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Eine Apothekerin berät einen ca. 50 jährigen Kunden und zeigt ihm einen Stuhltest zur Darmkrebsvorsorge.
Die Apotheke als zentrale Anlaufstelle für Gesundheitsfragen.

Blog-Eintrag -

Stuhltests zur Darmkrebsfrüherkennung in Apotheken?

Studie der Hochschule Fresenius zeigt das Potenzial von Apotheken bei der Darmkrebsprävention.

München, 18. Dezember 2025 Eine Studie der Hochschule Fresenius im Auftrag der Felix Burda Stiftung zeigt: Apotheken können die Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung durch die Ausgabe immunologischer Stuhltests (IFOBT) deutlich erhöhen. 87 Prozent der befragten Apotheken sehen das Angebot als sinnvolle Ergänzung, 71 Prozent der Kund:innen schätzen den leichteren Zugang und 66 Prozent würden einen Test in der Apotheke nutzen. Zugleich verweisen Apotheken auf Hürden wie fehlende Schulung (49 Prozent), Hygiene (46 Prozent) und Logistik (34 Prozent).

Laut den Daten des Robert Koch Instituts (RKI) werden jährlich etwa 54.610 Menschen in Deutschland neu mit der Diagnose Darmkrebs konfrontiert. Allein rund 22.670 Menschen sterben daran. Das müsste nicht sein – da es niederschwellige Möglichkeiten zur Vorsorge von Darmkrebs wie den immunologischen Stuhltest (IFOBT) gibt, mit dem unsichtbares Blut im Stuhl nachgewiesen werden kann. Seit 2017 gehört der Test zum Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen.

Spanien als Benchmark für Deutschland.

Allerdings bleiben die Kapazitäten des Stuhltests als primärpräventive Maßnahme noch längst nicht ausgeschöpft. Eine Studie des DKFZ und der Barmer-Krankenkasse hat ergeben, dass von 2010 bis 2022 etwa 22,9 Prozent der anspruchsberechtigten versicherten Männer und 55,5 Prozent der Frauen nur etwa einmal die Option eines Stuhltests wahrgenommen haben. Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich deutlich hinter anderen Ländern mit „gut organisierten Programmen“. Die Studie der HS-Fresenius zeigt im Vergleich zu Spanien, wo das Apothekenmodell hervorragend funktioniert. Hier liegt die Teilnahmerate der eingeladenen Personen bei knapp 40 Prozent. Die Ausgabestellen für IFOBT-Kits, hauptsächlich Apotheken, erreichen Rücklaufquoten von über 90 Prozent, was die Effektivität von niedrigschwelligen Maßnahmen unterstreicht. In Deutschland liegt die Rücklaufquote bei maximal 79 Prozent. Zentrale Frage ist daher, wie man den Zugang und die Durchführung eines Stuhltests für anspruchsberechtigte Personen in Deutschland vereinfachen kann. Die Gründe für die niedrige Teilnahme hierzulande liegen unter anderem an der umständlichen Abwicklung, da diese mit einer Abholung und Rückgabe in einer ärztlichen Praxis verbunden ist – wohlgemerkt in der Regel bei Symptomfreiheit.

Apotheken als zentrale Anlaufstellen bei Gesundheitsfragen.

Unter Leitung des Studiendekans Prof. Dr. Andreas Beivers erforschten die Studenten der Hochschule Fresenius in München, Sophia Koch, Anna-Sophie Artner, Abraham Metz, Louis Salzl und Leon Rode aus wirtschaftspsychologischer Sicht, welchen Beitrag Apotheken leisten könnten, um die Teilnahmerate an der Darmkrebsvorsorge mittels Stuhltest zu erhöhen. Über 300 Apotheken und über 500 Apothekenkunden ab 45 Jahren beteiligten sich zwischen Mitte November 2024 bis Ende Januar 2025 deutschlandweit im Rahmen der Online-Umfrage. Besonders stark vertreten waren die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern. Großstädte, Kleinstädte und ländliche Regionen waren annähernd gleich verteilt. Die Mehrheit der Apotheken gab dabei eine Gesamtzahl der Beschäftigten von 7 bis 10 Mitarbeitenden an.

Deutschlandweite Studie unterstreicht das Potenzial des Apotheken-Modells.

Täglich haben Apotheken Kontakt zu einer Vielzahl von Menschen und ermöglichen flexiblere Öffnungszeiten. Zudem informieren Apotheken vor Ort, bieten individuelle Beratung und könnten beim Zugang zu Aufklärung und Vorsorgeleistungen helfen. Insbesondere Menschen aus ländlichen Regionen könnten von diesen Möglichkeiten profitieren. Laut Studie ist die hohe Reichweite von Apotheken hervorzuheben: 50 Prozent haben täglich 100 bis 200 Kunden. 38 Prozent bestätigen sogar einen Zulauf von mehr als 200 Kunden pro Tag. Dabei sind 74 Prozent der Kunden im Alter von 50 bis 69 Jahren. Das entspricht der Zielgruppe, für welche die Darmkrebsvorsorge essenziell ist.

Hinsichtlich der finanziellen Anreize erwarten sich 78 Prozent der Apotheken zusätzliche Gewinneinnahmen, während sich 66 Prozent einen Imagegewinn für Apotheken erhoffen. Für rund 70 Prozent ist es zudem ein Anliegen, das Gesundheitsbewusstsein zu stärken, und etwa 60 Prozent fühlen eine gesellschaftliche Verantwortung. Apotheken könnten mit dieser Präventivmaßnahme als Signal zur Gesundheitsförderung beitragen, da sie sowohl in städtischen Zentren als auch in ländlichen Gebieten präsent sind und eine breite Zielgruppe direkt ansprechen können.

Positive Resonanz der Apotheken-Kunden.

Das Fazit der Apotheken-Kunden fällt insgesamt positiv aus. 71 Prozent der befragten Kunden schätzen die Vorteile von „leichterem Zugang zum Stuhltest“. Rund 66 Prozent bestätigen eine hohe Bereitschaft zur Ausführung eines Stuhltests, wenn dieser in einer Apotheke verfügbar und abzugeben wäre. 51 Prozent erkennen es als einen zusätzlichen Nutzen, eine direkte Aufklärung und mehr Informationen von Apotheken zu erhalten. 35 Prozent werten eine persönliche Beratung als wesentlichen Pluspunkt. Kostenlose oder vergünstigte Tests, beispielsweise durch die Kostenübernahme durch Krankenkassen, könnten die Teilnahmequote ebenfalls steigern.

Herausforderungen in der praktischen Umsetzung.

Trotz der positiven Aspekte bestehen aus Sicht der teilnehmenden Apotheken Herausforderungen. Als Nachteil bewerten 49 Prozent die fehlende Schulung des Personals. 46 Prozent äußern Bedenken in Bezug auf die hygienische Umsetzung. Zusätzlich sehen 46 Prozent die zeitliche Mehrbelastung als Schwierigkeit. Für rund 34 Prozent ist der Personalmangel in Apotheken ein spürbares Problem. 34 Prozent betrachten die logistischen Herausforderungen als Hindernis. Weitere Bedenken beziehen sich auf Vergütung und Datenschutz.

Die Studienergebnisse fasst Beivers folgendermaßen zusammen: „Die Apotheke ist einer der zentralen Orte, an denen Gesundheit nicht nur wiederhergestellt, sondern auch bewahrt werden kann. Dies wird noch immer zu wenig wahrgenommen, deren Potenziale und Kompetenzen zu wenig genutzt - gerade auch im Bereich der Prävention. Unsere Studienergebnisse zeigen dabei eindrucksvoll, dass auch im Bereich der Darmkrebsfrüherkennung Apotheken einen entscheidenden Beitrag leisten können - und wollen. Es wäre unverantwortlich, dieses Potenzial nicht besser zu nutzen. Unsere Umfrageergebnisse zeichnen dabei ein deutliches Bild, wo heute Hürden liegen und was es zu tun gilt, um die Ausgabe immunologischer Stuhltests (IFOBT) durch die Beteiligung von Apotheken deutlich zu erhöhen. Bleibt zu hoffen, dass auch Politik und Selbstverwaltung unsere Ergebnisse als wichtigen Impuls für weitere Überlegungen und Anpassungen in diesem Bereich berücksichtigen.“


Die Studenten der Projektgruppe der Hochschule Fresenius.


Was jetzt zu tun ist.

Damit Apotheken eine Schlüsselrolle in der Darmkrebsvorsorge spielen können, müssten auch in Deutschland klare gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Ergebnisse der Studie signalisieren mit 87 Prozent der befragten Apotheken eine klare Bereitschaft zur Umsetzung des Apotheken-Modells. Etwa 56 Prozent der Apotheken benötigen allerdings noch technische Upgrades, wären aber bereit, dies mit Unterstützung umzusetzen. 55 Prozent wünschen sich finanzielle und organisatorische Unterstützung durch staatliche Programme. Zur Sicherstellung der Qualitätssicherung müsste die Kooperation mit Ärzten und Laboren gleichermaßen eng abgestimmt sein. Gezielte Schulungen zum Ausbau der Beratungskompetenz des Apothekenpersonals sowie faire Lohnanpassungen wären laut Studienergebnis zusätzlich entscheidende Faktoren. Pilotprojekte in Zusammenarbeit mit Krankenkassen könnten ebenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Prof. Dr. Heidrun M. Thaiss, Executive Director Medicine & Science der Felix Burda Stiftung, bewertet die Ergebnisse folgendermaßen: „Der zunehmende Mangel an gut erreichbaren Praxen und die aktuellen technischen Hürden stehen einer niedrigschwelligen Verfügbarkeit primärpräventiver Maßnahmen wie dem immunologischen Stuhltest zur Frühdetektion von Darmkrebs im Wege. Eine Ausgabe der Stuhltests in Apotheken könnte hier ein erster Schritt sein. Unabdingbare Voraussetzungen sind aber ein hoher Qualitätsstandard bei der Durchführung und Interpretation sowie je nach Ergebnis die Einleitung weiterer Maßnahmen in enger Abstimmung mit Haus- und Fachärzten.“


DETAILS ZUR STUDIE
Studentisches Forschungsprojekt an der Hochschule Fresenius München.
Erhebungsmethode: Kombination aus quantitativem Fragebogen mit qualitativen Elementen
Erhebungszeitraum: 14.11.2024 – 26.01.2025
Studienteilnehmer: Anteil von Frauen (67 Prozent), Anteil von Männern (33 Prozent), ältere Menschen (>60 Jahre) Teilnahme (43 Prozent)


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