Pressemitteilung -
60 Jahre Aktion Mensch: Sozialorganisation zieht Bilanz / Inklusion in Deutschland macht Fortschritte – doch zu viele Missstände verhindern gleichberechtigte Teilhabe
- Aktion Mensch hat seit ihrer Gründung im Jahr 1964 deutschlandweit mehr als 5,4 Milliarden Euro an soziale Projekte vergeben
- Sozialorganisation als zentrale Plattform und Vernetzerin für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Deutschland
- Kooperation mit Max Giesinger sensibilisiert für ein inklusives Miteinander – Song „Menschen“ als Plädoyer für mehr Vielfalt
Bonn (7. Oktober 2024) Seit nunmehr 60 Jahren setzt sich die Aktion Mensch – Deutschlands größte private Förderorganisation im sozialen Bereich – für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung sowie die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen ein. In den Jahren ihres Bestehens hat sie mehr als 5,4 Milliarden Euro an soziale Projekte in ganz Deutschland weitergegeben, um die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung sowie Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern.
Eine starke Stimme für Inklusion in Deutschland
Seit ihrer Gründung durch das ZDF und die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege ist die Aktion Mensch Plattform und Vernetzerin für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. So wie etwa im Jahr 1997, als sie gemeinsam mit Verbänden und Initiativen durch die bundesweite Kampagne „Aktion Grundgesetz“ die Gesetzesänderung „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden" in den Fokus der Gesellschaft rückte. Ein weiterer Meilenstein war die Kampagne „Ich will kein Mitleid. Ich will Respekt", die statt bloßer Fürsorge die Forderung nach Teilhabe von Menschen mit Behinderung in den Vordergrund stellte. Dieser Paradigmenwechsel fand im Jahr 2000 auch Ausdruck in der Namensänderung von Aktion Sorgenkind zu Aktion Mensch.
Darüber hinaus ist es der Aktion Mensch immer wieder gelungen, gesellschaftsrelevante Impulse zu setzen und eine Vorreiterrolle einzunehmen. Zum Beispiel beim Thema digitale Barrierefreiheit – bereits 2001 förderte die Aktion Mensch einen barrierefreien Zugang zum Internet. Dabei immer im Blick: Das Einbinden von Menschen mit Behinderung in die Entwicklung von Projekten und Förderprogrammen – partizipativ und wirkungsorientiert.
„Wir sind stolz darauf, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten mit unseren Fördermitteln einen entscheidenden Beitrag zu mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung und für die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen leisten konnten“, sagt Armin v. Buttlar, Vorstand der Aktion Mensch. „Doch das Jubiläum ist auch ein Ansporn für die Zukunft – denn wir wissen: Knapp achtzig Prozent der Menschen mit Behinderung sorgen sich um einen Bedeutungsverlust von Inklusion*. Umso mehr wollen wir uns künftig noch stärker auf Inklusion von Anfang an fokussieren. Also junge Menschen aktivieren, ihre Potenziale zu entfalten, Werte anzuerkennen, soziale Verantwortung zu entwickeln und Selbstwirksamkeit zu erfahren. So legen wir den Grundstein für Inklusion und ein vielfältiges Miteinander.“
Gesellschaftliche Missstände verhindern noch immer Teilhabe
Bereits vor 15 Jahren trat die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Ziel war es, die Bedingungen für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu schaffen. Doch zu viele Sonderstrukturen und Benachteiligungen in allen Lebensbereichen verhindern, dass Menschen mit Behinderung selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können – so übersehen immer noch zu viele Unternehmen trotz des Fachkräftemangels die Potenziale von Arbeitnehmer*innen mit Behinderung oder auf dem Wohnungsmarkt mangelt es erheblich an barrierefreien Wohnungen. Der Aktion Mensch ist es deshalb ein wichtiges Anliegen, diesen Missständen entgegenzuwirken – ob durch das Vorhaben, jeden Tag einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu schaffen oder durch die Förderung von inklusivem Wohnen.
Aktion Mensch und Max Giesinger: Gemeinsam für mehr Vielfalt
Begleitet wird das Jubiläum – und damit der Ansporn, auch in den nächsten Jahrzehnten für Gleichberechtigung und Teilhabe einzustehen – von einer umfangreichen Kooperation mit Max Giesinger. Gemeinsam mit der Sozialorganisation will der Musiker ab sofort im Rahmen von aufmerksamkeitsstarken Aktionen auf bestehende Missstände beim Thema Inklusion hinweisen und den Fokus auf gesellschaftlichen Zusammenhalt lenken.
Den Beginn der Zusammenarbeit markiert der kürzlich veröffentlichte Song „Menschen“ von Max Giesinger, der von der Aktion Mensch als Soundtrack für eine anstehende Kampagne und weitere Aktionen ausgewählt wurde. Der Song setzt ein starkes Zeichen für mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft. Darüber hinaus hat die Sozialorganisation das Musikvideo in einer barrierefreien Version bereitgestellt. „Ich freue mich sehr darauf, mich in den kommenden Monaten gemeinsam mit der Aktion Mensch für das so wichtige Thema der Inklusion starkzumachen“, sagt Max Giesinger. „Mit dem Song möchte ich dazu ermutigen, Individualität zu feiern und für Vielfalt einzustehen. So kann jede*r von uns dazu beitragen, die Welt ein bisschen menschlicher zu gestalten.“
Denn auch 60 Jahre nach ihrer Gründung, möchte die Aktion Mensch Menschen dazu ermutigen, gemeinsam eine barrierefreie Gesellschaft mitzugestalten – durch Engagement und durch Begegnungen.
Zahlen, Daten und Fakten zum Jubiläum
Durch die Einnahmen aus der Soziallotterie konnte die Aktion Mensch in den vergangenen 60 Jahren mehr als 3,9 Milliarden Euro an glückliche Gewinner*innen vergeben. Heute zählt sie rund vier Millionen Lotterieteilnehmer*innen, die dank ihres Engagements zur Umsetzung vielfältiger sozialer Projekte beigetragen haben. Jährlich fördert die Aktion Mensch bis zu 8.500 Projekte für Inklusion mit Schwerpunkten in den Lebensbereichen Arbeit, Freizeit, Bildung, Wohnen, Mobilität sowie der Barrierefreiheit. Darüber hinaus nennt der Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung die Aktion Mensch als größte nichtstaatliche Förderorganisation in der Kinder- und Jugendhilfe. In den letzten 20 Jahren wurden Projekte in diesem Bereich mit einer Fördersumme von über 367 Millionen Euro unterstützt.
*Das Ergebnis stammt aus einer Umfrage der Aktion Mensch zur diesjährigen Europawahl. Gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut Ipsos wurden bundesweit 332 Menschen mit Beeinträchtigung ab 16 Jahren repräsentativ online befragt.
Zusatzinformationen & Interviewangebot zum Jubiläum der Aktion Mensch
- Das ZDF zeigt am 12. und 19. Oktober die zweiteilige Reportage „Die Aktion Mensch wird 60!“ über die Entstehungsgeschichte der Aktion Mensch. Beide Teile sind schon ab dem 8. Oktober in der ZDF-Mediathek abrufbar.
- Eine umfassende Chronik mit den wichtigsten Ereignissen, Meilensteinen und Entwicklungen der Sozialorganisation finden Sie hier: www.aktion-mensch.de/ueber-uns/chronik
- Der Song „Menschen“ von Max Giesinger kann auf allen bekannten Musikplattformen gestreamt werden. Unter https://youtu.be/DAdlWCcTPJE finden Sie die barrierefreie Version des Videos.
Gerne vermitteln wir Ihnen Interviews mit Armin v. Buttlar, Vorstand der Aktion Mensch.
Zeitreise: Die Historie der Aktion Mensch
Die Aktion Mensch wurde 1964 von dem ZDF-Journalisten Hans Mohl als gemeinnütziger Verein gegründet, zunächst unter dem Namen Aktion Sorgenkind. Anlass war der Contergan-Skandal Anfang der 1960er Jahre, bei dem die Einnahme eines Schlafmittels zu Fehlbildungen bei 5.000 Neugeborenen führte. Mohl entwickelte daraufhin die Idee, durch eine Lotterie sowie durch Spenden im Unterhaltungsfernsehen Geld zu sammeln, um die Lebensbedingungen von Kindern mit Behinderung zu verbessern und Menschen mit Behinderung mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft zu verschaffen. Die Sendung „Vergißmeinicht“ wurde am 9. Oktober 1964 somit zur Geburtsstunde der Aktion Sorgenkind.
Im Jahr 1981 kam es schließlich zu einem gesellschaftlichen Wendepunkt: Im „Internationalen Jahr der Behinderten“ trat eine neue, emanzipatorische Bewegung in Erscheinung: die sogenannte Krüppelbewegung. Menschen mit Behinderung berichteten öffentlich von alltäglichen Diskriminierungserfahrungen und kritisierten die Darstellung von Behinderung durch die Aktion Sorgenkind und das ZDF. Schon wegen ihres Namens wurde die Soziallotterie als Symbol einer diskriminierenden gesellschaftlichen Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung wahrgenommen.
Aufgrund der anhaltenden Kritik suchte die Aktion Sorgenkind in den folgenden Jahren nach einer neuen Rolle zwischen Wohlfahrtsverbänden, Selbsthilfeverbänden und Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderung. Die Krise wurde zur Chance für einen Paradigmenwechsel, der sich 1995 in der Kampagne „Ich will kein Mitleid. Ich will Respekt“ erkennen ließ. Menschen mit Behinderung traten als selbstbewusste Akteur*innen auf, die einen Umgang auf Augenhöhe und gleichberechtigte Teilhabe fordern. Im Jahr 2000 folgte ein weiterer konsequenter Schritt in Richtung eines Paradigmenwechsels: die Umbenennung in Aktion Mensch.
In 60 Jahren hat die Sozialorganisation viel für eine inklusive und barrierefreie Gesellschaft in Deutschland erreicht – und in Zukunft noch viel vor.
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Über die Aktion Mensch
Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das selbstverständliche Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte. Möglich machen dies rund vier Millionen Lotterieteilnehmer*innen. Zu den Mitgliedern gehören: ZDF, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Seit Anfang 2014 ist Rudi Cerne ehrenamtlicher Botschafter der Aktion Mensch www.aktion-mensch.de