Wenn das Marketing ausgebremst wird: 
Die große Stunde der Lebensmittel PR schlägt

Werbung für Kinder war immer beliebt – und genauso problematisch. Die politische Diskussion um Werbeverbote im Umfeld von Kindern mag für die Hersteller von Lebensmitteln ärgerlich sein, sie ist aber nicht das Ende der Welt: Systematisches Monitoring des Nachrichten- und Konkurrenzumfeldes vorausgesetzt, kann an ihre Stelle gut gemachte PR treten – im Zusammenschluss mit Marketing, Public Affairs und Produktpolitik. 

Ältere erinnern sich: Für die Jüngsten gab es bei McDonalds stets die „Junior-Tüte“. Mit Spielzeug darin soll seit jeher sie Kinder früh an die Fast-Food-Kette binden. Auch wenn die Tüte heute „Happy Meal“ heißt und sich ihre Zutaten etwas geändert haben: Die Strategie funktioniert noch immer – und ist neben Ernährungswissenschaftler inzwischen auch Teilen der Politik ein Dorn im Auge.

Der erste Warnschuss ertönte schon in im Jahr 2010: Als erste US-Großstadt hatte damals die Westküstenmetropole San Francisco Fast-Food-Ketten verboten, den Verkauf von ungesunden Menüs durch Spielzeug-Geschenke anzukurbeln. Begründung: der Anstieg von übergewichtigen Kindern, die sich ungesund ernähren. Nur „gesündere Happy Meals“, die eine Liste von strikten Ernährungsvorschriften erfüllen, durften noch zusammen mit Spielzeugen verkauft werden. Diese Gerichte müssen weniger Fett, Salz und Zucker enthalten und Obst und Gemüse mitliefern. Die Mahlzeit darf 600 Kilokalorien nicht überschreiten, mit weniger als 35 Prozent der Kalorien im Fett.

Das Thema ist aktueller denn je: Seit Ende Februar des Jahres 2023 sorgen Pläne für ein neues Gesetz in der deutschen Wirtschaft für Aufruhr. Bundesernährungsminister Cem Özdemir hat angekündigt, dass die Bundesregierung sämtliche an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel verbieten wolle, deren Salz-, Fett- oder Zuckeranteile einen festgelegten Anteil überschreiten: mit dem „Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz“. In vielen Ländern Europas tut sich Ähnliches – in Spanien etwa gelten entsprechende Verbote schon länger.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer läuft Sturm und gibt betroffenen Unternehmern eine Bühne im Netz. „Das wird gerne behauptet – dass es allein um Süßwaren geht. In Wahrheit sind aber auch viele Käsesorten, Quark und Butter betroffen, weil sie das geforderte Nährwertprofil nicht erfüllen, genauso wie salzhaltige Lebensmittel“, wettert da etwa Christof Küchle vom schwäbischen Oblaten-Produkte-Hersteller Küchle. „Es geht also in Wahrheit darum, die Essgewohnheiten der Menschen ganz grundsätzlich zu steuern. Für mich ist das ideologische Politik, weil sie mit dem tatsächlichen Problem nichts zu tun hat.“

PR und Lobbying stehen dem ausgehebelten Marketing beiseite

Nach dem Werbeverbot für Zigaretten droht nun einer viel größeren Gruppe von Produkten, dass sie nicht mehr umfänglich uneingeschränkt beworben werden können. Was heißt das für die klassische PR von Nahrungs- und Genussmittelherstellern? Hier ein paar Hinweise:

  • Was als Schlag gegen das Marketing verstanden werden kann, ist eine riesige Chance für die PR: Storytelling, die Zusammenarbeit mit Influencern und pfiffige Kampagnen jenseits der Plakatwände, Banner und TV-Spots. Die sind eben nicht oder nur bedingt reguliert. Die PR hat nun die Möglichkeit zu zeigen, was in ihr steckt – und dem lahmgelegten Marketing auf die Sprünge zu helfen. Dabei mag es beruhigen, dass Hans-Willi Schroiff, der 25 Jahre lang beim Konsumgüterhersteller Henkel die Marktforschung verantwortet hat, im Interview mit „Horizont“ ohnehin zu dem ernüchternden Ergebnis kommt: „Der Einfluss von Werbung wird dramatisch überschätzt.“
  • Wie immer gilt: Behalten Sie ihre Konkurrenz im Blick und monitoren Sie deren Aktivitäten auf Social Media. Trotz Werbeverboten gibt es eine Menge legale Möglichkeiten, hier auf sich aufmerksam zu machen. In einem lesenswerten Kommentar des Deutschlandfunkes etwa wird darauf hingewiesen: „Die Tabaklobby ist sehr findig darin, Werbeverbote zu umgehen und ihr Freiheits- und Abenteuerversprechen im öffentlichen Raum weiter zu verbreiten. Da saugen dann Influencer auf Instagram vor Naturkulisse an E-Zigaretten und verkaufen das Ganze als cool.“ Tenor des Meinungsstücks mit Blick auf Werbeverbote: „Lebensfremd, naiv und unglaubwürdig.“
  • Die Lobby der Branche ist eine der stärksten weltweit. Nahrungsmittel-Produzenten, Landwirtschaftliche Betriebe und der Handel sind in Summe ein Schwergewicht in der öffentlichen Wahrnehmung und im Umfeld der politischen Willensbildung. Auch PR kann im Vorfeld politischer Entscheidungen eine wichtige Rolle spielen – durch Storytelling, Campaigning, Community-Management und vielem mehr. Wieder einmal wird klar: Die Gewerke Marketing, PR und Lobbying wachsen zusammen. Nutzen Sie die Chancen und stellen sich mit Ihren Kolleginnen und Kollegen regelmäßig an einen Tisch, statt in nicht mehr zeitgemäßen Silos zu denken und zu arbeiten.
  • Sind gesetzliche Entscheidung gefallen müssen Sie sich anpassen. Dazu ist Kreativität gefragt – im Marketing, in der PR aber auch in der Produktpolitik, die die Vorgaben am Ende gesetzeskonform umsetzen und neue Spielräume entdecken muss. Ein Beispiel: Coca-Cola. „Wir wollen Menschen dabei unterstützen, einen ausgewogeneren Lebensstil zu führen“, sagt das Unternehmen zu seinen rund 7,5 Millionen Followern auf Linkedin. „Zu fast allen unseren Getränken gibt es eine kalorienfreie oder -arme Alternative.“ Stefan Kunerth, Technical Operations Director Europe, erläutert dort in einem Video, weshalb nicht nur die Anpassung der Rezeptur, sondern auch die Anpassung der Verpackungsgrößen eine ausschlaggebende Rolle dabei spielt, auf die „individuellen Bedürfnisse“ der Kunden einzugehen. Ergo: Auf Wunsch gibt es nicht nur weniger Zucker im Getränk, sondern auch weniger Getränk mit Zucker.

Zurück zu McDonald‘s: „Um die Nostalgie ihrer Gäste zu befriedigen, bietet McDonald‘s Happy Meals für ab 18-Jährige an. Inklusive Spielzeug zum Sammeln“, war Ende 2023 zu lesen. Auch das geht: an Nostalgie und Kindheitserinnerungen zu appellieren. Denn das schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Erwachsene fallen unter kein Kinder-Werbeverbot – und sind auch kaufkräftiger.


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