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Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitert an Einstellungspolitik der Unternehmen / Fotocredits: Thilo Schmülgen
Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitert an Einstellungspolitik der Unternehmen / Fotocredits: Thilo Schmülgen

Pressemitteilung -

Inklusionsbarometer Arbeit: Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitert an Einstellungspolitik der Unternehmen

Corona-Krise ist für Menschen mit Behinderung noch nicht ausgestanden – Langzeitarbeitslosigkeit kritisch

  • Inklusionsbarometer Arbeit zeigt: Arbeitsmarktsituation für Menschen mit Behinderung stabilisiert sich wieder, Folgen der Pandemie halten jedoch an
  • Jedes vierte Unternehmen besetzt keinen Pflichtarbeitsplatz für Arbeitnehmer*innen mit Behinderung
  • Arbeitsmarkt missachtet Potenziale trotz Fachkräftemangel

Bonn (30. November 2022) Die Folgen der Pandemie sind für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt noch immer spürbar: Zwar sinken die Arbeitslosenzahlen nach Jahren der Krise wieder, gleichzeitig verschärft sich jedoch die Langzeitarbeitslosigkeit. Nahezu die Hälfte aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung – ein Plus von über fünf Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Erholung und Fortschritt der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitern dabei insbesondere an der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes, das in diesem Jahr zum zehnten Mal erscheint.

Ausgleichsabgabe statt Beschäftigung – Mehrheit der Unternehmen kauft sich frei

Etwa 173.000 Unternehmen in Deutschland sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Während lediglich rund 40 Prozent dieser Unternehmen alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, beschäftigen fast 26 Prozent keinerlei Arbeitnehmer*innen mit Behinderung – sie entziehen sich gänzlich ihrer Verpflichtung und zahlen stattdessen die volle Höhe der sogenannten Ausgleichsabgabe.

Die derzeitige Einstellungspolitik ist umso kritischer vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen von Unternehmen zu bewerten, die Menschen mit Behinderung beschäftigen: 80 Prozent geben laut einer repräsentativen Befragung im Rahmen der Studie an, keine Leistungsunterschiede zwischen Kolleg*innen mit und ohne Behinderung wahrzunehmen. „Die Entwicklung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt hängt entscheidend von der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen ab. Doch trotz zunehmender Personalengpässe ignorieren viele das Potenzial von Arbeitnehmer*innen mit Behinderung“, so Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes.

Gespaltene Situation: Stabile Arbeitsverhältnisse versus Langzeitarbeitslosigkeit

Einmal auf dem Arbeitsmarkt angekommen, bewertet das Gros der Angestellten mit Behinderung den Einsatz ihrer Fähigkeiten als adäquat: 89 Prozent bestätigen, dass sie ihren beruflichen Qualifikationen entsprechend eingesetzt werden. Gleichzeitig erweisen sich bestehende Arbeitsverhältnisse als stabil – im Jahr 2021 gab es mit 19.746 so wenig Anträge auf Kündigung von Menschen mit Behinderung wie noch nie seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers.

Sind Menschen mit Behinderung dagegen arbeitslos, zeigt sich ein anderes Bild: Im vergangenen Jahr gelang lediglich drei Prozent die Rückkehr in den Arbeitsmarkt, während es bei Menschen ohne Behinderung sieben Prozent waren. Arbeitslose ohne Behinderung haben folglich eine mehr als doppelt so hohe Chance, eine Anstellung zu finden als Arbeitslose mit Behinderung. Dies verstärkt weiterhin die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit: Mehr als 80.000 potenzielle Arbeitnehmer*innen – und damit rund 47 Prozent aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung – sind mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung.

„Der in ganz Deutschland erneut gestiegene Anteil an langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist alarmierend – dieser Missstand verfestigt sich mehr und mehr. Ohne eine drastische Verstärkung der Inklusionsbemühungen wird die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren kaum aufzuheben sein“, mahnt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.

Bildmaterial und Zusatzinformationen zum Inklusionsbarometer Arbeit

In unserem Pressezentrum unter www.aktion-mensch.de/presse finden Sie

  • die vollständige Studie „Inklusionsbarometer Arbeit 2022“
  • Pressemitteilungen mit Auswertungen für Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Ostdeutschland
  • zusätzliche Statements von Prof. Dr. Bert Rürup und Christina Marx
  • Bildmaterial und Grafik

Gerne vermitteln wir Ihnen Interviews mit den Zitatgeber*innen sowie Protagonist*innen in Ihrer Region, die von ihren persönlichen Erfahrungen berichten können. Weitere Informationen finden Sie zudem unter www.aktion-mensch.de/inklusionsbarometer


Über das Inklusionsbarometer Arbeit

Seit 2013 erstellt das Handelsblatt Research Institute in Kooperation mit der Aktion Mensch jährlich das Inklusionsbarometer Arbeit. Basierend auf den jüngsten statistischen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Integrationsämter werden zehn Teilindikatoren ausgewertet. Diese geben Auskunft über den aktuellen Grad der Inklusion von Menschen mit Schwerbehinderung in den ersten Arbeitsmarkt. Ziel ist es, Ansatzpunkte zu identifizieren, mit deren Hilfe Inklusion vorangetrieben werden kann. In diesem Jahr wird die Analyse ergänzt durch eine repräsentative Online-Umfrage unter 800 abhängig beschäftigten Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung sowie durch eine telefonische Umfrage unter Personalverantwortlichen von 500 Unternehmen, die Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung beschäftigen.

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Über die Aktion Mensch

Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das selbstverständliche Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte. Möglich machen dies rund vier Millionen Lotterieteilnehmer*innen. Zu den Mitgliedern gehören: ZDF, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Seit Anfang 2014 ist Rudi Cerne ehrenamtlicher Botschafter der Aktion Mensch www.aktion-mensch.de

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Celina Lelle

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Kommunikation / PR 0228 2092-359

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