Die Anatomie einer guten PR-Story

Erfolge kommen selten aus dem Nichts. In der Regel brauchen sie eine Idee, eine Struktur – und einen Rahmen, in dem sie stattfinden können. Eine gute PR-Story macht davon keine Ausnahme, benötigt aber noch das gewisse Extra.
Eine PR-Story ist keine Pressemitteilung. Zumindest nicht am Anfang. Eine gute PR-Story ist zunächst nur eine Themenidee, die es wert ist, erzählt zu werden – und das Potenzial hat, groß zu werden. Und damit sind wir bei der Grundfrage: Was ist eine gute Themenidee?
Die Antwort könnte einfach lauten: Was für die Zielgruppe relevant ist – oder sie interessiert. Das alleine macht aus einem Thema aber noch keine gute (weil erfolgreiche) PR-Story. Mathematiker würden sagen: Relevanz für die Zielgruppe ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Was also fehlt?
Die Antwort liefern erfolgreiche Bücher und Filme: Drama, Baby, Drama!
Ob Klassiker wie Shakespeares „Romeo und Julia“, moderne Besteller wie Fitzeks „Elternabend“ oder jeder beliebige James-Bond-Thriller – Spannung entsteht durch Konflikte, ob groß oder klein. Sie sind der Ausgangspunkt einer fesselnden Geschichte. Auch in der PR.
PR betont gerne Lösungen, hebt die Erfolge hervor, lobt Produkte und Ideen. Doch wirklich spannend wird das nur, wenn sie die Geschichte über einen Konflikt erzählen oder in einen solchen einbinden kann. Konflikte sind seit jeher der Treibstoff guter Geschichten.
Sie erzeugen Spannung, machen eine Story relevant und sorgen dafür, dass das Publikum emotional eingebunden wird. Ohne Konflikt fehlt jeder Geschichte die Dynamik, die sie interessant und einprägsam macht.
Konflikte als Motor fesselnder PR-Storys
Die Aufzählung ausschließlicher Erfolge und das Fehlen jeglicher Widerstände wirken dagegen schnell langweilig. Wie Gute-Nacht-Geschichten. „Martins Eltern waren reich. Sie räumten stets jedes Hindernis aus dem Weg, ermöglichten ihm das denkbar beste Studium, knüpften intensive Kontakte zu wichtigen Entscheidern für ihn und vererbten ihm eine erfolgreiche Firma. Martin ist heute ein Vorbild und eine Inspiration für viele junge Leute, selbst erfolgreich zu werden.“ Wirklich?
Niemand würde Martins Lebensweg abends vor dem Kamin erzählen oder hören wollen. Nur gleiche viele PR-Storys genau diesem Muster. Hingegen: Das Wettrennen um die Sicherheit Europas? Die Aufholjagd der deutschen Automobilindustrie, den Vorsprung der chinesischen Wettbewerber zu egalisieren? Die erdrückende Last deutscher Bürokratie, die das Wachstum ausbremst? Das sind Themen mit Potenzial!
Es gibt unzählige Arten von Konflikten, intern wie extern. Etwa der Wettstreit um Innovation, ein Streit zwischen Unternehmen und Kunden, der Kampf gegen behördliche Entscheidungen, Zielkonflikte in der eigenen Organisation, Zweifel an Personen oder einer Strategie. Sie alle können Ausgangspunkt einer spannenden Erzählung sein.
So gesehen geht es beim Klassiker, der Produkt-PR, idealerweise auch gar nicht um „Länge, Breite, Höhe, Preis“, sondern ausschließlich um den Beitrag zur Konfliktlösung.
Der Konflikt muss dabei gar nicht offensichtlich sein. Vielfach hat ihn das Publikum als solchen auch noch gar nicht erkennt. Sobald er aber formuliert ist, trägt er manche PR-Kampagne erfolgreich über die Ziellinie.
Konflikt verkauft – Beispiele aus der Praxis
Beispiel: Matratzen.
Jahrelang hatten große Matratzenhersteller in Deutschland die Preise in verbotener Weise gesteuert – bis das Kartellamt eingriff. Der neu gegründete Hersteller Bett1 nutzte das, um mit seiner „Anti-Kartell-Matratze“ (ja, die heißt wirklich so), den Markt aufzumischen. Hätte sich Bett1 nicht so ausdrücklich gegen die etablierten Wettbewerber gestellt, wäre das eigene Produkt vermutlich kaum aufgefallen (trotz bester Noten bei der Stiftung Warentest). In diesem Fall gilt: Konflikt verkauft.
Oder, als aktuelles Beispiel, die PR für Wärmepumpen. Die Technologie als solche ist ein alter Hut. Der bloße Verweis auf die mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Vorteile der Wärmepumpen gegenüber anderer Heiztechnik mag Pfennigfuchser interessieren, füllt aber keine Zeitungsspalten. Erst der Konflikt mit der „Fossil-Lobby“ und der Kampf gegen den Klimawandel gibt dem Thema die nötige Würze.
Aufbau einer erfolgreichen PR-Story mit Konflikt
Und so sieht die Anatomie einer Konflikt-Story aus:
- Der Konflikt als Ausgangspunkt: Eine erfolgversprechende Story beginnt mit einem klaren Problem, das für die Zielgruppe nachvollziehbar ist, wenn möglich sie sogar betrifft. Das erhöht die Relevanz und die Aufmerksamkeit.
- Zeitliche Zuspitzung: Konflikte plätschern nicht vor sich hin, sie bewegen sich auf einen Höhepunkt zu. Dabei muss deutlich werden, was auf dem Spiel steht – und welche Konsequenzen drohen.
- Wendepunkt und Lösung: Ein Konzept, ein Produkt oder eine Dienstleistung können die Lösung bedeuten. Je konstruktiver dieses beschrieben wird, desto stärker rücken die eigene Kompetenz und Innovationskraft in den Vordergrund.
Dabei gilt: Konflikte wecken Emotionen. Sie machen die Story erlebbar und fördern im besten Fall die Identifikation mit dem Absender der Geschichte. Das gelingt am besten, wenn der beschriebene Konflikt die Bedürfnisse, Ängste oder Wünsche der Zielgruppe aufgreift. Ein Konflikt darf kein Selbstzweck sein. Er darf nicht künstlich oder herbeiphantasiert wirken, sondern muss nachvollziehbar sein. Zudem: die Lösung des Konflikts muss mit der Markenbotschaft und den Werten des eigenen Unternehmens im Einklang stehen.
Als erzählerisches Hilfsmittel bietet sich dabei stets der Held an, mindestens aber eine Hauptfigur. An ihr entlang kann die Geschichte erzählt werden – und bietet sich dem Publikum an, sich mit ihr zu identifizieren.
Erst jetzt, nachdem der Konflikt, die Dimension und die Hauptfigur feststehen, stellt sich die Frage: In welchem Format und für welches Medium soll die Story erzählt werden? Darauf gibt es nur individuelle Antworten. Aber wie die Botschaft dann in die Medien kommt, verraten wir hier.