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Pressemitteilung -

Jahrzehntelange Bildungsinnovationen in und aus Vechta | 30 Jahre Selbständigkeit und 15 Jahre Universität

Wichtige Wegmarken der Universität Vechta jähren sich – diese gilt es zu feiern: 30 Jahre ist es nämlich her, dass die Hochschule 1995 ihre Selbständigkeit wiedererlangte, die sie 1973/74 mit der Eingliederung in die Universität Osnabrück verloren hatte. Vor 15 Jahre schließlich wurden Name und Status geändert: Die Hochschule Vechta – als den Universitäten gleichgestellte Hochschule – wurde zur Universität Vechta. Zahlreiche Themen und Innovationen prägten den Werdegang der wichtigsten Bildungsinstitution der Region in ihrem ständigen „Mit-der-Zeit-Gehen“. Archivar Lars Hoffmeier wirft hier zunächst ein Schlaglicht auf die früheren Phasen der Lehrkräftebildung in Vechta seit 1830 bis in die 1960er-Jahre. In der kommenden Ausgabe des Magazins "UniVersum", die Ende Juni erscheint, wird es um den Zeitraum von 1960 bis in die 90er-Jahre gehen.

Die Ausgaben des "UniVersums" und die Anmeldung zum entsprechenden Newletter sind hier zu finden: www.uni-vechta.de/universum

Konstitutiv für die Existenz der heutigen Universität in Vechta war stets das Bedürfnis, Lehrkräfte für die Schulen in der Region vor Ort auszubilden. Dies geschah im 19. Jahrhundert durchweg noch konfessionsgebunden. Die katholisch geprägte Region Vechta/Cloppenburg war als sog. Niederstift des einstigen Fürstbistums Münster 1803 im Reichsdeputationshauptschluss nach den Napoleonischen Kriegen in das Herzogtum Oldenburg eingegliedert worden. Das protestantische
Oldenburg bekam so eine konfessionelle Minderheit in seinem südlichen Landesteil, der fortan „Oldenburger Münsterland“ bezeichnet wurde. Zur Wahrnehmung dieser Rechte im Land Oldenburg wurde in Vechta 1830/31 ein „Bischöflich Münstersches Offizialat“ eingerichtet, wo bis heute ein regionaler Weihbischof als Offizial wirkt. In direkten Zusammenhang stand dessen Aufsicht über die katholischen Volksschulen und die Einrichtung einer sog. „Normalschule“ in Vechta, wo Lehrer für das niedere Schulwesen in Südoldenburg qualifiziert werden sollten. Diese Form der einjährigen Ausbildung, die in den Räumen des Gymnasiums Antonianum stattfand, hatte nichts mit heutigen Vorstellungen eines Studiums zu tun. Es ging mehr um formale Abnahme der Eignung als ländliche Schulmeister. Dieser Anspruch änderte sich 1861 mit dem Übergang zum „Lehrerseminar“. In Oldenburg selbst gab es ein solches Seminar bereits seit 1793, konfessionell aber evangelisch. Für das katholische Schulwesen Südoldenburgs bedeutete das Lehrerseminar eine Innovation. Die Kurse umfassten mehrere Jahrgänge und Unterrichtsfächer, so dass 1864 ein eigenes Seminargebäude an der Marienstraße erbaut wurde, das 1912 umfangreich erweitert wurde. Leider ist von diesem damals hochmodernen „Repräsentationsbau der Bildungsreform“ nur ein Portalstein erhalten geblieben, der am heutigen N-Gebäude der Universität Vechta zu finden ist (Foto).

Mit erfolgreichem Abschluss des Lehrerseminars erreichten die „Zöglinge“ ein abiturvergleichbares Niveau. Nachdem 1920 die Zahl der männlichen Seminaristen – für Frauen gab es ein Lehrerinnenseminar der Schwestern U.L.F. – auf über 150 gestiegen war, begann der Stern der Ausbildungsform „Lehrerseminar“ zu sinken. Im Zuge der weiteren Akademisierung sollten zukünftig Pädagogische Akademien die Lehrerbildung übernehmen. In Preußen entstanden so zahlreiche Modell- und Reformeinrichtungen. Dem republikanischen Freistaat Oldenburg, wie er nach dem Thronverzicht Großherzog Friedrich Augusts 1918 hieß, fehlten hierfür aber die finanziellen Mittel, so dass alle Seminare 1927 ausliefen. In Vorwegnahme einer eigenen Akademie erschuf man kreativ 1928 einen „Pädagogischen Lehrgang“ mit promovierten Dozenten und basierend auf einem akademischen Lehrplan. Hier kann man erstmals von einer Form des „Studiums“ sprechen. Baulich wurde der Lehrgang in der Elmendorffsburg nahe dem heutigen Rathaus untergebracht. Nicht zuletzt durch zurückgehenden Lehrkräftebedarf und akute Finanznot, wurde dieses Provisorium 1933 wieder eingestellt. Während der folgenden NS-Diktatur war eine konfessionell gebundene und akademische Lehrerbildung nicht denkbar. Vielmehr sollten Lehrer als „Jungmannen“ normiert werden, um im Geist des NS-Staats möglichst früh auf die Jugend einzuwirken. Hierfür bedurfte es einer passenden Form, der „Lehrerbildungsanstalt“, die akademischen Anspruch weitgehend aufgab, hingegen „Volkstumsbildung“ propagierte. Mit dem Ende des Dritten Reichs 1945 endete diese Einrichtung ohne vollendete Abschlüsse: Die ausschließlich männlichen Lehramtskandidaten waren wohl auch mehr auf dem Schlachtfeld als im Hörsaal gewesen. Umso mehr bestand nach dem Krieg ein großer Mangel an Lehrkräften für den Wiederaufbau eines demokratischen Bildungswesens.

An die innovativen Akademie-Ansätze der 1920er-Jahre konnte man allerdings nur unter erschwerten Bedingungen anschließen. So wurde am 19.03.1946 eine „Staatliche Pädagogische Akademie“ in Vechta eröffnet, nachdem im Winter noch Brennstoff-, Papier- und Glühbirnenmangel die geplante Aufnahme eines Lehrbetriebs verhindert hatten. Diese Akademie kam 1947 provisorisch im Altbau des Gymnasiums Antonianum an der Bahnhofstraße unter. Es wurden neben Studienräten auch promovierte Professor*innen und Dozent*innen nach Vechta berufen, darunter ausgewiesene Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen. Gleichwohl blieb die konfessionell katholische Ausrichtung mit Fokus auf den Lehrkräftebedarf der Region explizit bestehen. Mit fast 180 männlichen wie weiblichen Studierenden war 1947 schnell eine neue „Rekordmarke“ erreicht. Der Neustart in Vechta war geglückt. Mit der Entstehung des neuen Bundeslandes Niedersachsen erfolgte zum Ende des Jahres 1947 die nächste Professionalisierungsstufe, die Akademie wurde zur „Pädagogischen Hochschule Vechta“. Weitere organisatorische Reformen waren damit verbunden. Mit zunehmender Studiumsdauer sank die Zahl der zu studierenden Fächer, weg von der „Allroundausbildung“ hin zu mehr Fachdidaktik und Fachwissenschaft.

Bald zeigte sich, dass zeitgemäße Lehrkräfteausbildung nicht in einem antiquierten Schulgebäude umzusetzen war: Ein neuer Hochschulcampus entstand ab 1961 „auf grüner Wiese“ an der Driverstraße: Mit den Gebäuden A-D wurde ein Hauptbau für Dozentenzimmer, Seminarräume und Bibliothek, großer Hörsaal sowie Sport- und Schwimm(!)halle realisiert. 1965 wurde die konfessionelle Ausrichtung der Volksschullehrkräfteausbildung und die Existenz der PH Vechta im sog. „Niedersachsen-Konkordat“ des Landes mit dem Heiligen Stuhl in Rom festgeschrieben. Bis Ende der 1960er-Jahre kamen auf dem Campus weitere Räume dazu. Besonders innovativ waren damals Sprachlabor und Schulklassenbeobachtungsraum mit „Mitschauanlage“ per Videoübertragung (Foto). Die PH Vechta war bundesweit die dritte Pädagogische Hochschule mit einem solchen modernen Forschungsinstrument! Die große Aula mit Konzertorgel bildet bis heute den repräsentativen Kopfbau des seinerzeit mustergültigen PH-Ensembles. Doch weitere Reformen standen schon vor der Tür...

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