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Ringvorlesung | Brüchiger Regelkonsens als Gefahr für die Demokratie

Pressemitteilung -

Ringvorlesung | Brüchiger Regelkonsens als Gefahr für die Demokratie

Weniger als acht von 100 Menschen leben im Schnitt in einer vollständigen Demokratie. „Unsere Werte sind nicht die Werte der Mehrheit auf der Welt, sondern etwas Besonderes". Sie müssten zwischen autokratischen, diktatorischen und anderen Regierungsformen ihre Standhaftigkeit beweisen. Prof. Dr. Peter Nitschke hat mit seinem Vortrag „Die pluralistische Gesellschaft und ihre Feinde – gefährdete Diskurse im Innern“ die entsprechende öffentliche Ringvorlesung eröffnet. Zu dieser lädt die Universität Vechta zusammen mit der Universitätsgesellschaft Vechta auch weiterhin ein.

Nitschke steigt mit einem Beispiel ein: In den 1960er-Jahren hätten Frauen in Afghanistan öffentlich den „Pariser Chic“ tragen können und bekamen das Wahlrecht. Mit vielfältigen Machtübernahmen kam es über Jahrzehnte in dem umkämpften Land zu unterschiedlichen Herausforderungen. „Heute regieren dort die Taliban“, fasst Nitschke zusammen. Dabei handelt es sich um eine islamistische Militärbewegung, welche aufgrund der Scharia handelt; einer Gesetzessammlung, die ihre Quellen in Koran und Sunna hat. „Der islamische Fundamentalismus sieht demokratische Werte als Feindbild“, äußert Nitschke. Unter anderem hier werde deutlich, dass etablierte Systeme nicht in Stein gemeißelt seien, so der Politikwissenschaftler der Universität Vechta.

Nitschke kommt auf ein anderes Beispiel zu sprechen: Alexander Dugin gilt als Vordenker der extremen Rechten Russlands und als Vertreter eines eurasischen Imperialismus als Gegenentwurf zum liberal geprägten westlichen Kulturraum. „Ich würde ihm zwar nicht eine derart wichtige Rolle zusprechen, aber in Medien und teils auch in der Wissenschaft wird der ultranationalistische politische Philosoph als ,Vordenker‘ oder ,Einflüsterer‘ von Wladimir Putin bezeichnet“, so Nitschke. Antiamerikanismus und Antisemitismus würden zu dem Gedankengut zählen. Auch hier gebe es somit Werte, welche in einem demokratischen Deutschland keinen Platz hätten, konstatiert der Politikwissenschaftler. „Es gibt also demokratiefeindlichen Systeme, die darauf lauern, dass sich westliche Systeme zersetzen.“

Debatten, beispielsweise um Cancel-Culture, oder „Klima-Aktionen“ – wie das Besprühen von Luxusgeschäften und Privatjets – würden antidemokratischen politischen Akteuren nur in die Karten spielen. Nitschke zieht einen Vergleich zwischen den derzeitigen Aktionen und den 1960er-Jahren in Deutschland: „Mit gegen das geltende Recht verstoßenden Handlungen ging es seinerzeit bei Bader-Meinhof los.“ Und es gipfelte in der Geburtsstunde der Roten Armee Fraktion und deren terroristischen Gewalttaten. Auch Demonstrationen und Äußerungen unter dem Titel „Free Palestine from German Guilt“ wären historisch aber auch aktuell gesehen äußerst bedenklich und würden alle Erinnerungskultur und Werte, welche heute die deutsche Demokratie ausmachen, „ins Abseits stellen“, so Nitschke. „Die Demokratie an sich ist in Gefahr, weil der Regelkonsenz brüchig oder bereits gebrochen ist“, zitiert der Politikwissenschaftler den Historiker und Publizisten Michael Wolffsohn. Dazu kämen in Deutschland noch Parteien wie die AfD, deren Wähler*innen laut Wahlforschung zu einem Drittel rechtsextremes Gedankengut befürworten und deren Politiker, welche ebensolche Einstellungen haben oder sogar selbst Rechtsextremisten seien. „Dem entgegenzuwirken ist das Gebot der Stunde für alle Demokraten“, was Nitschke konzeptionell mit einem Zitat des ungarischen Journalisten Paul Landvai zusammenfasst: „Man darf nie Schlafwandler sein und die heutigen Freiheiten romantisch als gegeben betrachten. Man muss immer wissen, dass alles von einem Moment zum anderen verschwinden kann.“

Nächster Vortrag der Reihe:

Am Dienstag, dem 14. Mai, spricht Prof. Dr. Rainer Lisowski von der Hochschule Bremen zum Thema „Martin Sellner und die Remigration: Gefährlicher Antipluralismus oder Sturm im Wasserglas?“. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr im Musiksaal der Universität Vechta.

Weitere Termine der Ringvorlesung

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