Wie erkenne ich eine PR-Krise?

Eigentlich stellt sich die Frage in der Überschrift gar nicht – es liegt im Wesen der Krise, dass sie plötzlich über einen hereinbricht – und das merkt man zweifellos. Auf dem Weg dahin gibt es aber meist viele kleine Anzeichen und Frühindikatoren. Sensibilisieren Sie sich, dann können Sie vielleicht das Schlimmste vermeiden. 

Das Leben kann so kompliziert sein: Selbst wenn es um die knallbunten, personifizierten Cartoon-Schokolinsen geht, mit denen der Süßwarenkonzern Mars jahrelang für M&M’S warb. Dabei hatten es die Marketing-Experten doch nur gut gemeint. „Kultmarke M&M’S verkündet globales Engagement für eine Welt, in der sich jede*r zugehörig fühlt“, teilten sie Anfang des Jahres 2022 mit. Teil des Plans: „Ein frisches, modernes Aussehen der beliebten M&M’S Charaktere. Diese haben nuanciertere Persönlichkeiten erhalten, um die Bedeutung des Selbstausdrucks und die Kraft der Gemeinschaft durch Storytelling zu unterstreichen.“

Ein gutes Jahr später, sind die Schokolinsen-Cartoons („Spokescandies“) plötzlich Geschichte und werden in „Zwangspause“ geschickt. „Amerika, lass uns reden“, heißt es plötzlich bei Mars. Dann wird das neue Gesicht für M&M‘S vorgestellt: die preisgekrönte US-Schauspielerin und Comedienne Maya Rudolph.

Was war geschehen? Das „frischere und moderne Aussehen“ der M&M‘S entfachte einen Shitstorm. Am deutlichsten waren die Veränderungen bei den beiden weiblichen Figuren: Trug die grüne Schokolinse bis zur Umwandlung noch kniehohe Stiefel mit Absatz, war sie seit Januar 2022 in flachen Sneakern zu sehen; bei der braunen Figur wurden die Pfennigabsätze an den Schuhen gegen niedrigere, bequemere Absätze getauscht.

Die M&M‘S-Marketeers zeigten sich zerknirscht infolge der öffentlichen Front: „Jetzt verstehen wir es, selbst die Schuhe von Süßigkeiten können polarisieren.“ Das sei das Letzte gewesen, was man gewollt habe. Schließlich stehe man dafür, Menschen zusammenzubringen.

Was zeigt dieses Beispiel? 

  • Selbst ein milliardenschwerer Süßwarenkonzern mit all seinen Marketing-Experten ist nicht vor einem Shitstorm gefeit.
  • Never Change a Running System – grundlos sollte niemand an erfolgreichen Marken herumschrauben. Das hatte auch schon Coca Cola erlebt, als der US-Getränkeriese plötzlich das Rezept seiner Brause änderte.
  • Ein Schokolinsen-Produzent muss nicht auf jeden gesellschaftlichen Trend aufspringen. Manchmal dürfen Marketing-Experten stattdessen einfach auch mal widerstehen.
  • Vor allem aber sollte man seine Zielgruppe kennen, den Communities in den Sozialen Kanälen zuhören und mit ihnen interagieren, sie womöglich an Entscheidungen über Kultfiguren beteiligen – das ist schließlich das Wesen von Social Media.

Crisis communicaton

Wie erkennen Sie eine PR-Krise frühzeitig? Behalten Sie Ihre Zielgruppen – Freunde wie Gegner – im Blick. Stellen Sie dazu eine Strategie auf, die zu Ihrer Organisation passt.

  • Die einfachste Variante dazu ist ein „News-Alert“ bei Google, der Sie täglich über Nachrichten aus Ihrer Organisation informiert.
  • Sind Sie in den Sozialen Medien aktiv, werden Sie von jedem Kanal informiert, wenn Ihre Marke adressiert oder als Hashtag aufgeführt wird. Beobachten Sie regelmäßig Ihre Plattformen und nutzen Sie auch hier Alarm-Funktionen. Das heißt aber auch: Sind Sie nicht in den Sozialen Medien aktiv, kriegen Sie auch nichts mit.
  • Nutzen Sie die immer leistungsstärkeren Tools für Medienbeobachtung, wie das von Mynewsdesk. Diese beobachten systematisch, was auf Social-Media-Plattformen, in relevanten Blogs, auf reichweitenstarken Websites und in meinungsbildenden Printmedien passiert – und darüber hinaus. Vollautomatisch und rund um die Uhr.
  • Nutzen Sie Dienstleister, die diese Beobachtung für Sie im Detail übernehmen und Ihnen regelmäßig die vorhandenen Daten analytisch aufbereiten.
  • Nutzen Sie Marktforschung und analysieren Sie, wie Ihre Zielgruppe tickt.

Ist der Shitstorm da, haben Sie einen veritablen Fall von Krisen-Kommunikation. Wie Sie damit im Detail umgehen können, erfahren Sie in unserem Guide „Krisen souverän managen“.

Ein wichtiger Tipp daraus vorab: Ruhe bewahren. Eine Krise ist immer Stress. Tempo ist gefragt, das nützt aber nichts, wenn Fehler entstehen. Sie müssen nicht über jedes Stöckchen springen, nicht jeder fiese Kommentar auf Twitter ist auch relevant. Sorgfalt geht vor Schnelligkeit!

So sind wohl auch die Verantwortlichen von M&M‘S vorgegangen. Nach einem etwas skurrilem Spot mit der Schauspielerin Maya Rudolph, ausgestrahlt zur besten Sendezeit während des Super-Bowls, kam im Februar 2023 die Kehrtwende: „Breaking News – they are back for good.“ Alle Schokolinsen geben eine Pressekonferenz – die Pfennigabsätze der braunen M&M‘S sind wieder da, die grüne hingegen bleibt bei ihren neuen Sneakers. Die Violette kommentiert die Kehrtwende: „Als laufende und sprechende Süßigkeit sind meine beruflichen Optionen ziemlich limitiert.“

Oder war all das am Ende geplant, um Aufmerksamkeit zu erhaschen? Ein kontrollierter, ein provozierter Shitstorm? Auch dieser Twist ist denkbar – aber nicht belegt.

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