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Digital Services Act: Effektives Gesetzespaket oder Überregulierung?
Digital Services Act: Effektives Gesetzespaket oder Überregulierung?

Pressemitteilung -

Digital Services Act: Effektives Gesetzespaket oder Überregulierung?

  • 34. Tasting Talk am 08.12.2023
  • Prof. Dr. Matthias Cornils gibt ein Update zum "Digital Services Act"
  • Anschlussdiskussion mit der LFK Baden-Württemberg und YouTube
  • DSA wird im Gros akzeptiert, lässt aber Fragen offen

Im Februar 2024 tritt europaweit eine neue mediale Regulierung in Kraft: Der Digital Services Act. Dieser soll (in Kombination mit dem Digital Markets Act) für alle Mitgliedsstaaten der EU eine einheitliche Regelung sein, um einen sicheren digitalen Raum zu schaffen. In diesem sollen die Grundrechte der User geschützt sowie Wachstum und Innovation möglich sein und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen gewahrt werden. Die Reaktionen auf das umfassende Gesetzespaket sind naturgemäß gespalten. Auch unsere Zuschauer am Freitag waren sich nicht einig, wie viel Regulierung die Medienbranche benötige: 34% bewerteten die Medienbranche grundsätzlich, 42% als teilweise überreguliert. Etwa ein Viertel (24%) sah noch Bedarf zur Regulation.

Die Inhalte, Folgen und Lücken des Digital Services Acts (DSA) haben wir mit fachkundigen und hochkarätigen Gästen im 34. Tasting Talk diskutiert. Zu Gast bei Florian Leiber und Moderator Dr. Jörn Krieger waren am Freitag Sabine Frank, Head of Government Affairs & Policy DACH/CEE bei YouTube und Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM). Der Impulsvortrag kam diesmal von Prof. Dr. Matthias Cornils von der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Die Aussagen der Experten im Überblick:

Prof. Dr. Matthias Cornils, Lehrstuhl für Medienrecht, Kulturrecht und Öffentliches Recht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz,sieht im Digital Services Act „einerseits ein beeindruckendes, andererseits ein besorgniserregendes Regelungswerk“. Neben einigen guten Ansätzen seien noch viele Frage offen. Unter anderem betreffen diese unklare Geltungsbereiche, offene Punkte in der Umsetzung sowie die Sicherstellung eines umfassenden Jugendmedienschutzes. Er beobachte eine „Aufeinanderschichtung immer neuer Rechtsakte“, ein „ungeheuer dichtes Netz an Organisationspflichten und Bürokratie“ sowie eine „erhebliche Rechtsunsicherheit“. Besonders kritisch sieht er die völlige Unabhängigkeit der Kommission der Bundesnetzagentur als Aufsichtsgremium: „Aus demokratischen Gründen ist eine so weitgehende Abkopplung aus den Kontrollzusammenhängen schwer erträglich“.

Außerdem sehe er durch ein „elaboriertes, ausgefeiltes Aufsichtskonzept“ sowie „ein Netzwerk von Verwaltungsbehörden“ Nachteile für europäische Unternehmen auf dem internationalen Markt. Es handele sich teilweise um „scharfe Anforderungen, die Marktteilnehmer in Europa kaum erfüllen können“. Die viel kritisierte Aufrechterhaltung der Haftungsprivilegierung sieht er dagegen positiv. „Ich halte die Entscheidung für richtig“, sagte er und führt aus: „Würde man eine volle Verantwortlichkeit für die Inhalte bei den Social Media Plattformen etablieren, würde man die Plattformen erst recht in die Verantwortlichkeits- und Medienrolle drängen, vor der man doch gerade so Angst hat“. Insgesamt würde jedoch erst die Zeit zeigen, ob der DSA eine „praktikable Lösung“ sei.

Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der LFK und Vorsitzender der DLM, sieht im Digital Services Act eine Reaktion der europäischen Union auf viele nationale Regulierungsbemühungen. Er teile „grundsätzliche Anhaltspunkte“ für eine neue und umfassende Regulierung und verwies dabei auf „viele illegale Inhalte“ im Netz: „Ich glaube, wir brauchen mehr Plattformregulierung“. Auch der Blick nach vorne zeige, dass im Zusammenhang mit KI und weiteren Entwicklungen Regulierung wichtig sei. Angesprochen auf eine mögliche Überregulierung und Bevormundung des Bürgers sagte er, es gehe „nicht darum die Mündigkeit des Bürgers in Frage zu stellen, sondern ihn im Teil zu schützen und ihm eine möglichst große Vielfalt zugänglich zu machen“.

Mit der Umsetzung des DSA sei man bei der LFK aber „nicht ganz glücklich“. Dort hätte man vor allem ein „ausdifferenzierteres System als idealer angesehen“. Kritisch sieht auch er die „Kommission als Oberaufsicht über die interessanten Plattformen“. Diese sei mehr ein „politisches Gremium“ und unterscheide sich so zentral von den „unabhängigen Aufsichtsbehörden, die wir bisher kannten“. Er hielt fest, dass für ihn „das nationale Medienrecht neben dem DSA“ stehe, da beide einer „anderen Zielrichtung“ folgen. „Unsere Regulierung zielt auf Medien- und Meinungsvielfalt“, während der DSA dagegen mehr den europäischen Binnenmarkt im Auge habe.

Sabine Frank, Head of Government Affairs & Policy DACH/CEE bei YouTube, vertrat im 34. Tasting Talk die großen Plattformen, die besonders im Fokus der neuen Regulierung stehen. Sie sieht keine Überregulierung durch den DSA und begrüßt die neue, einheitliche Lösung. „Es gab eine ganze Reihe von nationalstaatlichen Regulierungen, die sehr unterschiedlich waren“, sagte sie und fügte an: „Das ist schlecht für die Plattformen und schlecht für die Nutzerinnen und Nutzer“. Zudem sieht sie einen großen Fortschritt im Vergleich zum Netzdurchsetzungsgesetz, da dieses „nur eine Hand voll Plattformen reguliert“ und darüber hinaus nur „relativ beschränkte Strafrechtsparagraphen“ zur Verfügung hat.

„Dass jetzt aber mehr Plattformen in die Regulierung kommen, ist aus meiner Sicht richtig“. Es sei zu beobachten, das bisher „illegale Inhalte verschoben wurden“. Mit Blick auf die Folgen des DSA für YouTube stellte sie klar: „Vieles was im DSA steht haben wir bereits seit vielen Jahren schon praktiziert“. Der Anspruch sei, „dass wir uns jeweils nach den Strafrechtsvorgaben in den eigenen Mitgliedsstaaten konform verhalten. Darüber hinaus gibt es nochmal globale Regeln, weil wir wissen, dass in jedem Land Strafrechtsinhalte anders definiert sind“. Durch die Hausregeln der Plattform könne man wirksam gegen Desinformation und weitere illegale Inhalte vorgehen. Dabei sei „nicht immer Entfernung das richtige Mittel“, sondern im Fall von Fehlinformationen auch die Information.

Auch beim letzten Tasting Talk des Jahres durfte die Genussempfehlung von Gastgeber Florian Leiber nicht fehlen. Diesmal empfahl er einen alkoholfreien Traubensecco aus der Pfalz. Das Weingut Motzenbäcker aus Ruppertsberg sorgt mit diesem Perlwein für eine leckere Alternative für das Weihnachtsfest: Alkoholfreier Genuss für die ganze Familie.

Die Aufzeichnung des 34. Tasting Talks finden Sie in voller Länge hier:

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