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Call for Papers | „Nun sag, wie hast Du`s mit der Religion? Zur Bedeutung von Religion für die Soziale Arbeit“

Pressemitteilung -

Call for Papers | „Nun sag, wie hast Du`s mit der Religion? Zur Bedeutung von Religion für die Soziale Arbeit“

Prof.in Dr.in Walburga Hoff (Universität Vechta) und Prof.in Dr.in Stefanie Duttweiler (Berner Fachhochschule) organisieren vom 30. bis 31. März 2023 an der Universität Vechta eine internationale Tagung zum Thema „Nun sag, wie hast Du`s mit der Religion? Zur Bedeutung von Religion für die Soziale Arbeit“. Folgend, der „Call for Papers“.

Im Unterschied zur Soziologie, für die die Beschäftigung mit Religion – insbesondere in ihrer Gründungsphase – konstitutiv gewesen ist, spielt Religion in Theorie und Praxis Sozialer Arbeit nur eine untergeordnete Rolle. So ist bereits vor einigen Jahren auf das Phänomen einer „De-thematisierung religiöser Dimensionen“ (Oelkers u. a. 2016, S. 95) in Disziplin und Profession hingewiesen worden, in dem sich – so die These – die zunehmende Säkularisierung in der modernen Gesellschaft spiegelt. Darüber hinaus belegen aktuelle explorative Untersuchungen, dass Religiosität und Professionalität in den Praxisfeldern nicht nur als mehr oder weniger getrennte Bereiche betrachtet werden, sondern religiösen Orientierungen von Sozialarbeiter*innen innerhalb von Einrichtungen oftmals mit Abwehr und Skepsis begegnet wird (vgl. Duttweiler u. a. 2022).

Vor diesem Hintergrund lässt sich die jüngste Debatte um eine religionssensible Soziale Arbeit als ein aktueller Diskurs beschreiben, der den Fokus auf Deutungs- und Orientierungsmuster sowie auf die religiösen Überzeugungen und Glaubensinhalte der Adressat*innen lenkt und dabei versucht, den Blick für die religiöse Dimension in der professionellen Handlungspraxis zu schärfen (vgl. Nauerth u. a. 2017) – insbesondere in einer zunehmend diversen Gesellschaft. Dies ändert aber nichts an der prinzipiell zu beobachtenden Distanz der Disziplin und Profession Sozialer Arbeit gegenüber der Religion.

So hat sich bislang kaum eine grundsätzliche Verständigung zum Verhältnis von Religion und Sozialer Arbeit entwickelt, wie dies Axel Bohmeyer schon Ende der 2000er Jahre resümiert hat (vgl. 2009). Dass die Diskurse Sozialer Arbeit in dieser Hinsicht eine Leerstelle aufweisen, ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, da eine Auseinandersetzung mit der Religionstatsache aus mehreren Perspektiven für die Soziale Arbeit als naheliegend erscheint. So lässt sich zum einen die Entwicklung des deutschen Wohlfahrtsstaates von seinen historischen Anfängen bis in die Gegenwart nicht ohne seine religiös-konfessionell geprägten Tiefenstrukturen und institutionellen Verankerungen begreifen (vgl. Gabriel 2018, Gabriel/Reuter 2013).

Zum anderen verschwindet die Religion nicht einfach in der modernen Gesellschaft, wie das lange Zeit vonseiten der Säkularisierungsthese propagiert worden ist. Vielmehr verändert Religion grundlegend ihre Form im Sinne einer „Vervielfältigung des Religiösen“ (vgl. Gabriel 2022). Genauer gesagt bilden sich parallel zu einer stark abnehmenden Bedeutung einer institutionell-kirchlich geprägten Religion synkretistische und eklektizistischen Formen des Religiösen heraus, die neben einer transzendenten Ausrichtung eine starke Orientierung am Diesseits aufweisen (vgl. Baader 2005). Insofern verlagert sich der Ort der Religion in der Moderne von den Institutionen auf die Ebene der Reflexivität des individuellen Selbst und damit in das einzelne Subjekt hinein. Nicht zuletzt erzeugt die Moderne mit ihren gestiegenen Handlungsoptionen und der Konfrontation mit dem Kontingenzproblem einschließlich den Unverfügbarkeiten des Lebens wie Tod und Krankheit einen Bedarf an Religiosität, um mit den Risiken des Scheiterns und der Herausforderung umgehen zu können, dass dem Subjekt nunmehr (fast) alles möglich ist. Auch diesem Phänomen der neuen Erscheinungsformen des Religiösen, die sowohl einen Zugang zu grundlegenden Fragen der Lebensführung als auch zum Problem der Sinnstiftung in der Moderne eröffnen, hat Soziale Arbeit bislang so gut wie keine Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Tagung soll einen Raum bieten, in dem der Bedeutung von Religion und Religiosität in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen für die Disziplin und Profession Soziale Arbeit nachgegangen werden soll.

Wir laden Sie herzlich dazu ein, Beitragsvorschläge zu folgenden Themenschwerpunkten einzureichen:

  • die Relevanz religiöser Begründungsmuster für den historischen Professionalisierungsprozess Sozialer Arbeit;
  • die bis in die Gegenwart wirkende konstitutive Bedeutung von Religion und Konfessionalität für die Organisation und Ausgestaltung Sozialer Dienste;
  • religiöse bzw. quasireligiöse Orientierungsmuster in der professionellen Handlungspraxis Sozialer Arbeit, wozu beispielsweise u. a. die Berufung auf die Menschenrechte als moderne Wertbindung gehören, in der sich die „Sakralität der Person“ (vgl. Joas 2015) spiegelt;
  • Religion und (quasi) religiöse Deutungsmuster als Ressource lebensweltlicher Bewältigungsaufgaben sowie als Element professioneller Kompetenz
  • Soziale Arbeit und Seelsorge – Abgrenzungen und Überschneidungen

Abstracts im Umfang von max. 2.500 Zeichen bitten wir bis spätestens 10. Dezember zu senden an walburga.hoff@uni-vechta.de.

Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!

Die Tagung wird ausgerichtet von der Universität Vechta (Prof.in Dr.in Walburga Hoff – deren Professur von der Katholischen Kirche gestiftet wird – in Kooperation mit der Berner Fachhochschule (Prof.in Dr.in Stefanie Duttweiler).




Literatur

  • Baader, Meike Sophia (2005): Erziehung als Erlösung. Transformationen des Religiösen in der Reformpädagogik. Weinheim und München.
  • Bohmeyer, Axel (2009): Soziale Arbeit und Religion – sozialwissenschaftliche und anthropologische Spurensuche in säkularer Gesellschaft. In. Neue Praxis, 39. Jg./Heft 5, S. 439-450.
  • Duttweiler, Stefanie u. a. (2022): Verkürzte Professionalität durch Tabuisierung?! Religion und Spiritualität in der Beratung. Bern.
  • Gabriel, Karl (2018): Religionen und Soziale Arbeit. In: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans u. a. (Hrsg.): Handbuch Soziale Arbeit, München, S. 1287-1298.
  • Gabriel, Karl (2022): Die vielen Gesichter der Religion. Frankfurt/New York.
  • Gabriel, Karl/Reuter, Hans-Richard u. a. (2013): Religion und Wohlfahrtsstaatlichkeit in Europa. Tübingen.
  • Joas, Hans (2019): Die Sakralität der Person. Eine neue Genealogie der Menschenrechte. Berlin.
  • Nauerth, Matthias u. a. (2017): Religionssensibilität in der Sozialen Arbeit. Stuttgart.
  • Oelkers, Nina u. a. (2016): Religion – Wohlfahrtserbringung – Soziale Arbeit. Zentrale Befunde des Projektes Soziale Dienste und Glaubensgemeinschaften – Pfade regionaler Wohlfahrtsproduktion. In: Lutz, Ronald/Kiesel, Doron (Hrsg.): Sozialarbeit und Religion. Weinheim, Basel, S. 90-104.

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