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Pressemitteilung -

Krank in der Immobilie

Wie sich das für Betroffene rechtlich auswirken kann

Wer ernsthaft krank ist, der hat in der Regel alleine dadurch schon genügend Probleme. Aber diese können sich noch verschärfen, wenn sich der Gesund­heitszustand auf das Mietverhältnis oder auf gesteigerte Ausgaben für einen behindertengerechten Umbau auswirken. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat einige Urteile deutscher Gerichte gesammelt, die sich mit diesem Themenkomplex befassen. Unter anderem geht es um die Frage, wie viele Ruhestörungen die Mitbewohner in einer Wohnanlage hinnehmen müssen und wann eine Kündigung des Mietvertrages angemessen ist.

Eine psychisch kranke Mieterin ging eine Nachbarin auf höchst ungewöhnli­che Weise an. Sie drückte diese Frau an die Wand und setzte Pfefferspray ein, um an deren Wohnungsschlüssel zu gelangen. Das erschien dem Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 316 T 24/21) trotz der gesundheitlichen Probleme der Mieterin dann doch als ein unzumutbares Verhalten. Das Toleranzgebot ende dort, wo ein kranker Mieter die Gesundheit anderer Mieter im Haus ernsthaft gefährde. Die fristlose Kündigung sei deswegen gerechtfertigt ge­wesen.

Nicht jede Störung des Hausfriedens reicht allerdings bereits aus, um das Mietverhältnis beenden zu können. Vielmehr muss eine unzumutbare Geräuschentfachung eines Nachbarn nachgewiesen werden. In einem vom Landgericht Frankfurt (Aktenzeichen 2-13 S 88/20) entschiedenen Fall war dies dem Kläger nicht möglich. Das Gericht wies darauf hin, bereits durch das Schließen der Fenster sei das Problem zu beheben gewesen.

Wenn ein Vermieter eigenmächtig die Räumung einer Wohnung veranlasst, während sich der Mieter im Krankenhaus befindet, dann kann ihn das teuer zu stehen kommen. Das Amtsgericht Berlin-Schönefeld (Aktenzeichen 6 C 276/18) sprach dem Geschädigten Schadenersatz und Schmerzensgeld für diese ungerechtfertigte Aktion und verbotene Selbsthilfe zu.

Ein Bauherr wollte die Kosten für den Erwerb eines größeren Grundstücks zur Errichtung eines behindertengerechten eingeschossigen statt des bisheri­gen zweigeschossigen Bungalows steuerlich als außergewöhnliche Bela­stung geltend machen. Der Bundesfinanzhof (Aktenzeichen VI R 42/13) be­schied dies letztinstanzlich abschlägig, denn es fehle im vorliegenden Fall an der erforderlichen Zwangsläufigkeit. Der Kauf eines größeren Grundstücks sei nicht zwingend erforderlich gewesen, um mit der Behinderung besser umge­hen zu können. Vielmehr handle es um eine frei gewählte, großzügigere Woh­nungsgröße der Betroffenen. Die Anschaffungskosten für ein Grundstück hät­ten im Gegensatz zu den konkreten behindertengerechten baulichen Maß­nahmen keinen Bezug zur Krankheit.

Psychische Erkrankungen führen manchmal dazu, dass Betroffene ihrer Er­werbstätigkeit nicht oder nicht in gewohntem Umfang nachgehen können. So war es bei einem Freiberufler, den eine schwere Depression daran hinderte, ausreichend Geld zu verdienen, um seine Mietwohnung zu bezahlen. Leistun­gen des Jobcenters nahm er als Folgeerscheinung seiner Krankheit nicht in Anspruch. In diesem Fall war nach Ansicht des Amtsgerichts Münster (Akten­zeichen 4 C 3363/19) trotz des Zahlungsverzuges eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nicht angemessen, da es an einer schuldhaften Pflicht­verletzung fehle. Der fehlende Betrag sei inzwischen auch überwiesen wor­den.

Die Abmahnung eines Mieters wegen Fehlverhaltens ist auch dann erforder­lich, wenn der Eigentümer einer Immobilie der Meinung ist, der Mieter sei auf Grund psychischer Probleme ohnehin nicht in der Lage, an seinem Verhalten etwas zu ändern. So dachte es ein Vermieter bei seinem an einer endogenen Psychose leidenden Mieter und verzichtete deswegen auf die Abmahnung. Das Amtsgericht Gelsenkirchen (Aktenzeichen 205 C 5/16) akzeptierte diese Kündigung nicht.

Die Eltern eines von Autismus betroffenen Kindes, das gewisse Weglauften­denzen zeigte, tauschten den Maschendrahtzaun ihres Grundstücks teilweise durch einen blickdichten Holzlattenzaun aus. Sie hofften nach eigener Aus­sage, auf diese Weise das Problem besser in den Griff zu bekommen. Im An­schluss machten sie die Ausgaben dafür als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 5 K 1934/11) wies dies zurück, da ein Gartenzaun zu den üblichen Kosten der Lebensführung zähle und ein teilweiser Austausch auch kaum dazu geeignet sei, die Weglauftendenz entscheidend zu verringern.

Menschen mit stärkeren gesundheitlichen Einschränkungen können gegen eine Eigenbedarfskündigung einen Härteeinwand geltend machen. So dachte es ein Mieter und legte seinen Behindertenausweis, ein allgemeinärztliches Attest und ein Pflegegutachten vor. Dies schien dem Amtsgericht Flensburg (Aktenzeichen 61 C 55/24) aber zu pauschal. Um erfolgreich gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarf vorzugehen, sei es nötig, genauer darzulegen, welche Erkrankung vorliegt und warum diese einen Umzug drastisch erschwert.

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