Social-Media-PR: aktueller Stand der Dinge

Soziale Netzwerke sind eigentlich die perfekten PR-Maschinen. Schließlich können Marken und Unternehmen direkt mit ihren Zielgruppen in Kontakt treten. Doch es gibt da einige Stolpersteine, Spielregeln und Risiken, die PR-Profis beachten müssen. Und seit der Musk/Twitter-Saga wissen wir, dass die Abhängigkeit von den geschlossenen Plattformen der Tech-Giganten zum Risiko für professionelle Nutzer werden kann.

Sie heißen „soziale“ Netze, nicht „kommerzielle“ Netze oder „soziale Werbetrommel“. Die Idee hinter Social Media ist der authentische Austausch von Mensch zu Mensch, in einer Art digitalem Dorf. Diesen Unterschied gilt es zu beachten, wenn Unternehmen mit den Bewohnern ins Gespräch kommen möchten. Angemeldete PR-Leute, die mit Eigenwerbung um sich schleudern, werden nicht weit kommen: keine Likes, keine Follower, keine Reichweite. Wenn Werbung, dann bitte nur über das vom Plattformbetreiber angebotene, kostenpflichtige Ad-Targeting.

Gleichwohl sind Social-Media-Plattformen längst nicht mehr nur für Privatpersonen interessant. Instagram, Facebook und Co. entwickelten sich über die Jahre zu nützlichen Marketing-Channels für Unternehmen. Die direkten Vorteile liegen auf der Hand: Unabhängigkeit von den Medien, schnelle Verbreitung von Inhalten und direkte Platzierung der Botschaften bei der Zielgruppe. Neu und viel wichtiger sind die indirekten Vorteile, die sich aus der sozialen Kommunikation ergeben: Transparenz zeigen, eine intensive Bindung zu Markenfans aufbauen und deren Feedback zurück ins Unternehmen tragen. Lesen Sie hierzu auch: “Von der Pressemitteilung zu TikTok: die PR-Transformation”.

Doch mit der großen Freiheit durch die Social-Media-PR kommen neue Herausforderungen auf die PR-Abteilung zu. Da die Hoheit über die Veröffentlichung und deren Tonalität in deren Händen liegt, trägt PR die alleinige Verantwortung dafür, ein Profil zu entwickeln und die redaktionelle wie auch die technische Qualität von Texten, Bildern oder Videos sicherzustellen. Die Gratwanderung zwischen dem klar definierten Markenimage und einem lockeren, authentischen Umgangston im Netz erfordert Fingerspitzengefühl. Fehler oder Widersprüche werden von der Community direkt öffentlich aufgegriffen. Doch kein Grund zur Sorge: Eine schnelle, offene Antwort gibt Nutzerinnen und Nutzern das Gefühl, dass sie ernst genommen werden und zum Erfolg ihrer Lieblingsmarke beitragen.

So gelingt der Einstieg

Am Anfang einer soliden Social-Media-PR-Strategie stehen oft Fragen, wie „Ist das ein geeigneter Weg für uns?“ oder „Können wir das überhaupt?“ Das eine bedingt das andere. Tatsächlich müssen Sie noch weiter tiefer anfangen, mit strategischen Fragen wie diesen:

  • Wen möchte ich erreichen?
  • Wo ist meine Zielgruppe aktiv?
  • Welche Themen beschäftigt sie?
  • Was macht der Wettbewerb im Netz?
  • Können wir überhaupt Social Media?
  • Welche Kanäle kommen infrage?

Von den Antworten auf diese grundlegenden Fragen hängt es ab, ob und wie Social-Media-PR für Sie Sinn macht. Bei der Beantwortung, Auswahl und Umsetzung kann eine externe Social-Media-Beratung helfen, aber auch Mitarbeiter im eigenen Haus, die vielleicht schon jahrelange Erfahrung haben und täglich einen Kanal verfolgen und dort veröffentlichen.

Schritt für Schritt lernen

Das Gute an den sozialen Netzen ist – anders als bei Pressemitteilungen, Newslettern oder PR-Drucksachen: Es sind Sandkästen, wo Sie in Mikroschritten mit dem Bau Ihres PR-Funkturms beginnen können. Am Anfang, also nach dem Anlegen eines Accounts (worüber Sie erst mal keine großen Worte verlieren sollten), steht das Beobachten. Daran kommen ohnehin weder Marken noch Unternehmen vorbei, selbst wenn sie keinen Plan für das aktive Posten von Beiträgen haben. Wo immer über Sie gesprochen wird, sollte PR ein waches Auge auf die Debatten werfen, Selbstbild und Fremdbild vergleichen … um bei passender Gelegenheit mit Bedacht Stellung zu beziehen. Zum Beispiel wenn ein Vorwurf nicht der Wahrheit entspricht. Das können die ersten Schritte zu einem kontinuierlichen Dialog im Netz werden.

Mit den ersten Beiträgen entwickelt sich, falls zuvor noch nicht definiert, der verbale Stil Ihrer Markenidentität. In visuelle Hinsicht bieten die meisten Plattformen wenig Spielraum: Schrift und Farbe sind vom User-Interface vorgegeben, was man nicht durch das Veröffentlichen von Text als Bild (Screenshots) aushebeln sollte, weil es das Beantworten, Weiterleiten und Zitieren Ihrer Beiträge im Netz erschwert. Viel wichtiger ist die Verwendung von Suchbegriffen in Form von Hashtags (#Stichwort) oder die persönliche Ansprache über den Plattform-Handle (@Username). Keine Sorge vor Anfängerfehlern. Der tägliche Besuch im Netz – 20 Minuten pro Plattform reichen zunächst aus – gibt schnell ein Gefühl für die Praktiken und die Tonalität eines Kanals.

Die richtige Plattform finden

Bei der Wahl einer geeigneten Plattform für die PR einer Marke oder eines Unternehmens helfen die persönlichen Vorlieben im PR-Team nicht unbedingt weiter. Wird ein Kanal nicht richtig gewählt, sind vergeudete Ressourcen und falsche Rückschlüsse die Folge. Auch der alleinige Blick auf das durchschnittliche Alter der Zielgruppe, also TikTok = jünger und Facebook = älter, kann in die Irre führen: Weil jede Social-Media-Plattform eine maximale Nutzerzahl anstrebt, sorgt sie im Laufe ihres Bestehens mit technischen und thematischen Erweiterungen dafür, die ursprünglich schmale Zielgruppe auszudehnen.

In der folgenden Liste sind die wichtigsten Plattformen kurz beschrieben: ihr Alter, ihre Größe, Betreiber und die inhaltliche Ausrichtung. Wie schnell und dramatisch sich der Charakter eines sozialen Netzes ändern kann, zeigt die Musk/Twitter-Saga: Im Sommer 2022 wäre Twitter noch eine sichere Empfehlung für PR-Leute gewesen. Doch nach dem Erwerb der Plattform durch den Multimilliardär Elon Musk und seinen unkalkulierbaren Eingriffen haben große Unternehmen und Werbetreibende der Plattform spontan den Rücken gekehrt. Twitter-Stars und Influencer sind zum relativ jungen Dienst Mastadon gewechselt, der mit seinem föderalen Open-Source-Ansatz einen Paradigmenwechsel im Bereich der sozialen Netzwerke einleiten könnte. Unser Tipp: Wer jetzt auf den Mastadon-Zug springt, ist automatisch Pionier und kann sich von Grund auf eine motivierte Gefolgschaft von Fans und Multiplikatoren aufbauen.

Facebook. Gestartet 2004 und jahrelang die unangefochtene Nummer eins der sozialen Netzwerke. Die Inhalte sind ohne eigenen Account nicht zugänglich. Wird vom US-amerikanischen Unternehmen Meta Platforms betrieben. 2,9 Mrd. monatlich aktive Nutzer.

Youtube. Gestartet 2005 als Videoportal des US-amerikanischen Unternehmens YouTube, LLC (seit 2006 eine Tochter von Google). 2 Mrd. monatlich aktive Nutzer weltweit, die auf dem Portal kostenlos Videoclips ansehen, bewerten, kommentieren und selbst welche hochladen. Youtube gilt mittlerweile als zweitwichtigste Suchmaschine der Welt.

Instagram. Gestartet 2010 als mobiles, App-basiertes Netz mit dem Fokus auf Foto- und Video-Sharing. Wird ebenfalls von Meta Platforms betrieben. 1,5 Mrd. monatlich aktive Nutzer. Die meisten Inhalte sind ohne eigenen Account nicht verfügbar.

TikTok. Gestartet 2016 als Kurzvideo-Portal für die Synchronisation von Musikvideos, das inzwischen alle Funktionen eines sozialen Netzwerks anbietet. Wird vom chinesischen Unternehmen ByteDance betrieben. Über eine Milliarde monatlich aktive Nutzer.

Twitter. Gestartet 2006, ein Kurznachrichtendienst (max. 280 Wörter), dessen Inhalte auch ohne Twitter-Account verfügbar sind. Wird vom US-amerikanischen Unternehmen Twitter, Inc. betrieben, das Elon Musk 2022 für 44 Mrd. Dollar erwarb. 300 Mio. monatlich aktive Nutzer.

Mastodon. Gestartet 2016, als technischer Zugang für das Fediverse, ein dezentrales Netzwerk föderierter Onlinedienste, die untereinander interagieren: keine Plattform, sondern ein Netz privater Server. Mastodon wird von der Mastodon gGmbH in Berlin entwickelt.

Xing. Gestartet 2003 als OpenBC, ein deutschsprachiges Karrierenetzwerk, das sich im Wandel zur Jobbörse befindet. Wird von New Work SE in Hamburg betrieben. 19 Millionen Nutzer in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

LinkedIn. Gestartet 2002, ist das internationale Pendant zu Xing für die Pflege bestehender Geschäftskontakte und zum Knüpfen neuer Verbindungen. Seit 2016 Teil des Microsoft-Konzerns. 830 monatlich aktive Nutzer.

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