Von Mensch zu Mensch

Beziehungen und Vertrauen sind die Währungen in der PR, die wirklich zählen. Sie ersetzen keine Inhalte, aber schaffen unbezahlbare Zugänge, mehr Coverage – und können im Krisenfall entscheiden, wie dieser für Sie ausgeht.
PR ist Beziehungsarbeit. Klar; das sagt schon der Name. Aber nicht so sehr mit der breiten Öffentlichkeit, auch wenn dieses das finale Ziel ist. Vielmehr ist Kern der PR die Beziehungspflege auf persönlicher Ebene mit Multiplikatoren. Etwa Journalisten, Bloggern, „Content Creators“ oder anderen, die die öffentliche Meinung beeinflussen. Zu ihnen tragfähige Beziehungen aufzubauen, ist der wohl erfolgversprechendste Weg, die eigenen kommunikativen Ziele zu erreichen. Und auch der herausforderndste.
Ein einmaliger Kontakt ist keine Beziehung, allenfalls eine gegenseitige Kenntnisnahme. Beziehungen definieren sich über die Zeit. Und darin liegt die Herausforderung für Kommunikatoren: Beziehungen entstehen nicht durch einen einmaligen Anruf oder eine isolierte Begegnung. Sondern durch regelmäßigen Austausch und durch Interesse an den Themen des anderen. Es ist ein langfristig angelegtes Konzept.
Gerade in beruflichen Beziehungen gilt die Grundregel: Nicht nur wollen, sondern auch bieten. Aber nicht das, was der eigene Chef will. Sondern, was der Journalist oder Blogger will: echten Nutzen für sich. Das dürfte insbesondere am Anfang des Kontakts, der sich zur Beziehung weiterentwickeln soll, eher ungewöhnlich sein. Aber ein notwendiger Weg.
Es ist der Teil-Abschied von der klassischen Pressearbeit, die nicht auf Dialog und Beziehungen setzt, sondern meist eine kommunikative Einbahnstraße ist: „Hier ist unsere Mitteilung – mach‘ was draus!“. Das mag Mega-Konzernen mit News gelingen, die Millionen Menschen betreffen. Allen anderen eher nicht.
Beziehungen entstehen anders. Etwa durch Interesse an den Themen des anderen. Zum Glück sind die bei den passenden Journalisten und Influencern sehr ähnlich zu den eigenen. Das ist der Ansatzpunkt, um in einen Austausch zu treten. Und die diversen Social-Media-Kanäle machen das leicht.
Beziehungen steigern Nähe, Nähe steigert Austausch, Austausch bedeutet Annäherung – und Annäherung gegenseitiges Verständnis. Es ist das ultimative Ziel der PR: Denn es sichert einen fairen Umgang miteinander.
Es entspricht der menschlichen Natur, dass wir eher vertrauen, wen wir kennen. Das geht auch medialen Multiplikatoren so. Was der eigene Beziehungskreis anspricht, wird als wichtiger eingeschätzt, als Themen, die von unbekannten Dritten kommen.
Gerade in Krisensituationen zahlen sich Beziehungen aus. Mit Journalisten, Bloggern oder Influencern auf dem „kleinen Dienstweg“ sprechen zu können, kann einen entscheidenden Unterschied für den weiteren Verlauf einer Krise machen. Wer zuvor eine Beziehung aufgebaut hat, kann seine eigene Position besser zu Gehör bringen – und Berichterstattung im eigenen Sinne beeinflussen.
Wie also Beziehungen konkret aufbauen in einer zersplitterten Medienlandschaft, die kaum unübersichtlicher sein könnte und traditionelle „Gatekeeper“ zunehmend an den Rand gedrängt werden? Ein paar Vorschläge:
- Folgen Sie den für Sie wichtigen Journalisten, Bloggern und Influencern in den sozialen Medien. Kommentieren Sie deren Beiträge und steigen Sie auch in (ungefährliche) Diskussionen ein, die zunächst nichts mit Ihren Themen zu tun haben.
- Halten Sie Kontakt ohne direkte Erwartungen. Gratulieren Sie zu beruflichen Veränderungen oder gelungenen Artikeln bzw. Beiträgen. Niemand weist Lob zurück.
- Treffen Sie ihre mediale Zielgruppe auf Präsenzveranstaltungen. Etwa Fachkongressen oder Messen. Gehen Sie auch in Presseclubs, stellen Sie sich persönlich vor. Aber bringen Sie immer etwas für Ihr Gegenüber mit – eine hilfreiche Information oder der Zugang zu wichtigen Personen.
- Machen Sie unverbindliche Angebote für einen Redaktionsbesuch – und bringen Sie Ihren Vorstandschef, Ihren Chefentwickler oder eine andere Person mit, die exklusive Informationen verspricht. Aber akzeptieren Sie auch ein „Nein“.
Zum Aufbau einer Beziehung gehören Handwerk wie Umgangsformen gleichermaßen. Ja, Sie müssen Geschichten erzählen und Inhalte stringent vermitteln können, Sie müssen News auf den Punkt bringen und Ideen verständlich erläutern können. Aber Sie müssen auch ein verlässlicher Ansprechpartner sein. Erreichbar, pünktlich, ehrlich, respektvoll. Vor allem müssen Sie sich klarmachen: Jeder Ihrer Kontakte ist ein Individuum. Was für den einen funktioniert, funktioniert noch lange nicht für den anderen.
Mit einem Satz: Es gibt leichtere Aufgaben! Aber das macht ja den Reiz des Jobs aus, oder?
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