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Cover des Buches ‹Rudolf Steiner als Philosoph›, Verlag am Goetheanum. Unter Verwendung eines Ausschnitts aus dem Deckenfresko von Raphael im Palazzi Pontifici (Copyright bpk | scala)

Pressemitteilung -

Gestaltende Wirkung des denkenden Ich >>> Buch über Rudolf Steiners originäre Beiträge zur Philosophie

Goetheanum, Dornach, Schweiz, 29. Oktober 2025

Bekannt ist Rudolf Steiner als Impulsgeber etwa der Waldorfpädagogik, der biodynamischen Landwirtschaft und der Anthroposophischen Medizin. In seiner Dissertation und weiteren Werken entwickelte er eine Philosophie, die auf der Realität und geistigen Aktivität des menschlichen Ich baut.

«Es scheint, als ginge man davon aus, dass [Rudolf] Steiner der Philosophie nichts zu sagen hätte.» Das schreibt Eckart Förster als Co-Herausgeber des Buches ‹Rudolf Steiner als Philosoph›. Er stellt dar, wie sich seit Rudolf Steiners Zeit das Verständnis der Philosophie verändert hat; fünf Philosophen und eine Philosophin zeigen seine heute noch diskussionswürdigen Beiträge für die Philosophie auf.

Renatus Ziegler sieht in Rudolf Steiners Rezeption der mittelalterlichen Universalienlehre die Erweiterung zu einer ‹Denkerfahrungswissenschaft›. Sie führe vom reinen Denken «bis hin zu einem bewussten, durch dieses Denken begleiteten Wahrnehmen und Erkennen konkreter geistig wirksamer Ereignisse, Prozesse und Wesenheiten». Verbunden damit ist die Perspektive des Menschen, der «als Individualität sein eigenes Potenzial in die Zukunft hinein zu entfalten» vermag. In Abgrenzung zu Immanuel Kant und Johann Gottlieb Fichte hob Rudolf Steiner die produktive Seite des menschlichen Denkens hervor, ausgehend vom Postulat «Das Ich setzt das Erkennen», so Klaus Fergesheimer. Wahrheit bilde sich aus dem Menschengeist: «Frei ist dieses Erzeugnis, weil uns das Gegebene nicht zwingen (determinieren) kann, es zu erkennen.» Auch Johanna Hueck arbeitet Rudolf Steiners Weg «von einer betrachtenden (vorstellenden) zu einer erlebenden (imaginativen) Erkenntnisform» heraus, womit er den Verlauf der Philosophiegeschichte änderte. Denken werde «als wesenhafte Tätigkeit in der eigenen Seele imaginativ erlebt», und das könne «im strengen Sinne nicht mehr Philosophie genannt werden»: Es sei nun eine «Erfahrungs- und Experimentalwissenschaft des Bewusstseins» mit «Anleitungen zur Durchführung dieser Erfahrung».

Christian Tewes bringt Rudolf Steiners «Erforschung des Denkens» anhand seiner Schriften ‹Wahrheit und Wissenschaft›, ‹Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung› und der ‹Philosophie der Freiheit› in Verbindung mit Ansätzen der heutigen Kognitiven Phänomenologie. Rudolf Steiner habe «mit der Unterscheidung des Ausnahmezustands (Beobachtung des Denkens) und dem intuitiven Denken einen wichtigen philosophischen Beitrag geleistet», der «rein systematisch wie auch ganz konkret» für die K[ognitive]P[hönomenologie] «bedeutsam ist».

Rudolf Steiners ethischer Individualismus lasse sich als eine Fortführung der Tugendethik unter den Bedingungen des nach Autonomie strebenden Individuums der Neuzeit lesen, als eine originäre Ethik der Authentizität, legt Andreas Luckner dar. In einem weiteren Beitrag entwickelt er, wie Rudolf Steiner vor Martin Heideggers Technikphilosophie die Gefahr des Verlustes des Menschseins (durch die Unternatur) beschrieb und anregte, dieser Herausforderung durch die Entwicklung höherer geistiger Fähigkeiten (Übernatur) durch Kunst und Geisteswissenschaft zu begegnen.

Anders als Wilhelm Dilthey habe Rudolf Steiner, wie Jaap Sijmons darstellt, mit seiner Systematik philosophischer Weltanschauungen zwölf unterschiedliche und dabei gleichrangige Blicke auf die Wirklichkeit dargestellt, die eine Ganzheit bilden.

Anliegen des Buches sei, so Eckart Förster, keine Apologetik Rudolf Steiners, sondern es sei eine Anregung, «motiviert durch die Annahme, dass es rein philosophisch von Interesse sein könnte, wie man Steiner zufolge mit der Philosophie über die Philosophie hinausgehen kann.»

(3640 Zeichen/SJ)

Buch Eckart Förster, Christiane Haid (Herausgeber): Rudolf Steiner als Philosoph. Eine Standortbestimmung, Verlag am Goetheanum, 352 Seiten, 54.90 Franken Web

Ansprechpartner Johannes Onneken

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