Pressemitteilung -

Gewalt gegen Tiere: WTG fordert Änderung des Strafgesetzbuches, um verherrlichende Darstellungen von Tierleid zu unterbinden

Berlin, 7. September 2021. Tausende Fotos und Videos, die Gewalt gegen Tiere zeigen, verbreiten sich täglich uneingeschränkt unter Nutzerinnen und Nutzern der sozialen Netzwerke. Doch viele dieser Inhalte sind nicht erstellt, um Tierleid zu dokumentieren oder anzuklagen, sondern ausschließlich, um Reichweite zu gewinnen. Um das zu stoppen, fordert die Welttierschutzgesellschaft (WTG) eine Änderung im Strafgesetzbuch (StGB) und richtet sich mit einer Petition an die Spitzenkandidierenden der Bundestagswahl sowie Mitglieder des Bundestages.

Im Rahmen der Kampagne „Stoppt Tierleid in sozialen Netzwerken“ macht die WTG auf die Folgen der bisher ungehinderten Verbreitung von Tierleid-Inhalten aufmerksam: „Viele der dargestellten Tierquälereien werden nur begangen, um Reichweite zu gewinnen. Neben dem offensichtlichen Problem, dass Tiere dadurch großes Leid erfahren, ist eine weitere Gefahr, dass sich Nutzer*innen an Gewalt gegenüber Tieren gewöhnen könnten. Tierleid darf sich aber nicht normalisieren“, so Wiebke Plasse, Leiterin Kommunikation bei der WTG. Denn das könne nicht nur in einen erheblichen Rückgang bei der Erkennung und demzufolge auch bei der Meldung von Tierleid münden, sondern auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, selbst Täter*innen zu werden.

Die folgenden Fälle stellen drei Beispiele für Inhalte dar, die nach aktueller Rechtslage problemlos verbreitet werden dürfen. Weder die Erstellenden müssten mit einer Strafverfolgung rechnen noch wären die sozialen Netzwerke gesetzlich gezwungen, darauf zu reagieren:

  • Fotos von Katzen, die mutwillig zu Tode getrampelt werden,
  • Videos von Hunden, die in Kämpfen aufeinandergehetzt und schwerverletzt werden oder
  • die Darstellung von tierwidrig gehaltenen und misshandelten Wildtieren in Haustierhaltung

Sowohl der Austausch mit Vertreter*innen der Netzwerke als auch eine mehrtägige Dokumentation der Welttierschutzgesellschaft entsprechender Beiträge in den Netzwerken haben gezeigt, dass die sozialen Netzwerke solche Inhalte meist nicht löschen.

Das müssten sie allerdings auch nicht. „Es gibt bislang keine rechtliche Grundlage, die die Darstellung von Gewalt gegenüber Tieren unterbindet. Wir sehen deshalb auch die Politik in der dringenden Pflicht, einen rechtlichen Rahmen für die Eindämmung dieses Tierleids zu schaffen“, erklärt Wiebke Plasse. Der Paragraph 131 des Strafgesetzbuches (StGB) stellt die Darstellung von schwerwiegender Gewalt gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen unter Strafe. „Hier gilt es unbedingt zu ergänzen und vergleichbare Gewalttätigkeiten gegenüber Tieren in den Tatbestand aufzunehmen.“

Im Folgenden der Vorschlag im Detail:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen, menschenähnliche Wesen oder Tiere in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, a) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, (…).“

Mit Ergänzung der beiden Worte „oder Tiere“ im Paragraphen 131 StGB wäre die Darstellung und Verbreitung grausamer Gewalttätigkeiten gegenüber Tieren, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung ausdrücken, verboten. Die sozialen Netzwerke wären unmittelbar zum Handeln verpflichtet und angehalten, ihre Gemeinschaftsstandards zu überarbeiten und die Einhaltung durch die Nutzer*innen sicherzustellen, da der Paragraph 131 StGB Teil des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (kurz NetzDG) ist.

Dr. Cornelius Trendelenburg, Vorstandsmitglied der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT), unterstützt die WTG-Forderung: „Die Verbreitung von besonders grausamen Filmen, in denen Zombie-Figuren gespielte Gewalt angetan wird, ist bereits strafbar und muss von den Betreibern der sozialen Netzwerke gelöscht werden. Bei sehr viel grausameren, realen Tierquälereien ist lediglich die Tat selbst strafbar, nicht die Verbreitung von Bild- oder Videomaterial zu Unterhaltungszwecken. Löschpflichten gibt es nicht. Das muss sich ändern und ist auch mit Blick auf das Staatsziel Tierschutz ein Gebot des Grundgesetzes, das vor dem digitalen Raum nicht haltmachen darf.“

Petitionen der Welttierschutzgesellschaft zu diesem Thema – sowohl an die sozialen Netzwerke als auch die Spitzenkandidierenden der Bundestagswahl – haben zusammen bereits knapp 150.000 Unterschriften erhalten.


Hintergrundinformationen

Ziel der Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ ist es, die Darstellung all jener Tierleid-Inhalte aus den sozialen Netzwerken zu verhindern, die keinen informativen oder dokumentarischen Zweck erfüllen. Dafür müssen die Gemeinschaftsstandards der Netzwerke um die Thematik Tierleid ergänzt und ein konsequentes Handeln eingefordert werden. Gleichzeitig bedarf es einer gesetzlichen Grundlage in Deutschland, die das Verbot der Darstellung von Tierleid auch im digitalen Raum einschließt und so die sozialen Netzwerke zum Handeln verpflichtet. Durch Informationsarbeit muss außerdem bewirkt werden, dass Nutzer*innen einen verantwortungsvollen Umgang mit den Tierleid-Inhalten pflegen – und diesen in Zukunft durch konsequentes Melden begegnen. Dafür stellt die WTG umfangreiches Material als Hilfestellung bei der Erkennung und dem Melden bereit.

Für Gespräche zu diesem Thema steht Ihnen Wiebke Plasse, Leiterin Kommunikation bei der Welttierschutzgesellschaft, gerne zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich für Anfragen an presse@welttierschutz.org.

Bildmaterial mit Tierleidbeispielen aus den Netzwerken Facebook, Instagram und TikTok steht unter folgendem Link bereit: https://shared-assets.adobe.co...

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Die Welttierschutzgesellschaft (WTG) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin. In Entwicklungs- und Schwellenländern engagieren wir uns für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen von Streuner-, Nutz- und Wildtieren durch Stärkung des Tierschutzes sowie eine verbesserte tiergesundheitliche Versorgung. In unseren Tierschutzprojekten als auch dem Bildungsprogramm TIERÄRZTE WELTWEIT arbeiten wir dafür mit Partnerorganisationen vor Ort zusammen. Darüber hinaus fördern wir das Tierschutzbewusstsein im Land durch die Einbindung der lokalen Bevölkerung. In Deutschland schaffen wir mit öffentlichkeitswirksamen und politischen Tierschutzkampagnen die Voraussetzungen für ein respektvolles und tiergerechtes Miteinander von Mensch und Tier.

Weitere Informationen unter: www.welttierschutz.org

Kontakt

Christoph May

Pressekontakt Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Wiebke Plasse

Pressekontakt Leiterin Kommunikation