Die Nazis kamen auch bis Lüdenscheid: Evelyn Rolls virtuos komponierte Familiengeschichte über Verdrängung und Erinnerung

Evelyn Roll, eine der großen Autorinnen der Süddeutschen Zeitung , schreibt das Buch ihrer Generation: eine Generation, die im Wirtschafts-Wunderland erwachsen wurde, und in der Verdrängung, nicht Erinnerung an der Tagesordnung war. Nach einer lebensbedrohlichen Gehirn-Blutung und Not-Operation kämpft sie sich ins Leben zurück und fängt an, sich zu erinnern. Akribisch und voller Empathie seziert sie die Lebenslügen, Geheimnisse und blinden Flecken ihrer Familie mütterlicherseits aus dem Sauerland und denen ihres Vaters aus Polen. Sie sucht nach den Wahrheiten in den Geschichten, die wir uns über uns selber erzählen und unser Leben nennen.

Über Jahre hinweg beschäftigt sich Evelyn Roll nahezu obsessiv mit der Funktionsweise von Gehirn und Gedächtnis – als ob sie es geahnt und sich auf den Tag vorbereitet hätte, an dem eine Arterie in ihrem Gehirn platzt. Wie durch ein Wunder überlebt sie die Notoperation und kämpft sich zurück ins Leben. Dabei kommt sie auch ihr eigenes Gedächtnis neu auf die Spur. Das Aneurysma Pericallosa scheint freigelegt zu haben, was lange verschüttet war. Evelyn Roll erinnert Dinge, die sie nötig hätten, ihre Familiengeschichte zu erforschen. Sie reist zurück nach Lüdenscheid, nach Guben und unbekannten ponischen Orten, geht den NS-Verstrickungen beider Großväter auf den Grund, sie entdeckt, dass es einen verleugneten Halbbruder gibt und nie betrauerte große Lieben der Eltern. In der ehemaligen DDR findet sie plötzlich neue Verwandte. Und sie entdeckt das junge Mädchen, die wilde Studentin, die leidenschaftliche Reporterin neu, Indem sie Schicht um Schicht ihrer Erinnerungen abträgt, verwundert, auch verletzt, über die Geschichten, die sie sich selbst ein Leben lang erzählt hat. All das verändert nicht nur ihr Leben.

„Pericallosa“ ist ein so lakonisch wie dramatisch erzähltes Generationenpanorama, eine mutige Gedächtnisgeschichte und ein Parforceritt durch die Gehirnforschung. Indem Evelyn Roll Neurowissenschaften und familiäre Spurensuche verknüpft, erfindet sie das Genre der deutschen Erinnerungsliteratur neu.

Evelyn Roll, geb. 1952 in Lüdenscheid, ist Journalistin und arbeitete seit 1983 für die Süddeutsche Zeitung in verschiedenen Funktionen, zuletzt als leitende Redakteurin. Die Trägerin des Theodor-Wolff-Preises hat legendäre Reportagen für Die Seite Drei und das SZ-Magazin verfasst und die erste grundlegende Biografie über Angela Merkel geschrieben. Sie lebt mit ihrem Mann in Berlin.

Das Buch erscheint am 1. September 2023. Gerne schicke ich Ihnen ein Rezensionsexemplar bzw. vorab die Fahnen und stelle den Kontakt zur Autorin her. Im Anhang finden Sie ein vorgefertigtes Interview mit der Autorin. Bildmaterial können wir auf Anfrage zur Verfügung stellen.

Mit besten Grüßen

Dr. Esther von Bruchhausen