Pressemitteilung -

Wie Krankenkassen klare gesetzliche Fristen umgehen und Entscheidungen hinauszögern – die Unabhängige Patientenberatung Deutschland berichtet von Erfahrungen aus der Beratung

Berlin, 23. Juli 2020

Immer wieder versuchen einige Krankenkassen, Entscheidungen über Anträge ihrer Versicherten hinauszuzögern. Dabei sind sie gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb von drei Wochen über Anträge auf Leistungen zu entscheiden, sofern sie keine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (MD) einholen oder weitere Unterlagen von ihren Versicherten oder Dritten anfordern müssen. „Auf Ratsuchende, die uns von ihren Erfahrungen berichten, wirkt dieses Verhalten wie eine Verzögerungstaktik“, sagt Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). „Hinsichtlich einer guten und fairen Kommunikation der Krankenkassen mit den Versicherten sehen wir starken Verbesserungsbedarf.“

Angekündigte Einschaltung des MD findet mitunter nicht statt

So versuchen einige Krankenkassen, die Drei-Wochen-Frist zu verlängern, indem sie die Versicherten darüber informieren, den MD einschalten zu wollen. Dies verlängert die Entscheidungsfrist auf fünf Wochen. Die Beratungserfahrung der UPD aus dem vergangenen Jahr zeigt jedoch, dass Krankenkassen zum Teil auch ohne Vorliegen eines Gutachtens des MD innerhalb dieser Fünf-Wochen-Frist entschieden und Anträge abgelehnt haben. „Dieses Verhalten ist unserer Auffassung nach missbräuchlich“, sagt Thorben Krumwiede. „Die vom Gesetzgeber vorgesehene Folge, dass sich Versicherte nach Ablauf einer Frist eine Leistung selbst beschaffen und dafür die Erstattung der Kosten verlangen können sollen, wird von den Krankenkassen damit ignoriert und bewusst umgangen.“

Krankenkassen fordern Unterlagen an und zögern Entscheidung monatelang hinaus

Einige Krankenkassen versuchen auch, eine gesetzlich vorgesehene Ausnahmeregelung von der Drei- bzw. Fünf-Wochen-Frist auszunutzen. Fehlen ihnen Unterlagen oder Informationen, die für eine Entscheidung benötigt werden, können sie diese vom Versicherten anfordern. Dann kann auch nach Ablauf der Drei- bzw. Fünf-Wochen-Frist über einen Antrag entschieden werden. Ratsuchende berichteten den Beratern, dass Krankenkassen Unterlagen von ihnen nachgefordert und gleichzeitig angekündigt hätten, erst Monate später über den Antrag entscheiden zu wollen. Erlaubt ist dies allerdings nur dann, wenn die Krankenkassen den genauen Tag mitteilen, an dem sie voraussichtlich über den Antrag entscheiden werden. Diese neue Frist muss sachlich gerechtfertigt und hinreichend begründet sein. „Einen sachlichen Grund für eine Fristverlängerung um Monate wird es in den seltensten Fällen geben. Sollte dennoch einmal ein solcher vorliegen, müssen die Krankenkassen diesen nachvollziehbar erläutern“, erklärt Heike Morris, juristische Leiterin der UPD.

Die Beratungserfahrung der UPD zeigt, dass viele Ratsuchende ihre Rechte nicht kennen oder Sorge haben, auf ihren Kosten sitzen zu bleiben. Die UPD klärt Ratsuchende darüber auf, dass sie sich nach Ablauf der Frist die Leistung auf Kosten der Krankenkasse selbst beschaffen dürfen und dies ihrer Krankenkasse schriftlich mitteilen können. Sie macht Ratsuchenden Mut, von ihren Rechten Gebrauch zu machen und bei offenkundig rechtswidrigem Verhalten Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einlegen. Zuständig für Beschwerden über Krankassen, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus erstreckt, ist das Bundesamt für Soziale Sicherung.

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Über die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, UPD

Die UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH (UPD) mit Sitz in Berlin ist eine gemeinnützige Einrichtung. Sie hilft Ratsuchenden, sich im deutschen Gesundheitssystem besser zurechtzufinden und Entscheidungen im Hinblick auf medizinische oder sozialrechtliche Gesundheitsfragen selbstbestimmt, eigenverantwortlich und auf informierter Grundlage zu treffen.

Gut erreichbar, bürgernah, qualifiziert: Das Beratungsangebot der UPD

Die unabhängige, neutrale, kostenfreie und evidenzbasierte Beratung der UPD ist für alle Menschen in Deutschland zugänglich – egal, ob sie gesetzlich, privat oder nicht krankenversichert sind. Ratsuchende können die Patientenberatung unkompliziert und auf vielen Wegen erreichen: per Telefon, Post, Mail, oder Onlineberatung, in den 30 festen Beratungsstellen und an weiteren 100 Standorten in Deutschland, die regelmäßig von einem der drei UPD-Mobile angesteuert werden.

Neben medizinischen Fachteams und Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen gehören auch Juristen und Sozialversicherungsfachangestellte zum UPD-Beraterteam.

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Weitere Informationen, auch zu Online-Beratungsmöglichkeiten und der App, finden Ratsuchende unter www.patientenberatung.de, Facebook oder Twitter.


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Markus Hüttmann

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