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Wie es sich in der Agentur der Zukunft arbeitet

Das monatelange Arbeiten im Home Office gepaart mit einem Lockdown nach dem nächsten verändert unsere Arbeitsweise und hat langfristige Auswirkungen auf die Agenturkultur. Christina Blache, Executive Strategy Director und Caroline Theissen, Executive Director People & Culture bei Superunion Germany sprechen im Interview über die Rückkehr ins Office, die Notwendigkeit einer Feedback- und Fehlerkultur und wie sich Mitarbeiterführung verändern wird.

Beginnen wir mit einer Momentaufnahme: Arbeitet ihr und das restliche Superunion Team wieder im Office? Wie steht ihr zur Rückkehr ins Office?

Christina Blache: Wir vertrauen unseren Mitarbeiter*innen und überlassen ihnen deshalb die Entscheidung, wo sie arbeiten möchten. Die meisten bevorzugen tatsächlich weiterhin das Home Office, aber einige kommen auch wieder regelmäßiger ins Büro. Was während des Lockdowns auf jeden Fall gefehlt hat, ist das Zwischenmenschliche, der Austausch mit Kollegen außerhalb des eigenen Teams. Ich denke, es wird beim Großteil zukünftig auf ein hybrides Modell hinauslaufen.

Caroline Theissen: Es ist wahnsinnig typabhängig. Jeder Mensch ist anders, wir gehen alle unterschiedlich mit der Situation um. Während extrovertierte Menschen sich schwerer getan haben, sich mit der gesamten Lockdown-Situation und der Distanz zu arrangieren, haben sich introvertierte Menschen einfacher mit einem remoten Arbeitsumfeld abfinden können und dadurch vielleicht sogar gedeihen können, beispielsweise im Präsentationskontext. Deshalb kann ich mir durchaus vorstellen, dass nicht alle die Wiedereröffnung der Büros so positiv entgegenfiebern, wie man es vielleicht vermuten könnte. Das ist einer der Gründe, weshalb bei uns die Rückkehr ins Büro nach wie vor freiwillig ist – bis auf zwei feste Tage im Monat, an denen alle im Büro sind. So stellen wir sicher, dass wir uns alle regelmäßig sehen und uns gegenseitig inspirieren können, trotzdem aber unsere Flexibilität beibehalten.

Stichwort inspirieren: Wie hat Remote Working die Kreativität und Inspiration verändert? Was tut ihr, um beides zu fördern?

Caroline Theissen: Wir haben während des zweiten Lockdowns eine interne Mitarbeiterumfrage durchgeführt und die Aussagen waren sehr unterschiedlich. Die einen sagen, wir sind so kreativ wie noch nie, während anderen wiederum der Austausch als Inspirationsquelle fehlt. Auch hier ist es eine Typfrage.

Christina Blache: Einer aktuellen Studie von Microsoft zufolge, steigt die Effizienz und Produktivität im Home Office zwar, aber häufig leidet die Kreativität. Eine logische Konsequenz, wenn Inspirationsquellen wie Reisen, Kultur und Kunst über eine so lange Zeit wegfallen. Wir achten deshalb verstärkt darauf, dass unsere Teams Inspiration von außen bekommen. Dafür gibt es unter anderem das regelmäßige Format „Superunion Presents“, in dem Partneragenturen und Künstler*innen ihre Projekte virtuell vorstellen. Zudem lassen wir mehr Freiraum zum Lernen, beispielsweise durch digitale Schulungen und Vorträge.

Caroline Theissen: Jetzt wo vieles wieder offen und möglich ist, haben wir zusätzlich den ‚Inspiration Day‘ für alle eingeführt. Jede*r Mitarbeiter*in kann sich einen Tag aussuchen, um etwas zu unternehmen, das als Inspiration dienen soll und nicht unbedingt etwas mit der Arbeit zu tun hat. Ob das ein Museumsbesuch ist, eine Wanderung oder im Park Podcasts hören, ist allen freigestellt.

Was wird sich aus eurer Sicht im Arbeiten der Zukunft ändern?

Christina Blache: Führungsstile und Rollen werden sich zukünftig noch weiter verändern. Es braucht heute ganz andere Kompetenzen, um ein Team kompetent zu leiten. Nicht nur wegen des physischen Abstands, sondern auch aufgrund der Flexibilität, die jede*r anders interpretiert und nutzt. Besonders wichtig sind deshalb klare Kommunikation, die Vorgabe konkreter Ziele und der Fokus auf Ergebnisse, große wie kleine, wirtschaftliche wie persönliche.

Caroline Theissen: Auch mit der Rückkehr ins Büro wird das remote Arbeiten ein fester Teil vieler Unternehmenskulturen bleiben. Führungskräfte müssen dementsprechend auch weiterhin deutlich mehr loslassen können und Vertrauen in die Skills ihrer Mitarbeiter*innen haben. Zudem müssen sie mehr Selbstreflexion zeigen und offen für Feedback sein.

Christina Blache: Feedback ist ein wichtiges Stichwort. Das Gespür für die Stimmung der Kolleg*innen fehlt im digitalen Austausch ungemein. Nicht nur bei Führungskräften, sondern im ganzen Team muss deshalb regelmäßiges Feedback selbstverständlich werden – sowohl das Geben als auch das Nehmen und Umsetzen. Deshalb sind Empathie und emotionale Intelligenz heute und in Zukunft zwei der wichtigsten Kompetenzen. Denn Führen in der neuen Arbeitswelt heißt vor allem empathisch, flexibel und situationsbezogen zu handeln und reagieren.

Caroline Theissen: Empathie heißt auch eine positive Fehlerkultur zu etablieren und zu unterstützen. Ein offener, transparenter und kommunikativer Umgang mit Fehlern, vor allem durch die Führungskräfte, fördert eine lern- und lösungsorientierte Fehlerkultur und unterstützt das kontinuierliche Ausprobieren neuer Dinge, Wege und Methoden.

Apropos Fehler: Welche Fehler habt ihr im Laufe der Pandemie gemacht?

Christina Blache: Im Strategieteam haben wir mit Walking Meetings angefangen, um nicht immer nur vor unseren Bildschirmen zu sitzen. Eigentlich eine gute Idee, aber vielleicht war es nicht so schlau, im Januar damit anzufangen. Jour Fixes im Schneesturm machen nicht ganz so viel Spaß.

Und zu guter Letzt: Wie arbeitet es sich im Büro der Zukunft?

Caroline Theissen: Das Bürokonzept wird sich grundsätzlich ändern. Das Büro wird vielmehr den Fokus auf das Miteinander haben als vorher. Es wird ein Ort sein, in dem Menschen zusammenkommen und sich austauschen, und nicht nur zum Arbeiten hingehen. Die Herausforderung wird dabei vor allem sein, dass so sehr wir auch die virtuellen Meetings reduzieren wollen, es nur zu einem gewissen Grad möglich sein wird. Es werden immer einige Zuhause arbeiten. Unsere Aufgabe wird deshalb sein, Rituale einzurichten, die dem Team Anreize bieten, ins Büro zu kommen. Das können Lunch ’n Learns mit internen und externen Vorträgen sein oder unseren geplanten Impact Day, um gemeinsam NGOs zu unterstützen. Unser Ziel ist dabei Teams zusammenzubringen, die sonst nicht zusammenarbeiten. Rituale wie diese müssen entsprechend auch im Raumkonzept spürbar und möglich gemacht werden. Aber auch außerhalb des Büros müssen Zusammenkünfte gefördert werden. Außerdem glaube ich, dass die Arbeitstage sich ändern werden. Wir rutschen der Vier-Tage-Woche immer näher.

Christina Blache: Das sehe ich genauso. Wir sehen immer mehr Kolleg*innen, die ihre Stunden reduzieren, z.B. um mehr Zeit für persönlichen Projekte zu haben. Beispielsweise hatten wir einen Kollegen, der neben der Arbeit ein eigenes Modellabel gegründet hat. Ich denke, es ist als Arbeitgeber sehr wichtig, Wünsche wie diese zu unterstützen und zu ermöglichen. Diese offene und kooperative Grundeinstellung funktioniert auch remote, denn sie ist in der Unternehmenskultur verankert und dafür braucht es keine Räumlichkeiten. Das was im Büro in Zukunft passiert, wird anders sein als vor der Pandemie. In erster Linie wird es dem kreativen Austausch dienen, und ein Ort für Workshops, Brainstormings und gemeinsamer Ideenfindung werden. Abgesehen davon, sind die Kolleg*innen und die Aufgaben wichtiger als Räumlichkeiten. Und der flexible Aspekt des Arbeitens überwiegt und bietet mehr als die Büroräume es tun.

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