Pressemitteilung -
Der neue Medienstaatsvertrag – Booster oder Innovationshemmer? Medienexperten zwischen Optimismus und Skepsis
„Es ist kompliziert“ – der Beziehungsstatus der Sender, Plattform- und Netzbetreiber zum neuen Medienstaatsvertrag sieht noch nicht nach großer Liebe aus. Oder etwa doch? Staatssekretärin Heike Raab ist stolz auf eine „moderne Gesetzgebung“, ihre Gesprächspartner urteilten vorsichtig optimistisch bis skeptisch. Nach 30 Minuten Diskussion stand fest: Dieser Tasting Talk verlangt nach Nachschlag.
Beim zehnten Tasting Talk wurde der im November 2020 beschlossenen Medienstaatsvertrag vorgestellt und lebhaft diskutiert. Rechtsanwalt Michael Schmittmann leitete mit seinem Impulsvortrag in das Thema ein und stellte die Kerncharakteristika des neuen Vertrags vor. Die online zugeschalteten Teilnehmer der Medienbranche wurden nach ihrer Meinung befragt – und bestätigten den ersten Eindruck: es ist kompliziert. Trotz intensiver Einbindung aller möglichen Stakeholder löst das neue Gesetzeswerk keinen spontanen Jubel aus. Liegt es an seiner vergleichsweise „modernen“ Konstruktion, die vieles offen lässt? Oder einfach nur daran, dass sich die Branche noch ihr Urteil bilden muss?
Dr. Jörn Krieger diskutierte mit den Gästen Dr. Michael Müller von ProSiebenSat.1, Dr. Stephan Korehnke von Vodafone sowie der Staatssekretärin für Medien und Digitales des Landes Rheinland-Pfalz, Heike Raab. Im Fokus der Diskussion standen die Einstufung des Public Value, die „Netflix-Taste“ und das Streitthema der regionalen Werbung. Die rekordverdächtige „Einschaltquote“ und die zahlreichen Reaktionen auf diesen Tasting Talk zeigten: Die Medienbranche verlangt nach Nachschlag. Veranstalter Frank Apfel plant bereits eine weitere Diskussionsrunde zum Thema, der Termin wird in Kürze bekannt gegeben.
Die 30-minütige Diskussion bei YouTube
Die Positionen der Diskussionsteilnehmer im Schnellüberblick:
Michael Schmittmann bezeichnet den Medienstaatsvertrag im Bezug auf die Regelung von digitalen Intermediären als „einmalig und erstmalig in Europa“ und spricht von einem „modernen Recht, das man nicht als Booster, aber auch schon gar nicht als Innovationsemmer sehen muss“. Er sieht im neuen Medienstaatsvertrag „keine Überregulierung“ und verweist auf die große Rolle der Endnutzer und Rezipienten, die durch die „Abstimmung mit der Fernbedienung“ über die Relevanz der Angebote entscheiden.
Heike Raab verteidigt den Medienstaatsvertrag gegen Kritik und sieht einen „konstruktiven Dialog“ in der Entstehung des Vertrags. Die Einstufung durch den Public Value begründet sie damit, „in der digitalen Transformationswelt allen Menschen kommunikative Chancengleichheit ermöglichen zu wollen“. Im Verbot regionaler Werbung für große Player sieht Raab den Schutz der „pluralistischen Medienvielfalt in Deutschland“ und verweist auf die „wirtschaftlich schwierigeren Grundlagen“ der regionalen und lokalen Medienanbieter. Grundsätzlich sieht sie im neuen Vertrag eher die „Regelung großer Leitlinien in der digitalen Welt“, statt strenger Regulierung „aller Details“.
Dr. Michael Müller zeigt sich „sehr dankbar“ für die Regelung der Public-Value-Einstufung und erinnert an die „wichtige Aufgabe“ des Rundfunks. Er sieht in dieser Regelung einen „ganz wichtigen Meilenstein in der Sicherstellung des ‚Level Playing Fields‘ mit den starken internationalen Digitalunternehmen“ und hält fest: „Alle Investitionen in das Programm helfen nicht wenn der Rundfunk nicht gefunden wird“. Die Einschränkungen der regionalen Werbung sind für ihn dagegen „vollkommen unverständlich“ und er sieht Wettbewerbsnachteile durch einen „Schutz zugunsten der digitalen Internetunternehmen“
Dr. Stephan Kohrenke stellt „Skalierbarkeit und symmetrische Wettbewerbsvoraussetzungen“ bei der Bewertung des Medienstaatsvertrags in den Fokus und stellt fest: „Bei der Auffindbarkeit hätten wir uns schlankere und weniger eingriffsintensive Lösungen gewünscht“. Er sei aber unabhängig davon ebenfalls „überzeugt, dass es Public-Value-Inhalte auch in einer sich veränderten Medienwelt weiterhin geben muss“ und sieht in der Regelung des Medienstaatsvertrags „Rechtssicherheit für alle Beteiligten“.
Als Genussempfehlung zum Wochenende wurden diesmal ein weißer Burgunder vom Weingut Weegmüller aus Neustadt an der Weinstraße sowie ein Riesling des Weinguts Erben von Beulwitz aus Mertesdorf an der Mosel empfohlen.
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Das Media Tasting ist eine in Stuttgart sowie online ausgerichtete Spitzenveranstaltung für Top-Entscheider und -Experten der Medien- und Kommunikationsbranche in Deutschland. Eine Ausnahmestellung unter den Branchenevents genießt das Media Tasting durch seinen ausgewählten Teilnehmerkreis und sein ungewöhnliches Konzept: An das Prinzip einer Weinprobe angelehnt, werden den Teilnehmern relevante Change- und Innovationsthemen in kurzen Vortrags- und Talk-Impulsen vorgestellt. Im Anschluss erhält jeder Gast die Möglichkeit, aus dem Themenangebot eine individuelle Vertiefung zu wählen. Das Media Tasting setzt auf Klasse statt Masse und schafft einen niveauvollen Rahmen für die Vernetzung und persönliche Weiterentwicklung. Der LfK-Jahresempfang und ein Tasting des internationalen Weinwettbewerbs Mundus Vini runden das Genuss- und Networking-Erlebnis ab.
Als ganzjähriger, rein digitaler Ableger der Media Tastings haben sich seit 2019 die Tasting Talks etabliert; eine hochkarätig besetzte, halbstündige Online-Talkreihe zu aktuellen Branchenthemen.
Das Media Tasting wird gefördert vom Land, der Medien- und Filmgesellschaft (MFG), der Landesanstalt für Medien und Kommunikation (LfK) Baden-Württemberg sowie Sponsoren der Industrie. Veranstalter ist die Apfel Programm Marketing GmbH, Neustadt an der Weinstraße.
