und
Verbandsmitgliedschaft. Hier werden die relevanten Themen bespielt, der
Unternehmer erhält Unterstützung und kann sich mit Kollegen
austauschen. Die Digitalisierung muss als Chance begriffen werden. Wer
an dieser Stelle auf den Nachwuchs setzt, schlägt zwei Fliegen mit einer
Klappe.
Inwieweit kann die FAF 2019 im Bereich Digitalisierung helfen?
Bauer: In den Messehallen wird es an vielen Stellen Best Practice
Beispiele zu sehen geben. Außerdem kann man an spezialisierten
Messerundgängen teilnehmen. Dabei werden neue
Verarbeitungstechniken, softwaregestützte Planungs- und Beratungstools
und vieles mehr vorgestellt. Im Forum wird es Vorträge und Diskussionen
zum Thema geben. Es ist also für jeden etwas dabei.
König: Im FAF-Forum zeigen Unternehmer ihre Lösungen im Umgang mit
der zunehmenden Digitalisierung und stehen für Fragen und einen
Erfahrungsaustausch zur Verfügung. Direkter und praxisnäher geht es nicht
mehr! Das Thema Digitalisierung ist über die Softwarefirmen hinaus auch
bei vielen Ausstellern präsent. So ist die optische Begutachtung und
Erstellung eines Angebotes für eine Fassade mit Drohnen die schnellere
und kostengünstigere Variante als der Hubwagen oder ein Gerüst.
Kann Digitalisierung ein Werkzeug für Betriebe sein, um
Nachwuchskräfte zu gewinnen?
Bauer: Nachwuchs über Zeitungsanzeigen zu finden, funktioniert
heutzutage nicht mehr. Jugendliche bewegen sich nun einmal in sozialen
Netzwerken. Deshalb müssen die Betriebe sich auch dort zeigen. Bilder
und Videos aus dem normalen Betriebs- und Baustellengeschehen zeigen,
wie der Alltag eines Maler- und Lackierers so abläuft. Da dürfen auch mal
die eigenen Auszubildenden vor der Kamera agieren. Wenn man
Jugendliche nicht auf Augenhöhe anspricht, gerät man schnell aus ihrem
Blickfeld und kommt auch nicht wieder rein. Scheinbar existiert ja immer
noch das Bild des Malers in der Gesellschaft, wonach wir auf der Leiter
stehen und Decken und Wände weißen. Das machen wir zwar auch noch,
es ist aber nur noch ein Teil des Berufsbildes. Wir setzen modernste
Arbeitsmittel und Techniken ein. Das aber auch dem Nachwuchs zu
zeigen, dafür bietet das Internet die richtigen Plattformen – und natürlich
auch die FAF.
König: Absolut. Der Nachwuchs hat eine große Affinität zu allen Formaten
der digitalen Zukunft. Dieses Potential können die Betriebe sich sehr leicht
erschließen.
Nach aktuellen Untersuchungen des Öko-Instituts fehlen qualifizierte
Handwerker, um die Klimaschutzziele für Deutschland bis zum Jahr
2050 zu erreichen. Wie fördern die Verbände das Thema Nachwuchs
und was wird dazu auf der FAF 2019 zu finden sein?
König: Dem Bau- und Ausbauhandwerk fehlen an vielen Stellen derzeit
Kapazitäten. Aber auch schon vor einigen Jahren wurde die erforderliche
Sanierungsquote zur Erreichung der Klimaziele nicht erreicht. Die Gründe
hierfür sind die Verunsicherung der Bauherren durch ein unmögliches Hin
und Her der Politik, was die steuerliche Förderung angeht, als auch
Negativberichte zu Dämmstoffen.
Mit dem Nachwuchstag auf der FAF, der gemeinsam mit unseren Kollegen
vom Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz präsentiert wird,
haben wir eine erfolgreiche und nachhaltige Aktion aus einem
Gesamtpaket an den Start gebracht, das wir derzeit planen und
abstimmen. Die Attraktivitätssteigerung des Berufs durch das Nationalteam
der Stuckateure Deutschlands, das neue Bildungsformat Ausbaumanager
und die jetzt anstehende Novellierung der Berufsausbildungsverordnung
sowie unsere Unternehmerfrauenarbeits-kreise gehören ebenfalls dazu.
Bauer: Auf der FAF wird man auch dem Nationalteam der Maler bei der
Arbeit zusehen können. Diese jungen Leute zeigen, wie viel Spaß es
machen kann, sich in unserem Handwerk zu engagieren. Die
Abbrecherquote unter unseren Auszubildenden ist gerade mal halb so hoch
wie in manchem Studiengang. In unserer bundesweiten
Nachwuchskampagne, die wir mit etwas Glück bereits auf der FAF 2019
starten können, werden wir mit solchen engagierten Auszubildenden,
Gesellen und begeisterten Jungmeistern werben.
Was begeistert Sie ganz persönlich an der FAF und warum ist die
Messe der „Place to be“ für jeden Maler und Stuckateur?
Bauer: Hier ist alles vertreten, was ein Malerbetrieb benötigt:
Informationen, Fachwissen, Technik, Werkstoffe, Materialien und
Innovationen. Kontakte direkt zu den Herstellern sind wichtig. Hier findet
man Tipps und Tricks bei der Verarbeitung von neuen Werkstoffen. Und
Ideen zur Erschließung neuer Marktfelder für den eigenen
Unternehmenserfolg. Besonders wichtig ist der Austausch zwischen
Kollegen. In diesem Sinne ist die FAF eine echte Kommunikations-Messe.
König: Die Vielfalt der Branche, die Innovationen der Aussteller begeistert
mich bei der FAF jedes Mal wieder neu. Ich freue mich, Produkte nicht nur
im Prospekt oder Online zu sehen, sondern auch anfassen zu können.
Wichtig ist ebenfalls die Zeit und Gelegenheit zu nutzen, alle drei Jahre die
wichtigen Player unserer Branche zu treffen und sich unter Kollegen aus
ganz Deutschland auszutauschen.
Die FAF 2019 findet in Köln statt. Haben Sie einen Tipp für Maler und
Stuckateure nach ihrem Messebesuch?
Bauer: Köln ist ja bekanntlich eine Weltstadt und da fehlt es nicht an
Möglichkeiten für die Abendgestaltung. Zunächst einmal sollte man
natürlich am Messeabend des Bundesverbands teilnehmen, am
Donnerstagabend. Und ein schönes Kölsch mit Blick auf den Rhein
genießen.
König: Ein Besuch in dem einen oder anderen Kölsch-Lokal der Altstadt
rundet sicher einen anspruchsvollen Messetag ab. Und alle Besucher, die
am Donnerstag auf der Messe sind, lade ich herzlich zum Messeabend des
BAF ein, sich mit meinen Kollegen und mir auszutauschen.
Weitere Informationen unter www.faf-messe.de
Über die FAF FARBE, AUSBAU & FASSADE
Die europäische Fachmesse FAF FARBE, AUSBAU & FASSADE findet seit 1972
in einem dreijährigen Rhythmus statt. Seit 1984 wechseln sich München und Köln
als Messestädte ab. Die FAF gehört zu den weltweit bedeutendsten Messen für
Maler und Lackierer, Stuckateure, Putzer und Trockenbauer, Raumausstatter und
Bodenleger. Spezialisiert ist sie auf die Themen Farbe, Ausbau, Fassade,
Bautenschutz, Putz, Stuck und Trockenbau. Innovative High-Tech-Erzeugnisse
sind dabei ebenso vertreten wie Produkte für das traditionelle Handwerk. Weitere
Informationen sind erhältlich unter www.faf-messe.de und auf Facebook unter
www.facebook.com/fafmesse.