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Panalpina CEO Stefan Karlen im DVZ Interview

Im Rahmen der transport logistic Messe in München vom 9.-12. Mai 2017 können Sie sich persönlich mit dem Panalpina CEO auf dem Stand 301/402 in Halle B4 austauschen. Terminvereinbarung unter transport.logistic.muc@panalpina.com

Bis dahin lesen Sie welche Themen Anfang Februar mit dem DVZ stellvertretenden Chefredakteur Sebastian Reimann im Interview für die DVZ diskutiert wurden.

"Der Manager hat beinahe sein gesamtes Berufsleben bei Panalpina verbracht. Er begann seine Karriere 1991 bei Danzas, kam aber schon 1997 nach einer weiteren Station bei Nedlloyd Lines in der Schweiz zu Panalpina. Dort hatte er verschiedene Managementpositionen in Europa, Afrika und Asien inne. 2013 wurde er CEO der Region Asien-Pazifik. Im September 2016 folgte er Peter Ulber auf dem Konzernchefsessel.

DVZ: Bei Panalpina ist das Top-Management seit einiger Zeit auch bei der Jahrespressekonferenz, die ja Anfang März wieder ansteht, durchweg ohne Krawatte anzutreffen. Ist das einfach nur ein aktueller Modetrend oder ein Beweis für eine neue Unternehmenskultur?

Stefan Karlen: Es ist schon ein Stück weit eine neue Unternehmenskultur, ein neuer „Drive“, den schon mein Vorgänger Peter Ulber vor gut drei Jahren ins Unternehmen gebracht hat. Wir möchten flexibel und mobil und nahe an unseren Mitarbeitern und Kunden sein. Diese Nähe hilft uns nicht zuletzt auch dabei, unsere Wachstumsstrategie umzusetzen, die nicht nur auf dem Papier stehen darf.

Das Marktumfeld war schon einmal besser, um eine Wachstumsoffensive auszurufen.

Die Zeiten sind turbulenter – vor allem weil das Wachstum von Weltwirtschaft und Welthandel nicht mehr so stark ist, wie es in der Vergangenheit war. Ein Einschnitt in der Seefracht war dabei sicherlich die Insolvenz von Hanjin Shipping, was dazu geführt hat, dass wir uns als Spedition – sprich als Mittler zwischen Carrier und Verlader – anders aufstellen müssen.

Inwiefern?

Wir haben heute deutlich mehr Aufwand, um das Ratenmanagement zu betreiben, als in der Vergangenheit. Daher haben wir entsprechende Stellen geschaffen, um näher an den Reedereien zu sein. Das beinhaltet nicht nur die Beziehungspflege. Wir wollen dadurch auch besser verstehen, wie sich der Markt entwickelt. Das ist sehr zeitaufwendig. Zugleich haben wir aber auch den Verkauf gestärkt, da wir schon vor Jahren festgelegt haben, dass wir uns stärker auf das End-to-End-Geschäft fokussieren möchten.

Warum ist es aus Ihrer Sicht so wichtig, dem Kunden Komplettlösungen von einem bis zum anderen Ende der Supply Chain anzubieten?

Weil es an jeder Schnittstelle Brüche gibt. Und die muss man vermeiden, um die Supply Chain wirklich optimieren zu können. Das bedeutet für uns, dass wir nicht nur den internationalen Teil der Transportkette übernehmen, sondern auch die Vor- und Nachläufe organisieren.

Wollen Sie sich damit auch von den zahlreichen Start-ups abheben, die sich vor allem auf einzelne Teile der Transportkette konzentrieren? Und ist die Spedition in ihrer klassischen Form langfristig noch überlebensfähig?

Die Digitalisierung in der Logistik nimmt ohne Frage zu. Gewisse Geschäfte, die sehr transaktionell sind, werden künftig sicher verstärkt elektronisch abgewickelt. Es wird aufseiten des Kunden aber auch in Zukunft immer den Wunsch geben, mit jemandem zu reden. Das gilt insbesondere dann, wenn einmal etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte. Und dann möchte der Kunde eben nicht nur mit einem Callcenter-Mitarbeiter reden oder sich gar auf einer Plattform zurechtfinden müssen.

Auf der anderen Seite arbeitet Panalpina eng mit Start-ups zusammen. Warum? Ist dieser Know-how-Transfer nicht gefährlich?

Wir arbeiten mit einigen Start-ups zusammen, um ganz bestimmte Lösungen zu erarbeiten, und geben dann auch Wissen an diese Unternehmen ab. Das ist richtig. Gefährlich ist das aus meiner Sicht aber nicht. Denn noch einmal: Die Spedition ist komplexer, als viele glauben. Und bei vielen Start-ups sieht vieles im Frontend schon sehr gut aus, im Backend wird aber noch viel manuell gemacht. Zudem stellt sich immer die Frage, ob die Modelle der Start-ups skalierbar sind.

Panalpina hat auch an anderer Stelle in die Digitalisierung investiert, sprich in das neue globale Transportmanagementsystem von SAP. Warum ist das ein entscheidender Schritt?

Panalpina war vor vielen Jahren im IT-Bereich einmal einer der Frontrunner. Diesen Vorteil haben wir zwischenzeitlich aber eingebüßt, und mit dem neuen System haben wir nun die Chance, wieder ganz nach vorne zu kommen. Das System läuft mittlerweile in vier Ländern – in Kanada, Italien, der Schweiz und Singapur – stabil, und damit können wir nun den Roll-out für die anderen, größeren Länder vorantreiben. So soll im zweiten Quartal Deutschland aufgeschaltet werden, anschließend die USA, und zum Jahresende sollen die Vorbereitungen für China beginnen.

Und wie sieht es auf der Kundenseite aus? Gibt es für die auch eine Panalpina-Plattform, auf der sie direkt buchen können?

Wir haben so eine Lösung in unserem Innovation Board entwickelt und testen sie gerade in der Schweiz, um sie dann anschließend dem Kunden auch wirklich anbieten zu können. Erste Erfahrungen sammeln wir schon in einigen Ländern, in denen wir mit Subunternehmern zusammenarbeiten und in denen wir dann beispielsweise auch die Lieferscheine über das System vom Empfänger unterzeichnet zurückbekommen. Das ist aber noch nicht marktreif.

Welche Möglichkeiten gibt es für Sie noch, die Effizienz im Unternehmen zu steigern?

Wir setzen bekanntermaßen auf Shared Service Center, von denen wir mittlerweile weltweit drei haben, eines in Wuhan, eines in Manila und eines in Prag. In denen beschäftigen wir heute knapp 500 Mitarbeiter, die klassische Backoffice-Aufgaben wie die Dokumentation übernehmen.

Trotzdem hakt es bei der Produktivität in einigen Bereichen noch. Vor allem die Seefracht fällt ins Auge. Woran liegt das?

Ein Grund ist, dass wir hier noch mit verschiedenen IT-Systemen arbeiten. Das bedeutet, dass Daten mehrfach eingegeben werden müssen, was die Produktivität natürlich verschlechtert. Mit unserem neuen einheitlichen Transportmanagementsystem sollte das aber deutlich besser werden.

Auffällig in der Seefrachtsparte war auch, dass Sie in den ersten neun Monaten beim Volumen 9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum verloren haben. Wieso das?

Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen haben wir im Öl- und Gasgeschäft einen starken Einbruch gehabt. Das hat sich vor allem in der Seefracht gezeigt, aber auch in der Luftfracht. Zum anderen haben wir den Vertrag mit einem sehr mengenstarken Kunden beendet, da das Geschäft nicht profitabel war.

Müssen Sie das starke Engagement im Öl- und Gasbereich nicht auch grundsätzlich hinterfragen? Schließlich sind diese fossilen Energieträger endlich, und die Sparte hat Panalpinas Ergebnis zuletzt deutlich belastet.

Daher haben wir auch schon gegengesteuert und die Kosten in der Sparte kräftig gesenkt. Zudem haben wir uns auch auf andere Bereiche der Projektspedition konzentriert, beispielsweise Industrie- und Infrastrukturprojekte oder perspektivisch das Minengeschäft.

Und das Öl- und Gasgeschäft hat aber auch eine Zukunft bei Panalpina?

Auf jeden Fall. Großprojekte laufen wieder an. So sind allein im vergangenen Monat drei große Investitionsvorhaben bestätigt worden.

Wo wir bei Investitionen sind: Als Wachstumsbereich wird bei Panalpina auch das Perishables-Geschäft gesehen, wo Sie mit Airflo auch zuletzt eine Akquisition getätigt haben. Ist dort noch mehr zu erwarten?

Der Perishables-Bereich ist definitiv ein Kernstück unserer Wachstumsstrategie, inbesondere in der Luftfracht, wo dann auch unser Charter-Netzwerk zum Tragen kommt.

Sie arbeiten dort eng mit Cargolux zusammen. Wie sehen Sie die jüngsten Veränderungen bei der Airline mit den Wechseln in der Eignerschaft und im Management?

Wir haben auch zum neuen Management eine gute Beziehung und suchen nach Wegen, wie wir gemeinsam weiter wachsen können. Dazu gehört mit Sicherheit auch die Frage, wie man den Standort Luxemburg weiter ausbauen kann – sprich, ob und wo neue Lagerkapazitäten oder auch weitere Parkplätze für das Roadfeeder-Netzwerk entstehen können.

Und wie sieht es mit weiteren Zukäufen durch Ihr Unternehmen aus?

Das ist im Perishables-Bereich durchaus möglich. Aber auch ein Spezialist für den Chemiesektor wäre eine Option. Schlussendlich geht es uns darum, in einem Markt, in dem wir unterrepäsentiert sind, Marktanteile beziehungsweise Kompetenz zu gewinnen oder in andere vielversprechende Industrien vorzustoßen. Das war in der Vergangenheit nicht nötig, da wir ein ordentliches organisches Wachstum erzielen konnten. Aber das Marktumfeld hat sich eben, wie erwähnt, verändert.

In welchen Größenordnungen denken Sie bei möglichen Zukäufen?

Zunächst fokussieren wir den zweistelligen Millionenbereich beim Umsatz. Ganz große Übernahmen sind von uns in naher Zukunft kaum zu erwarten.

Ist auch der Zukauf eines Start-ups eine Option?

Ja, natürlich, wobei man sehr genau darauf schauen muss, ob sich ein solches Unternehmen in unser Geschäftsmodell integrieren ließe. Deshalb sind wir in regem Austausch mit zahlreichen Unternehmen. Besonders interessant sind dabei Lösungen, mit denen sich gewisse Bereiche unserer Netzwerke virtuell abdecken lassen.

So wie Sie es mit Colo21 schon im Landverkehr machen. Wären solche Plattformlösungen auch für die See- und Luftfracht bei Panalpina attraktiv?

Da sehe ich nicht so sehr die Vorteile für uns, da wir mit unseren eigenen Strukturen gut aufgestellt sind.

Auf der anderen Seite investieren Sie wie kaum ein anderer Logistiker in neue, vermeintlich zukunftsträchtige Geschäftsfelder wie die Logistics Manufacturing Services. Welche Idee steht dahinter?

Auf die Logistics Manufacturing Services sind wir gekommen, da wir bei Ausschreibungen immer wieder die Anforderung gesehen haben, dass die Kosten sinken und gleichzeitig die Time-to-Market reduziert werden sollte. Und ein zentraler Faktor war stets, dass die Lieferkette kurz vor der Auslieferung unterbrochen wurde, da beispielsweise im Telekommunikationssektor ein Dritter noch ein Teil einbauen oder Software aktualisieren musste. Und indem wir diese Arbeit in unseren Zentren für Logistics Manufacturing Services nun auch übernehmen, können wir diesen Bruch vermeiden.

Wo betreiben Sie diese Zentren?

In Brasilien, in Panama, in Dubai und bald auch in Singapur.

Für welche Branchen neben der genannten kann das Angebot noch interessant sein?

Sicherlich für die Automobilbranche, aber auch für andere Hightechbranchen neben der Telekommunikation.

Absolut „Hightech“ ist auch der 3-D-Druck, in den Panalpina ebenfalls investiert. Gemeinsam mit dem niederländischen Start-up Shapeways betreiben Sie sogar schon entsprechende Druckzentren. Wie läuft das Geschäft?

Wir arbeiten mit Shapeways sehr erfolgreich zusammen, mit Druckern in den Niederlanden und den USA. Als Nächstes sollen 3-D-Drucker in Australien hinzukommen: Diese Technologie wird zu einem gewissen Grad disruptiv sein, und da wollen wir ganz klar vorne mit dabei sein.

Was wird denn heute schon und perspektivisch per 3-D-Drucker hergestellt?

In der Automobilindustrie werden beispielsweise schon Ersatzteile gedruckt, was natürlich sehr interessant ist, weil diese dann nicht in großen Mengen am Lager gehalten werden müssen. Künftig können aber vermehrt auch dringend benötigte Bauteile vor Ort gedruckt werden, um Produktionsunterbrechungen zu verhindern. Denn die Alternative wäre, die Teile zu hohen Preisen einfliegen zu lassen.

Geht damit möglicherweise einher, dass Panalpina verstärkt Lagerflächen vorhält?

Das könnte schon sein, aber wir tendieren eher dazu, unsere weltweit bestehenden Anlagen zu nutzen, um unseren Kunden dort einen Mehrwert zu bieten, indem wir eben beispielsweise gezielt Drucker aufstellen.

Ist der 3-D-Druck denn schon ein richtiges Geschäft, mit dem Sie auch Geld verdienen?

Es ist schon mehr als ein reines Testfeld, aber wir werden damit heute mit Sicherheit noch nicht reich. Auf der anderen Seite decken wir bereits unsere Kosten, und es ist perspektivisch eben sehr interessant."

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