Pressemitteilung -

Bärengalle zur Behandlung des Coronavirus: Enormes Tierleid trotz Alternativen

Berlin, 27. März 2020 - Mit der Entscheidung, den Verzehr und Handel von Wildtieren zu verbieten, sendete China im Februar ein Hoffnungssignal, dass sich das Schicksal der unzähligen vom illegalen Wildtierhandel geplagten Tiere zum Besseren wenden könnte. Doch von Beginn an klammerte das Verbot bestimmte Bereiche wie den medizinischen Einsatz von Tierprodukten aus. Mögliche Gründe dafür offenbaren sich nun im Verlauf der Corona-Krise: Chinas Nationale Gesundheitskommission veröffentlichte am 4. März die Empfehlung zur Behandlung des Coronavirus mit Hilfe einer Rezeptur aus der traditionellen Medizin (TCM), die u.a. Bärengalle enthält. Diese wird Kragen- und Malaienbären im Rahmen einer schmerzhaften Prozedur abgezapft – zumeist unter grausamen Bedingungen und bis zu zwei Mal täglich.

Eine aktuelle Studie chinesischer Wissenschaftler*innen belegt, dass Rezepturen mit Bärengalle tatsächlich bereits zum Einsatz kommen. In der Publikation wird eine klinische Studie in Guangzhou beschrieben, bei der 72 Patient*innen, die allesamt unter ernsthaften bis schwerwiegenden Folgen des Coronavirus litten, eine so genannte „Tan Re Qing“-Injektion erhielten. Das Mittel, das neben Bärengallepulver auch aus weiteren tierischen und pflanzlichen Inhaltsstoffen besteht, wird in China u.a. auch über Online-Apotheken verkauft.

Die Welttierschutzgesellschaft (WTG) spricht sich deutlich gegen die Nutzung von Wildtierprodukten für medizinische Zwecke aus. Insbesondere der Einsatz von Mitteln mit Bärengalle, die den Wirkstoff Ursodeoxycholsäure enthalten, ist– unabhängig vom etwaigen medizinischen Nutzen – völlig überflüssig. „Es gibt zahlreiche pflanzliche Alternativen, aber auch synthetisch hergestellte Ursodeoxycholsäure“, sagt Daniela Schrudde, Leiterin für Tierschutzarbeit bei der WTG. „Der Einsatz des tierischen Produkts ist angesichts des damit verbundenen Tierleids nicht zu rechtfertigen.“

Doch China gilt als das Zentrum der Bärengalleindustrie. Berichten zu Folge leben dort ca. 10.000 Bären in Gefangenschaft – viele davon stammen ursprünglich aus der Wildnis. Die Nutzung traditioneller Heilverfahren und der Einsatz tierischer Produkte in der Medizin wird in China von der Regierung seit Jahren vorangetrieben, auch aktuell bei der Behandlung von Corona-Patient*innen. Die Tatsache, dass die Weltgesundheitsorganisation im Vorjahr die Traditionelle Chinesische Medizin in das wichtigste Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen einbezogen hat, könnte diesen Trend noch beschleunigen. 

„Diese Entwicklungen, die eine Nachfrage nach tierischen TCM-Produkten aufrechterhalten, stehen im deutlichen Widerspruch zum jüngst beschlossenen Handels- und Verzehrverbot von Wildtieren und sie führen dazu, dass der zum Teil illegale Handel mit Wildtierprodukten fortgeführt werden kann“, sagt Daniela Schrudde.

In Nachbarstaaten wie Vietnam ist das Abzapfen von Bärengalle seit 2005 verboten. Die Welttierschutzgesellschaft setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass ehemalige „Galle-Bären“ von Farmen oder aus Privatbesitz in Schutzzentren überführt werden, wo den Tieren nach Jahren der Qual erstmals ein bärengerechtes Zuhause geboten werden kann.

Die Environmental Investigation Agency berichtete in dieser Woche zuerst über die Empfehlung der Nationalen Gesundheitskommission, die Rezeptur „Tan Re Qing“ zur Behandlung des Coronavirus einzusetzen.

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Die Welttierschutzgesellschaft (WTG) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin. In Entwicklungs- und Schwellenländern engagieren wir uns für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen von Streuner-, Nutz- und Wildtieren durch Stärkung des Tierschutzes sowie eine verbesserte tiergesundheitliche Versorgung. In unseren Tierschutzprojekten als auch dem Bildungsprogramm TIERÄRZTE WELTWEIT arbeiten wir dafür mit Partnerorganisationen vor Ort zusammen. Darüber hinaus fördern wir das Tierschutzbewusstsein im Land durch die Einbindung der lokalen Bevölkerung. In Deutschland schaffen wir mit öffentlichkeitswirksamen und politischen Tierschutzkampagnen die Voraussetzungen für ein respektvolles und tiergerechtes Miteinander von Mensch und Tier.

Weitere Informationen unter: www.welttierschutz.org

Kontakt

Christoph May

Pressekontakt Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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